64 Menschen wurden bei gewalttätigen Protesten in Spanien verletzt. Tausende versammelten sich vor dem Parlament, um gegen die Sparpolitik von Ministerpräsident Rajoy zu demonstrieren. Steine flogen - die Polizei setzte Gummigeschosse ein.


Bei teils gewalttätigen Protesten gegen die Sparpolitik der spanischen Regierung sind am Dienstagabend in Madrid 64 Menschen verletzt worden, wie Polizei mitteilte. Demnach versammelten sich 6000 Anhänger der Bewegung der „Empörten“ versammelten sich vor dem Parlament in der spanischen Hauptstadt, wo Abgeordnete eine Plenarsitzung abhielten. Die Veranstalter umzingelten das Gebäude. Als einige Demonstranten eindringen wollten versuchten Polizisten, die Menge mit Schlagstöcken zurückzudrängen.

Viele Protestierende warfen Steine auf Polizisten, die ihrerseits Gummigeschosse gegen die Demonstranten einsetzten. Die Polizei hatte drei Absperrringe um das Gebäude errichtet, um einen Sturm der Demonstranten auf das Parlament zu verhindern. Unter den 64 Verletzten seien 27 Polizisten, teilte die Polizei mit. Nach Polizeiangaben wurden 26 Menschen festgenommen. Medienberichten zufolge waren 1300 Polizisten im Einsatz.

„Weniger Polizei - mehr Bildung“

Die Protestierenden forderten die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zum Rücktritt auf und skandierten „Weniger Polizei - mehr Bildung“. Viele streckten die Hände in die Luft und riefen immer wieder „Hände hoch, das ist ein Überfall“ - in Anspielung darauf, dass die Ärmeren des Landes für die Krise bezahlen müssten. „Sie haben uns unserer Demokratie beraubt“, sagte die Demonstrantin Soledad Nunes aus dem Nordwesten Spaniens. Die 53-jährige Ladeninhaberin beklagte vor allem die Einschnitte in den Bereichen Gesundheit und Bildung.

Die Regierung verurteilte die Ausschreitungen. „Man muss auf Forderungen eingehen, die auf friedlichen Kundgebungen vorgebracht werden“, sagte Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría. „Aber wenn gewaltsam gegen die Vertretung aller Spanier vorgegangen wird, ist das eine andere Sache.“ Die oppositionellen Sozialisten äußerten Verständnis für den Unmut in der Bevölkerung, wiesen aber darauf hin, dass Gewalt gegen das Parlament nicht hinnehmbar sei.

Polizei löst Demonstration auf

In der Nacht zum Mittwoch beruhigte sich die Lage in Madrid. Mehrere hundert Menschen harrten friedlich auf einem Platz in der Nähe des Parlaments aus, bis die Polizei die Versammlung gegen ein Uhr auflöste. Die Teilnehmer des Protests hatten sich wie schon in der Vergangenheit über das Internet organisiert. Die Absperrungen blieben auch am Mittwoch bestehen, weil neue Proteste angekündigt worden waren.

Hinter der Bewegung der „Empörten“ stehen mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen und Bündnisse. Sie machen die Korruption und die Unfähigkeit des politischen Systems für die Krise in Spanien verantwortlich.

Spanien im Strudel der Krise

Die Krise hatte 2008 mit dem Platzen der Immobilienblase ihren Anfang genommen und den spanischen Bankensektor in den Abgrund gestürzt. Nach einem lange herausgezögerten Antrag an den Euro-Rettungsfonds hatten die Euro-Länder im Juni ein Hilfsprogramm für Spaniens Banken in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro beschlossen.

mk/cwe/dpa/AFP