Die US-Großbank JP Morgan hat ein Problem: Ihre Kosten für Rechtstreitigkeiten haben sich seit der Finanzkrise auf 36 Milliarden Dollar summiert. Das ist schlecht für die Bilanz. Marktmanipulationen durch Mitarbeiter, riskante Wetten, fragwürdige Hypothekengeschäfte, die Liste der Skandale, in die die Bank verstrickt war, ist lang.
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© imago/Unimedia ImagesEinst galt der Film "Minority Report" mit Tom Cruise als Science-Fiction. Cruise konnte in dem Thriller anhand von Daten Verbrechen vorhersagen. Mittlerweile soll manche Software angeblich tatsächlich Verbrechen vorzeitig erkennen können. Unwahrscheinlich nur, dass so etwas zur Aufdeckung psychopathischer Machenschaften genutzt werden wird, eher zur Schikane und Unterjochung der gewöhnlichen Menschen a la 'Big Brother is watching you'...
Deshalb greift JP Morgan nun zu drastischen Mitteln: Sie lässt ihre Mitarbeiter überwachen. Ein Algorithmus soll anhand der gewonnenen Daten ein mögliches Fehlverhalten der Mitarbeiter vorhersagen.

JP Morgan testete das Programm bislang nur im Händler-Geschäft. Bis 2016 soll es jedoch auch im Investment-Banking und Vermögensmanagement zum Einsatz kommen. Mitarbeiter, die gegen Regeln verstoßen, sollen identifiziert werden, bevor sie Schaden anrichten können.

So wird beispielsweise überprüft, ob Mitarbeiter Compliance Schulungen schwänzen, Handelsregeln missachten oder bestimmte Risiken überreizen. Anhand der Verhaltensmuster sollen dann Vorhersagen darüber getroffen werden, ob ein Mitarbeiter durch sein Handeln der Bank und Kunden schaden könnte.

"Wir wollen Vorhersagen über Verhaltensmuster treffen"

Für Vorgesetzte sei es schwierig, aus Hunderten von Daten der Mitarbeiter irgendwelche Themen der Händlertische erkennen zu können, sagte Sally Dewar der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dewar leitet die Rechtsabteilung der Bank in Europa. "Wir wollen die Datenpunkte weiterentwickeln und Vorhersagen über Verhaltensmuster treffen", sagte sie weiter.

JP Morgan, gemessen am Umsatz die größte Investment Bank der USA, musste genauso wie viele andere Banken zuletzt hohe Strafen zahlen, etwa wegen Markt-Manipulationen, Kundenbetrugs oder wegen der Unterstützung von Kriminellen. Die Entscheidung der Bank für diese Art der Mitarbeiter-Überwachung soll auch Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die mangels Kontrolle der Banken die Trennung von Handels- und Privatkundengeschäft befürworten.

Die Bank hat eigenen Angaben zufolge 2500 Mitarbeiter angestellt, die die Einhaltung der Compliance Regeln beaufsichtigen sollen. 730 Millionen Dollar habe die Bank investiert, um ihre Abläufe zu verbessern. Stellenausschreibungen deuten darauf hin, dass die Bank eine eigene Abteilung zu Überwachung der Mitarbeiter aufbaue. So soll etwa die elektronische und telefonische Kommunikation des Investmentbankings überprüft werden.

Eigene Abteilung zur Überwachung der Mitarbeiter

Welche Software bei der US-Großbank zum Einsatz kommt, sagte Dewar nicht. Aus früheren Berichten geht allerdings hervor, dass JP Morgan die Software von Palantir Technologies eingesetzt hat. Sie wird unter anderem von US-Geheimdiensten zur Terrorismusbekämpfung eingesetzt.

Der Mitgründer und Chef von Palantir, Alexander Karp, ging in einem Interview mit der New York Times sogar so weit zu behaupten, Palantirs Software helfe dabei, Drohnenziele des US-Verteidigungsministeriums ausfindig zu machen. Seine Software helfe dem US-Militär zu töten, bestätigte Karp damals Spekulationen. Im Zusammenhang mit der massenhaften Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA besteht der Verdacht, die Software helfe auch bei der Auswertung der zum Teil illegal beschafften Daten.

"Minority Report" wird Realität - Vertrauen in die Früherkennung gewachsen

Was im Film Minority Report noch als Science-Fiction daher kam, wird damit allmählich Realität. In dem Hollywood-Thriller machte Hauptdarsteller Tom Cruise Jagd auf Kriminelle, bevor sie ihr Verbrechen begehen konnten.

Zweifelsohne muss sich JP Morgan bei der Überwachung ihrer Mitarbeiter den Fragen der Datenschützer stellen. Außerdem dürfte Überwachung allein nicht reichen. Die Bank will auch den vom Vorstand angestoßenen Kulturwandel vorantreiben. So sollen 300 Führungskräfte des Investment Banking daran erinnert werden, was der Vorstand JP Morgans künftig nicht mehr duldet. Die Botschaft soll bei den Mitarbeitern nachdrücklich ankommen, zitierte Bloomberg Dewar.

JP Morgan hatte im Dezember einen von Vorstandschef Jamie Dimon signierten Bericht herausgegeben, in dem die Kommunikationsüberwachung der Mitarbeiter angedeutet wurde. Tausende Beschäftigte seien davon betroffen.

Man habe nun größeres Vertrauen in die Früherkennung, sagte Dewar. Sie glaube aber nicht, dass es hundertprozentige Sicherheit gebe. Schließlich seien Menschen in die Arbeit involviert - und da gebe es nun einmal Risiken.