hexenverfolgung folter
© picture alliance / dpaUm ein Geständnis zu erzwingen, setzten die Richter auch auf "extreme Folter".
Mindestens 25.000 Frauen und Männer sind in Deutschland als Hexen und Hexer getötet worden. Immer mehr Städte gedenken ihrer Opfer und distanzieren sich von der grausamen Geschichte. Jetzt auch Trier.

Verstümmelt, verbannt, verbrannt: Rund 25.000 Frauen und Männer wurden in der frühen Neuzeit in Deutschland als Hexen und Hexer verfolgt und hingerichtet. Besonders intensiv fiel die Jagd auf die zu Unrecht Verleumdeten in den drei Kurfürstentümern Mainz, Köln und Trier sowie in den fränkischen Hochstiften Eichstätt, Bamberg und Würzburg aus, wie die Historikerin Rita Voltmer von der Universität Trier sagt.

Jahrhunderte danach distanzieren sich immer mehr Städte von jenem dunklen Kapitel der Geschichte, etwa Idstein (Hessen), Suhl (Thüringen), Lemgo, Köln (Nordrhein-Westfalen) und Osnabrück (Niedersachsen). Nun plant auch Trier als erste rheinland-pfälzische Stadt einen Gedenkakt für die Opfer der Hexenverfolgungen. Es sei "an der Zeit und ein Gebot der Menschlichkeit, sich von dem nicht ungeschehen zu machenden Unrecht öffentlich zu distanzieren", teilt Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen (SPD) mit. Am 30. April werde es daher eine Veranstaltung geben, um an die zu Unrecht Verurteilten zu erinnern. Zugleich wird des in Trier gestorbenen Jesuiten Friedrich Spee (1591-1635) gedacht, der mutig gegen Hexenprozesse gekämpft hatte.

"Nach heutigem Verständnis waren alle Verurteilten unschuldig des ihnen vorgeworfenen Hexereideliktes", sagt Voltmer, die sich seit vielen Jahren mit den europäischen Hexenverfolgungen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit beschäftigt. Die meisten Prozesse hätten vor einem weltlichen und keinem geistlichen Gericht stattgefunden. Eine Verurteilung war nur nach einem erfolgten Geständnis möglich.

Um das zu erzwingen, setzten die Richter auch auf "extreme Folter", sagt Voltmer. Mit hinter dem Rücken gefesselten Armen wurden die Angeklagten - meist Frauen - an einem Seil in die Höhe gezogen. Eingesetzt wurden auch Schienbeinschrauben, Rutenschläge und das Verbrennen von Schwefel auf der Haut, um den Widerstand der Menschen "zu brechen".

Eine der schlimmsten Hexenjagden in ganz Europa

Nach damaligen Verständnis ging man davon aus, dass die Angeklagten einen Bund mit dem Teufel geschlossen hatten und eine Hinrichtung wenigstens deren Seele retten konnte. Warum wurde jemand als Hexe bezichtigt? "Im Prinzip konnte jedes als auffällig oder abweichend gedeutete Verhalten als Indiz für Hexerei gewertet werden", sagt Voltmer. Wenn nach einem Streit einer der Beteiligten krank wurde, ließ sich dies als bösen Fluch des anderen interpretieren. Oder wenn nach einem Krankenbesuch der Patient gesund wurde, dann hatte seine Besucherin ihm das zuvor angehexte Übel wieder geheilt. Stand ein Mensch einmal im Verdacht, dann ließen sich alle seine Handlungen entsprechend deuten.

Ende des 16. Jahrhunderts galt die Region Trier wegen der Hexenverfolgung als "berühmt und berüchtigt". Im Territorium der Reichsabtei St. Maximin bei Trier wurden zwischen 1586 und 1596 rund 400 Menschen - ein Fünftel der Bevölkerung - hingerichtet. "Hier fand eine der schlimmsten Hexenjagden in ganz Europa statt", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Geschichtlichen Landeskunde. Vor dem städtischen Hochgericht in Trier (damals 5000 Einwohner) habe es zwischen 1580 und 1595 etwa 30 bis 40 Hinrichtungen gegeben, darunter etliche Bürgermeister und deren Frauen. Europaweit gingen die Forscher von 50.000 bis 60.000 Opfern aus, die zwischen der Mitte des 15. bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts getötet wurden. Heute gebe es noch immer Hexenverfolgung - etwa in den afrikanischen Ländern Benin, Ghana, Südafrika und Tansania. Zwar nicht im Sinne christlicher Dämonologen wie in der frühen Neuzeit. Angeblicher Schadenzauber spiele aber auch hier eine Rolle. Auch wenn keine Zahlen vorliegen: "In afrikanischen Ländern sind in inzwischen bereits Tausende Menschen als vermeintliche Hexen ermordet worden", sagt die Historikerin.