Die ukrainische Parlamentsabgeordnete Swetlana Fabrikant, Sekretärin des Untersuchungsausschusses zum Massaker in Odessa am 2. Mai dieses Jahres und anderer gewalttätiger Zwischenfälle im Osten der Ukraine, hat ihre Unterschrift unter dem Abschlussbericht zurückgezogen, da dieser nach der Unterzeichnung massiv bearbeitet worden sei und sich deutlich von dem unterscheide, den sie unterzeichnet habe.

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Viele Nachrichtenmedien in Odessa hatten zuvor über die, wie es hieß, »originalen« Schlussfolgerungen des Berichtes berichtet. »Bedauerlicherweise haben andere Mitglieder des Ausschusses das Dokument teilweise verändert, nachdem ich es unterzeichnet hatte. Als der Bericht dann auf der offiziellen Internetseite des Parlaments veröffentlicht wurde, stand meine Unterschrift unter einem veränderten Dokument - dem ich inhaltlich nicht mehr zustimmen kann«, wird sie von der Nachrichtenagentur Itar-Tass zitiert.

Vergleicht man die beiden unterschiedlichen Versionen, drängt sich einem der Schluss auf, dass in der »überarbeiteten« Fassung Zeugenaussagen fehlen, die sich auf die Beteiligung von Andrij Parubij, dem damaligen Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, bei der Vorbereitung des Massakers in Odessa beziehen. Parubij, der der umstrittenen, radikal nationalistischen und rechtsextremen Partei Swoboda angehört, trat im August von seinem Amt zurück.

In der Schlussfassung des Berichts, wie er von Kiew vorgelegt wurde, fehlen Berichten zufolge auch Zeugenaussagen über die Beteiligung von etwa 500 Radikalen, die mit Hilfe des Gouverneurs der Region, Wladimir Nemirowsky nach Odessa gebracht worden waren. Ebenso wenig werden der Ortsvorsitzende der Partei Klitschkos, der Ukrainischen demokratischen Allianz für Reformen (UDAR), Andrij Jusow, und andere führende Vertreter des Euromaidans erwähnt, die angeblich radikale Nationalisten aufstachelten, das Gewerkschaftsgebäude in Brand zu setzen.

Swetlana Fabrikant erklärte, Parubij und ebenso der Chef des Sicherheitsrates der Ukraine, Valentin Naliwaitschenko sowie Innenminister Arsen Awakow hätten sich geweigert, mit den Vertretern des Untersuchungsausschusses zu sprechen. »Wichtige Beteiligte an diesen Entwicklungen nahmen nie an den Sitzungen des Ausschusses teil. Die Weigerung der Regierung, der Kommission Rede und Antwort zu stehen, ist bezeichnend. Man kann hier kaum von Offenheit und gemeinsamer Arbeit reden«, sagte sie weiter. Nach ihrer Ansicht, wollte die Regierung die Ermittlungen des tragischen Ereignisses in Odessa ausbremsen.

Am 2. Mai waren in Odessa mindestens 48 Menschen bei gewalttätigen Ausschreitungen ums Leben gekommen, die einen schrecklichen Höhepunkt in dem Brand des Gewerkschaftshauses fanden. Mehr als 200 Personen wurden dabei verletzt.

Nach Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und radikalen Kräften, die die vom Maidan eingesetzte Regierung unterstützten, setzten Letztere das Zeltlager der Regierungsgegner und das Gewerkschaftshaus in Brand, in dem viele Regierungsgegner Zuflucht gesucht hatten. Viele Menschen wurden in den Flammen eingeschlossen und starben.

Die tatsächliche Zahl der Todesopfer dürfte noch sehr viel höher liegen, da viele, denen es gelungen war, sich aus den Flammen zu retten, vor dem Haus von radikalen Schlägern mit Knüppeln geschlagen oder gewürgt wurden, wie zahlreiche Augenzeugen berichteten.

»Die ukrainische Regierung versucht, die Ermittlungen zu verwässern«, sagte Nikolaj Skorik, der frühere Gouverneur der Region Odessa, der ebenfalls dem Untersuchungsausschuss angehört, gegenüber Journalisten.

In der offiziellen Fassung des Schlussberichts werden keinerlei tiefergehende Schlüsse dazu gezogen, wie es genau dazu kam, dass die im brennenden Gebäude Eingeschlossenen starben. Lapidar heißt es nur, nachdem das Zeltlager der Anti-Kiew-Aktivisten in Brand gesetzt worden sei, hätten die Menschen versucht, im Gewerkschaftsgebäude Zuflucht zu finden, das dann auch angezündet worden sei.

Die gerichtsmedizinischen Untersuchungen ergaben, dass neun Menschen an den Folgen einer Kohlenstoff-Monoxid-Vergiftung und 13 weitere Personen an giftigen Verbrennungsgasen starben. Zwölf Menschen erlagen ihren schweren Verbrennungen und acht starben an den Verletzungen, die sie sich beim Sprung aus den Fenstern zugezogen hatten. Sechs weitere Menschen verloren ihr Leben durch Schussverletzungen. Eine Person, die in dem Gewerkschaftshaus gestorben war, konnte bisher noch nicht identifiziert werden.

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