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© 2012 Northrop Grumman

Das Projekt ist äußerst geheim: Das "Long Endurance Multi Intelligence Vehicle" kann wochenlang in großer Höhe schweben. Mögliches Einsatzgebiet. Afghanistan. Der Antrieb stammt aus Deutschland.


In aller Stille haben die US-Streitkräfte das derzeit weltweit größte Spionageluftschiff in einem gut anderthalbstündigen Erstflug getestet. Am vergangenen Dienstag, 7. August, hob von einem Militärflughafen in Lakehurst im US-Bundesstaat New Jersey das Spezialluftschiff ab. "Alle Ziele wurden während des Fluges erreicht", teilte ein Sprecher der US-Streitkräfte am Mittwoch auf FTD-Anfrage mit. Zunächst sei es darum gegangen, einen sicheren Start und eine sichere Landung zu absolvieren und die Flug-Kontrollsysteme zu erproben. Das in der Fachwelt als LEMV (Long Endurance Multi-Intelligence Vehicle) bezeichnete Luftschiff hat nach Angaben aus Branchenkreisen eine Länge von gut 92 Metern.

Es ist damit das aktuell größte fliegende Luftschiff. Es läutet nach Jahrzehnten die Rückkehr des US-Militärs zum Einsatz großer Luftschiffe für Militäraufgaben ein. In den 30er-Jahren hatten die USA sogar Luftschiffe als fliegende Flugzeugträger im Einsatz. Das LEMV-Projekt ist auch eine neue Epoche in der Aufklärung aus der Luft an Stelle unbemannter Drohnen.

Das LEMV-Luftschiff wurde unter der Regie des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman zusammen mit dem britischen Luftschiffspezialisten Hybrid Air Vehicle entwickelt und gebaut. Während Northrop Grumman bei der Auftragsvergabe durch die US-Militärs im Juni 2010 für drei LEMV zum Preis von 517 Mio. Dollar noch zahlreiche Details und einen Zeitplan veröffentlichte, verweist der Konzern jetzt für jegliche Auskünfte an die US-Militärs und hüllt sich in Schweigen. So gab es zunächst auch keine von Northrop Grumman oder den US-Militärs veröffentlichen Bilder des LEMV-Erstflugs.

Ohnehin geizte Northrop Grumman zuletzt mit Informationen zu dem Projekt. Es hinkt grob sechs bis zwölf Monate hinter dem ursprünglichen Zeitplan hinterher. Die US-Militärs verfolgten zwar in den vergangenen Jahren verschiedene ambitionierte Luftschiffprojekte, strichen teilweise aber auch wieder die Gelder. So wurde im Frühjahr 2012 das 211 Mio. Dollar teure Projekt Blue Devil II von der Luftwaffe gestoppt, weil die Ziele verfehlt wurden.

Ursprünglich wollten die USA bereits 2012 LEMV-Luftschiffe in Afghanistan für Überwachungsaufgaben einsetzen - jetzt dürfte es 2013 werden. Die Besonderheit des Luftschiffs ist, dass es 1,25 Tonnen Nutzlast - etwa Kameras, Abhörsender, Radareinrichtungen - bis zu drei Wochen in etwa zehn Kilometer Höhe permanent über einem Aufklärungsgebiet einsetzen kann. Das Luftschiff kann bemannt oder unbemannt operieren und könnte auch als Lastentransporter verwendet werden.

Bei dem Erstflug war das LEMV-Luftschiff bemannt, sagte der Militärsprecher. Er machte aber keine Angaben über die Zahl der Personen. "Zusätzliche bemannte Flüge werden nach einer genauen Untersuchung des Luftschiffs folgen", sagte der Sprecher. In technischer Hinsicht handelt es sich um ein Hybrid-Luftschiff: Der Auftrieb stammt nicht allein aus der Befüllung mit Helium, sondern auch durch die aerodynamische Form der Luftschiffhülle.

Der Antrieb des LEMV mit vier Propellermotoren stammt aus Deutschland. Die Thielert Aircraft Engines GmbH liefert die Centurion 4.0 Achtzylinder-Dieselmotoren mit je rund 350 PS. Die Firma war das Herzstück der börsennotierten Thielert, die 2008 nach Vorwürfen der Bilanzmanipulation Insolvenz anmelden musste. Seit Jahren sucht der Thielert-Insolvenzverwalter einen Käufer für den Hersteller von Flugzeug-Dieselmotoren. Die Thielert/Centurion-Aktivitäten werden seit der Insolvenz kontinuierlich ausgebaut. Die Zuverlässigkeit der Motoren wurde unter der Regie des renommierten Triebwerkexperten Günter Kappler verbessert. Thielert/Centurion sieht sich als Marktführer bei Diesel-Kleinflugzeugmotoren. Auch der Antrieb einiger unbemannter Drohnen der US-Militärs stammt von Thielert.