Der Berliner Evolutionsbiologe Carsten Niemitz behauptet, endlich die Erklärung für den entscheidenden Schritt der Menschwerdung gefunden zu haben. Nach seiner revolutionären Ansicht sind unsere Vorfahren ins Wasser gegangen und mussten sich deshalb aufrichten. Damit widerspricht Carsten Niemitz der geläufigen Lehrmeinung vom Ursprung des aufrechten Gangs in einer trockenen Savanne. Und er bringt gleichzeitig die seit Jahrzehnten erstarrte Urmenschenforschung in Bewegung.
Er widerspricht der populären Lehrmeinung vom Ursprung des aufrechten Gangs in einer trockenen Savanne - der deutsche Evolutionsbiologe Carsten Niemitz. Seine revolutionäre These: Unsere Vorfahren stiegen nicht von den Bäumen, um den aufrechten Gang zu lernen, sondern sie sind ins Wasser gegangen und mussten sich deshalb aufrichten. Mit dieser Theorie bringt Niemitz die seit Jahrzehnten buchstäblich verknöcherte Urmenschenforschung wieder in Bewegung.
Die provozierende Theorie zur Entstehung des aufrechten Gangs wird in der Dokumentation mit verblüffenden Beispielen verständlich erzählt. Dabei eröffnen sich überraschende Einsichten in unseren heutigen Alltag: Warum fahren wir so gern zum Urlaub ans Meer? Wieso sind die Preise für Ufergrundstücke exorbitant hoch, und warum essen die meisten Menschen für ihr Leben gerne Meeresfrüchte? All dies kann nicht mit einem Ursprung der Menschheit in einer trockenen Savanne erklärt werden.
Die Theorie des Menschen als "Uferwesen" könnte aber erklären, woher unser ausgeprägtes Unterhaut-Fettgewebe stammt, und warum wir so lange Beine und große Füße haben - mit denen wir zwar nicht schnell laufen können, aber sehr wohl lange Entfernungen zurücklegen, lange stehen und eben in seichtem Wasser waten.
Erst von der Fachwelt belächelt findet Niemetz inzwischen mit seiner "Ufertheorie" Anerkennung. Der deutsche Urmenschenforscher Friedemann Schrenk gräbt seit über dreißig Jahren im Osten Afrikas. Er wunderte sich schon seit langem, warum die Fossilien früher Vormenschen immer zusammen mit Knochen von Tieren gefunden wurden, die im Wasser leben, wie etwa Flusspferden oder Krokodilen. Und auch die neuesten Forschungsergebnisse des Potsdamer Geowissenschaftlers Martin Trauth belegen, dass die bisherige Theorie von der Entstehung des aufrechten Gangs in einem trockenen Klima nicht stimmen kann: "Wir haben herausgefunden, dass es genau umgekehrt ist: Zu den Zeiten, als wir besonders wichtige Evolutionsschritte hatten, war das Klima feucht und wechselhaft."
Das bestätigt auch der spektakuläre Fund von "Orrorin". Mit einem Alter von rund sechs Millionen Jahren ist er der erste mit Sicherheit aufrecht gehende Vorfahre des Menschen. Seine Entdeckerin, die renommierte Pariser Paläontologin Brigitte Senut, fand heraus, dass er in einer wasserreichen Umgebung lebte. "Die Savannentheorie ist tot", ist sich Friedemann Schrenk sicher. Für ihn ist die Uferhypothese die plausibelste Erklärung für die Entstehung des aufrechten Gangs: "Wenn ich als Menschenaffe meine Nahrung im Wasser suche, muss ich mich aufrichten, ich kann gar nicht anders."
"Das Geheimnis des aufrechten Gangs" zeigt die Geschichte einer ungewöhnlichen Spurensuche, bei der sich nach und nach die einzelnen Indizien zu einem überzeugenden Bild zusammenfügen: Der Mensch ist ein "Ufertier" - mit allen Konsequenzen: Wir leiden bis heute an Krampfadern, die bei einem Aufenthalt im Wasser keine Beschwerden mehr machen, und sind auf die wertvollen Omega-3-Fettsäuren aus Fischen für eine gesunde Entwicklung des Gehirns angewiesen.
Programm auf arte:
Donnerstag, 22. März 2012 um 22.10 Uhr
Wiederholungen:
24.03.2012 um 14:40
04.04.2012 um 14:15
Das Geheimnis des aufrechten Gangs
(Deutschland, 2011, 43mn)
WDR
Regie: Ingo Knopf, Jo Siegler
Kommentar: Zur Wasseraffen-Theorie von
Wikipedia:
Als Wasseraffen-Theorie (auch: Wassertheorie, Wasseraffen-Hypothese) wird eine Reihe von Spekulationen bezeichnet, nach der die Vorfahren des modernen Menschen (Homo sapiens) im Verlauf der Menschwerdung eine teilweise wasserlebende Phase durchgemacht haben sollen.
Die Wasseraffen-Theorie legt nahe, dass Vormenschen sich verstärkt an und in Flüssen, Seen, Meeren oder an Uferregionen (Litoral) aufgehalten haben und diese unter anderem zum Nahrungserwerb nutzten. Nach dieser Phase - die zur Entwicklung einiger besonderer Merkmale führte - seien sie wieder stärker zum Leben an Land übergegangen. Die Hypothese besagt jedoch nicht, dass diese Vorfahren ausschließlich im Wasser gelebt hätten.
Äußere Erscheinungsmerkmale, die mit Elementen dieser Hypothese erklärt werden können, sind insbesondere
- der aufrechte Gang
- die verlängerten hinteren Extremitäten
- die besondere Struktur der Haut und Anlagerung des Fettgewebes in der Unterhaut im Vergleich zu Menschenaffen
- der im Vergleich zu anderen Landsäugern deutlich höhere Fettanteil des Menschen
- die eigentlich atmungsströmungsungünstig nach unten offene Nase
- der Tauchreflex (instinktives Luftanhalten, Nasenverschluss, Verlangsamung des Herzschlages)
- der Stimmritzenkrampf als Schließreflex des Kehlkopfes
- die Kontrolle der Atmung beim Tauchen als Voraussetzung zur Entwicklung einer Lautsprache
- die für ein ausschließlich an Land lebendes Säugetier regelabweichend großen Füße
Als weitere Indizien werden genetisch veranlagte Affinität zum Lebensraum Wasser, sowie die überproportionale Anzahl von fossilen Funden in Wassernähe genannt.
Kommentar: Zur Wasseraffen-Theorie von Wikipedia: