BILD, das transatlantische Manipulations-Medium, führt endlich einen »Online-Troll« vor. Er enthüllt Putins Lügen-»Krieg im Internet«, aber seine Beichte bleibt ohne nachprüfbare Fakten. Einzige Quelle ist ein russisches Anti-Putin-Blatt, welches vom Westen unterstützt wird. Übrigens: Die NATO-Staaten nutzen für ihren eigenen Meinungskrieg im Internet längst automatische Bot-Netze. Kaum vorstellbar, dass Russland noch von Hand manipuliert. Der »Online-Troll« scheint eher nur Propaganda zu sein.

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BILD, das Blatt mit dem Treueschwur zum »transatlantischen Bündnis« und den USA, hat ihn nach langer Suche gefunden: Putins Online-Troll. Bisher war das bloß ein Medien-Märchen, das Chefredakteure deutscher Leitmedien gerne erzählen, sobald es eng wird und sie in Erklärungsnot geraten. Wenn ihre Berichterstattung wieder in die Kritik gerät. Wenn die Rufe »Manipulation!« immer lauter werden - dann singen die Alpha-Journalisten im Chor: Ihr Kritiker seid doch bloß fremdgesteuerte Moskau-Trolle! Seit dem Ukraine-Konflikt wiederholt sich dieses Spiel ein ums andere Mal. Die Massen-Publikationen sind im Netz ohnmächtig. Sie können die Meinungen nicht mehr wie früher kontrollieren. Proteststürme gegen manipulierende Medien sind eine neue Erfahrung für Journalisten.

Jetzt hat die BILD aber einen echten russischen Online-Troll ausgegraben. Endlich können alle Mainstream-Medien behaupten, was der Spiegel schon immer geglaubt hat: Die kritischen Stimmen aus dem Internet sind gefälscht. Der Online-Mob ist Kreml-gesteuert. Nicht ernst nehmen! Bisher zensiert die ARD Meinungen im Netz nach Kräften. Und geht mit dem eigenen Publikum hart ins Gericht: Es besteht aus »Tieren«, »Kindern« und »Hooligans«. Denen muss man doch den Mund verbieten, um sie vor sich selber zu schützen. Das sagt viel über das Verhältnis zwischen Lesern und Journalisten.

Wie einfach die BILD uns das Reich des Bösen erklärt

Jetzt soll es wieder besser werden, die Journalisten haben den Sündenbock gefunden: Nicht das Publikum ist ihr Feind, weil alle kritischen Reaktionen sowieso aus St. Petersburg kommen. Im neuen Kalten Krieg liegt die Stadt wieder hinter dem Eisernen Vorhang.

Was die BILD schreibt, liest sich auch so. Hollywood-Agentenklamauk: Ludmilla Sawtschuk, das unschuldige russische Mädchen, sitzt auf der Fensterbank und muss mit ihrem Laptop böse Dinge unter die Berichte westlicher Medien schreiben: »Unser Job bestand darin, im Sinne der Regierung zu schreiben, Putin und seine Politik zu loben und seine Gegner niederzumachen.« Die BILD macht es sich gerne einfach und zeigt so auch dem größten Einfaltspinsel, wie böse doch das Reich des Bösen ist.

40 000 Pro-Putin-Kommentare am Tag

Dort werden 400 junge, arme Russen in einem »unscheinbaren grauen Gebäude an der Sawuschkinstraße im Norden von St. Petersburg« zusammengepfercht. Sie quälen sich im Akkord wie Sträflinge im Gulag. »Im Auftrag von Russlands Präsidenten Wladimir Putin«, behauptet die BILD. Abgeschottet, verängstigt und durch Kameras überwacht, müssen sie fürchterliche Dingeschreiben. Ludmilla hasst sich dafür selbst - aber der »Tagesbefehl« verlangt es: Hundert Kommentare pro Schicht und Troll in Diskussionsforen, Newsgroups, Chatrooms und Blogs. Die Tagesproduktion liegt also bei 40 000 pro-russischen Kommentaren.


