Fiskaldeal überzeugt weder Moody's noch Standard & Poor'sWashington. Die politischen Streithähne in den USA haben ihren Zwist um den Staatshaushalt vorerst beendet, die Ratingagenturen mit ihrer Alibi-Lösung aber keineswegs überzeugt. Den beiden Branchengrößen Moody's und Standard & Poor's geht der zwischen Demokraten und Republikanern ausgehandelte Fiskaldeal jedenfalls nicht weit genug. Falls die Schuldenbilanz nicht deutlich verbessert werde, könne den USA ihre Bonitäts-Bestnote "Aaa" entzogen werden, warnte Moody's in der Nacht zum Donnerstag. Am Morgen ließ dann auch die anfängliche Euphorie an den Börsen nach. Ungeachtet dessen unterschrieb US-Präsident Barack Obama das umstrittene neue Haushaltsgesetz.
Für Moody's' Geschmack geht der Budgetkompromiss nicht ausreichend auf die Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen Dollar ein, die sich trotz aller Rechentricks des Finanzministeriums spätestens Ende Februar als zu knapp erweisen dürfte. Schon im September hatte die Ratingagentur damit gedroht, die Kreditwürdigkeit der USA um eine Stufe herabzusetzen, sollten die Verhandlungen über den US-Haushalt scheitern. Den Ausblick beließ Moody's nun trotz der Einigung bei "negativ". Auch Standard & Poor's senkte seinen Bonitätswert "AA+" zunächst nicht weiter ab, kritisierte aber, die US-Haushaltspolitik sei "instabiler, ineffektiver und unvorhersehbarer" geworden.
Kurz darauf setzte Obama dennoch den in letzter Minute vereinbarten und viel gescholtenen Fiskalkompromiss in Kraft. Der überparteiliche Deal sieht Steuererhöhungen für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als 450.000 Dollar (400.000 Dollar für Singles) vor. Außerdem sollen die Zuschüsse für zwei Millionen Langzeitarbeitslose ein Jahr weiterlaufen und die pauschalen Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt um zwei Monate verschoben werden. Obama unterzeichnete das Gesetz am Mittwoch (Ortszeit) auf Hawaii, wo er seinen wegen der Haushaltsverhandlungen unterbrochenen Familienurlaub fortsetzt.
Nachdem die Finanzmärkte zuerst mit Kurssprüngen auf den Kompromiss reagiert hatten, beruhigte sich die Lage auf dem Handelsparkett am Donnerstag wieder. Wichtige Börsen-Referenzwerte in Großbritannien, Deutschland und Frankreich fielen zum Handelsauftakt prompt leicht ab. Auch an der Wall Street gaben die Kurse etwas nach. Rabobank-Analystin Jane Foley sagte, dass "eine realistischere Bewertung" der Situation Einzug gehalten habe.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobte die politische Einigung als wichtigen Schritt zur wirtschaftlichen Erholung des Landes. "Allerdings muss noch mehr getan werden, um die öffentlichen Finanzen zurück auf den Pfad der Nachhaltigkeit zu führen", hieß es in einer Mitteilung. Nötig sei ein weitreichender Plan, um die Einnahmen zu steigern und Ausgaben einzudämmen, die Schuldengrenze müsse aufgestockt und die fragile Konjunkturerholung gestützt werden.
Am Donnerstag sollten bei der konstituierenden Sitzung des 113. US-Kongresses ferner die im November gewählten Abgeordneten des Repräsentantenhauses und die Senatoren vereidigt werden. Auch die Wahl zum Präsidenten des Repräsentantenhauses stand an. Eine Wiederwahl des bisherigen Amtsinhabers, der Republikaners John Boehner, wurde allgemein erwartet.
Boehners Partei ist in der Frage, wie die Haushaltsprobleme der USA am besten zu lösen sind, tief mit den Demokraten zerstritten: Für die Republikaner sind Steuererhöhungen ein Tabu, die Gegenseite lehnt Kürzungen bei staatlichen Konjunkturhilfen und Sozialprogrammen ab. Auf neuerliche Verhandlungen mit dem Kongress über eine Anhebung der Schuldenobergrenze werde er sich nicht einlassen, kündigte Obama schon einmal an.
dapd
"Häufig wird die Volkswirtschaft mit einem verschuldeten Einzelhaushalt verglichen, der durch Sparmaßnahmen seine Kredite verringert. Dies ist zwar für Einzelelemente einer Volkswirtschaft möglich, jedoch nicht in der Gesamtbilanz aller Teilnehmer. In der gesamten Volkswirtschaft muss die Summe der Geldvermögen immer gleich groß sein wie die Gesamtverschuldung, da Vermögen auf der einen Seite Schulden auf der anderen Seite bedeuten. In unserem Geldsystem steigen die Geldvermögen durch die Verzinsung an, weshalb die Verschuldung um den gleichen Betrag wachsen muss. … Ein Rückgang der Kreditaufnahme würde zu einem fallenden Zinssatz führen, weil sich der Zins aus Angebot und Nachfrage nach Krediten bildet. Fällt nun der Zinssatz unter eine Mindesthöhe (Liquiditätsgrenze), kommt es zu einer Deflation, also einem Rückzug des Geldes, weil niemand bereit wäre, überhaupt noch Kapital ohne Mindestverzinsung zu verleihen. Die Folgen wären Massenarbeitslosigkeit, Verarmung der Bevölkerung, Hunger und Bürgerkrieg. Die Neuverschuldung dient letztlich dazu, den Zinssatz auf genügender Höhe zu halten, um ein Abgleiten der Volkswirtschaft in die Deflation zu verhindern."
Günter Hannich, 2006
Der "Jahrhundertökonom" John Maynard Keynes wusste, dass eine "antizyklische staatliche Investitionspolitik" die Katastrophe (globale Liquiditätsfalle) nur hinausschieben aber nicht verhindern kann, denn solange keine staatliche Liquiditätsgebühr ("carrying costs") auf alles Zentralbankgeld (Bargeld plus Zentralbankguthaben der Geschäftsbanken) erhoben wird und es ein privates Bodeneigentumsrecht gibt, ist der Staat niemals in der Lage, die Verschuldung wieder abzubauen. Keynes wusste aber auch, dass die "hohe Politik" dumm genug sein würde, alle denkbaren und undenkbaren Möglichkeiten einer staatlichen Investitionspolitik auszuprobieren, bevor sie ihr Versagen eingestehen würde, denn etwas anderes kann die politische Seifenoper in einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) sowieso nicht machen:
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Das einzig Sinnvolle, was Politiker tun können, ist, sich selbst überflüssig zu machen!
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