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US-Wissenschaftler haben einen Zusammenhang zwischen eiweißreicher Ernährung im mittleren Alter und erhöhtem Mortalitätsrisiko beobachtet, ab 65 Jahren ist eine eiweißarme Ernährung riskanter Wer versucht, nach wissenschaftlichen Studien einen Lebensstil zu finden, der gesund und lebensverlängernd ist, wird sich in einem Labyrinth an mehr oder weniger gut belegten Zusammenhängen verirren. Wie viel und wie soll man sich körperlich unter welchen Umweltbedingungen betätigen? Wie sieht es mit Fleisch und vor allem verarbeitetem Fleisch aus? Tut uns ein vegetarischer oder veganer Lebensstil gut? Wie sieht es mit (Frucht)Zucker, Butter, Weizen etc. aus? Die Kunst des Lebens oder die Sorge um den Körper wird für zunehmend mehr Menschen zu einer Zeit verschlingenden Beschäftigung und zu einem ideologischen Kampffeld.


Gut, dass nun wieder einmal eine Studie in der Zeitschrift Cell Metabolism veröffentlich wurde, die uns Neues rät. Zwar ist schon länger zumindest durch Beobachtungen an Fadenwürmern C. elegans, Fruchtfliegen oder Mäusen bekannt, dass dauerhaftes Fasten oder eine kalorienreduzierte Ernährung das Leben verlängern soll. Ein von Valter Lono, Professor für Biogerontologie an der University of Southern California und Direktor des Longevity Institute, geleitetes Wissenschaftlerteam will nun durch Auswertung einer Langzeiterhebung herausbekommen haben, dass in unterschiedlichen Lebensaltern unterschiedliche Diäten der Langlebigkeit dienen.

Wer im mittleren Alter viele tierische Proteine zu sich nimmt, könnte ein um das Vierfache erhöhtes Risiko haben, an Krebs zu sterben. Das wäre ein Mortalitätsrisiko, das mit dem Rauchen vergleichbar wäre. In der Mitteilung der Universität wird das dramatisch dargestellt: "Dieser Hähnchenflügel, den Du isst, kann so tödlich wie eine Zigarette sein." Interessant ist dies deswegen, weil vielfach eine eiweiß- bzw. proteinreiche Ernährung und die Vermeidung von Kohlehydraten für die Gesundheit und zum Abnehmen empfohlen wird.

Die Wissenschaftler kombinierten die Daten einer für die US-Bevölkerung Ernährungsstudie von 6.381 50-jährigen Frauen und Männern, die 18 Jahre lang verfolgt wurden, mit Maus- und Zellstudien, um den Zusammenhang zwischen Proteinen und Altern, Krankheiten und Mortalität zu untersuchen. Wie aus Untersuchungen bekannt ist, spielt eine Defizienz der Wachstumshormonrezeptoren (GHR), die auch die Aktivität der Insulin- und IGF-I-Rezeptoren hemmt, eine wichtige Rolle beim Alterungsprozess. Schon zuvor hatten die Wissenschaftler beobachtet, dass Menschen mit einer GHR-Defizienz nicht an Krebs und Diabetes erkranken, Mortalität durch Herzkreislauferkrankungen war etwa so hoch wie in der Vergleichsgruppe, das Risiko für Übergewicht war allerdings größer. Für die GHR-Defizienz könnte eine Reduktion der Eiweißaufnahme oder bestimmter Aminosäuren sein.

Durchschnittlich nahmen die Menschen in der Langzeitstudie 1.823 kcal zu sich. 51 Prozent kamen von Kohlehydraten, 33 Prozent von Fett und 16 Prozent von Proteinen, meist von tierischem Eiweiß (11 Prozent). Eine Ernährung mit 20 Prozent oder mehr Proteinen galt als proteinreich, eine mit weniger als 10 Prozent als proteinarm. Menschen, die eine proteinreiche und eine mittlere Ernährung zu sich nahmen, hatten gegenüber den sich proteinarm ernährenden Menschen ein erhöhtes Diabetesrisiko. Wer zu Beginn der Studie noch kein Diabetes hatte, aber sich proteinreich ernährte, hatte während der 18 Jahre eine 83-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu sterben, bei einer mäßig proteinreichen Ernährung wurde eine 23-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit beobachtet. Allerdings könnten die Werte durch die kleine Stichprobe verzerrt sein, räumen die Wissenschaftler ein, da es nur 21 Personen an Diabetes starben, die zu Beginn noch kein Diabetes hatten.

Es zeigten sich jedoch Unterschiede, wenn die Menschen in die Altersgruppen 50-65 Jahre und älter als 65 Jahre eingeteilt wurden. Bei den Jüngeren war eine eiweißreiche Ernährung mit einem höheren Risiko der Mortalität durch alle Krankheiten und durch Krebs verbunden. Wer sich eiweißreich ernährte, hatte ein 74 Prozent höheres Mortalitätsrisiko gegenüber der Gruppe, die sich eiweißarm ernährte, die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu sterben, war vier Mal so hoch. Ein Zusammenhang mit dem Anteil von Kilokalorien durch Fett und Kohlehydraten konnte nicht festgestellt werden. Bei den Proteinen war der Anteil der tierischen Eiweiße entscheidend, pflanzliche Proteine spielen für das Mortalitätsrisiko offenbar keine Rolle.

Anders sieht es in der älteren Gruppe aus. Bei den Über-65-Jährigen ist der Zusammenhang eher umgekehrt. Wer eine eiweißreiche oder eine mäßig eiweißreiche Nahrung zu sich nimmt, hat ein allgemein um 28 Prozent geringeres Krankheits- und Mortalitätsrisiko als die sich eiweißarm Ernährenden, das Risiko, an Diabetes zu sterben, blieb jedoch gleich hoch. Im höheren Alter fallen die IGF-I-Werte stark ab, was zu Muskelverlust und Schwäche führt, da könnte ein proteinreiche Ernährung also schützen. Während also im mittleren Alter nach der Studie eine eiweißarme Ernährung vor Krebs und allgemeiner Mortalität zu schützen scheint, sollten ältere Menschen eine eiweißarme Ernährung vermeiden.

Bei 2.253 Teilnehmern wurden die IGF-I-Werte gemessen. Dabei zeigte sich, dass bei den Menschen, die sich eiweißreich ernährten, der Anstieg der IGF-I-Werte direkt mit dem Anstieg der Wahrscheinlichkeit zusammenhängt, an Krebs zu sterben. Ähnliche Zusammenhänge wie in der Studie lassen sich nach den Wissenschaftlern auch an Untersuchungen von Mäusen feststellen. Mäuse, die eiweißarmes Fressen erhielten, erkrankten während eines Zeitraums von zwei Monaten weniger häufig an Krebs, die Tumorgrößen waren durchschnittlich um 45 Prozent kleiner als bei den Mäusen, die eiweißreiche Kost erhielten.

"Die Mehrheit der Amerikaner isst zweimal so viele Proteine, als sie sollten", warnt Longo aufgrund der Studie und empfiehlt: "Anscheinend ist es am besten, die tägliche Aufnahme von allen Proteinen, vor allem von tierischem Eiweiß, zu senken. Aber man sollte bei der Eiweißreduktion nicht zu extrem werden. Man kann vom geschützten sehr schnell zum unterernährten Status übergehen."

"Almost everyone is going to have a cancer cell or pre-cancer cell in them at some point. The question is: Does it progress?" Longo said. "Turns out one of the major factors in determining if it does is is protein intake."