Außenminister Westerwelle hatte den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland zu einem Kernziel seiner Außenpolitik erklärt. Jetzt knickt die Bundesregierung bei der Nato ein. Die Waffen bleiben nicht nur, sie werden sogar modernisiert.
Proteste Atomwaffen
© dpaOstern 2012 in Büchel: Proteste gegen Atomwaffen in Deutschland.
Berlin - Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich in aller Stille von einem ihrer wichtigsten außenpolitischen Ziele verabschiedet: Dem Abzug der US-Atombomben aus Deutschland. In der Nato erklärte sich Berlin in aller Form damit einverstanden, dass die amerikanischen Waffen im Land bleiben und sogar mit Milliarden-Aufwand modernisiert werden. Zudem will die Bundeswehr etwa 250 Millionen Euro ausgeben, um ihre Tornado-Kampfflugzeuge, von denen die US-Atombomben im Kriegsfall abgeworfen werden sollen, noch bis zum Jahr 2024 einsatzfähig zu halten.

Diese Kehrtwende in der deutschen Abrüstungspolitik ist vor allem für Außenminister Guido Westerwelle schmerzhaft. Der Abzug der US-Atombomben aus Deutschland war die vielleicht wichtigste außenpolitische Initiative des FDP-Politikers, die er 2009 sogar im Koalitionsvertrag verankerte. Insgesamt haben die USA in Europa noch schätzungsweise 180 bis 200 Atombomben gelagert, davon sollen sich 10 bis 20 auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel befinden.

Seit dem Ende des Kalten Krieges ist völlig unklar, gegen wen diese Waffen jemals eingesetzt werden sollen; die USA selbst reduzierten ihre Anzahl bereits in den 90er Jahren um rund 90 Prozent. Dennoch wehrten sich vor allem Frankreich, die Türkei und die osteuropäischen Nato-Staaten gegen den Abzug der letzten Atombomben, weil sie dadurch den Zusammenhalt der Allianz gefährdet sehen. Andere Mitgliedsstaaten bestehen darauf, dass zunächst Russland sein noch sehr viel umfangreicheres Arsenal an taktischen Atomwaffen reduzieren müsse.

Kernkomponente der Abschreckung

Wie die Berliner Zeitung von Militärexperten erfuhr, gab die Bundesregierung ihre Position bereits beim Nato-Gipfel Ende Mai in Chicago auf. Dort erklärten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Westerwelle in einer gemeinsamen Erklärung der 28 Nato-Staaten damit einverstanden, dass die Nato an den taktischen Atomwaffen festhält.