Darf man das ernst nehmen?

Putins Troll-Lager - darf man das ernst nehmen? Die Enthüllung kommt von der Nowaja Gaseta, von der BILD kurz »Oppositionszeitung« genannt. Eine gewaltige Verharmlosung. Putin und dieses Blatt liefern sich einen gegenseitigen Krieg, in dem alle Mittel erlaubt sind. Journalisten der Zeitung sterben, doch im Gegenzug lobt die Redaktion Kopfgelder auf ihre mutmaßlichen Mörder aus. Der Oligarch Alexander Lebedew - ein erbitterter Putin-Feind - finanziert die Nowaja Gaseta. Er lebt im Londoner Exil und besitzt auch mehrere Zeitungen in Großbritannien. Berühmt ist die Gaseta für ihren aggressiven Kampagnen-Journalismus gegen Russlands Regierung.

Auch Boris Nemzow schrieb in dieser Zeitung immer wieder offene Briefe gegen den Kreml. Stunden vor seiner Ermordung droht er noch mit einer Enthüllung.


Moskau habe die Annexion der Krim von langer Hand vorbereitet. Die Quelle ist ein angeblich internes Papier, das die Nowaja Gaseta gefunden haben will. Man darf den Machern dieser Zeitung durchaus Mut unterstellen. Sie ist eine der letzten Kreml-kritischen Medien. Allerdings haben die Journalisten schon lange ihre Neutralität verloren und bieten der russischen Opposition eine Plattform für Propaganda. Westliche Medien wie der Spiegel greifen sie gerne auf.


Beweise: Alles ist denkbar, nichts wird geliefert

Propaganda der Nowaja Gaseta ist offenbar auch dieser Bericht. Es gibt nur die Aussagen von Ludmilla Sawtschuk, die dazu reichlich nebulös sind. Existiert diese Frau überhaupt? Bei einem ganzen Lager voller bezahlter Online-Trolle müsste es doch etwas mehr Beweise geben. Andere Zeugen, Bilder, Tonaufnahmen, Datenspeicher mit Protokollen der Kommentare. Alles ist denkbar, nichts wird hier geliefert.

Die AFP verbreitet diesen Enthüllungsbericht und bietet nicht eine einzige belastbare Quelle. Die Presseagentur versorgt Medien in ganz Europa, hat ihren Sitz aber in Frankreich. Dort ist sie öffentlich-rechtlich, also ähnlich organisiert wie ARD und ZDF. Im Vorstand sitzen Vertreter der französischen Regierung, finanziell ist die AFP vom Staat abhängig. 40 Prozent ihrer Einnahmen stammen aus Abonnements staatlicher Einrichtungen.

NATO und EU: Propaganda-Krieg gegen Russland

Kopp Online berichtet schon seit Längerem, dass die NATO einen Medienkrieg gegen Russland führt. Aber auch die EU geht dazu über, dass es nur eine Antwort auf russische Propaganda geben darf: Einen »Anti-Propaganda-Aktionsplan«, der unter dem Strich nichts weiter ist als pure Gegen-Propaganda. Es wird zwar im Tagesspiegel von »institutioneller Informationskontrolle« geschrieben. Kontrolle heißt aber, dass Medien gelenkt werden: Um die öffentliche Meinung in Europa über den Konflikt mit Russland zu manipulieren. Offiziell ist zwar die russische Bevölkerung das Ziel, inoffiziell wird aber auch dieser Bericht über Putins Online-Trolle verbreitet - in den westlichen Medien wie der BILD. Ein anschauliches Beispiel für »institutionelle Informationskontrolle«.

Es gibt aber noch einen Punkt, der Putins Zwangslager für Online-Trolle vollkommen rückständig und damit unglaubwürdig macht. Die Kriegsführung im Internet um die Meinung der Menschen läuft längst auf einem ganz anderen Level. Vollautomatisiert. Die britische Armee hat dafür etwa die»77th Brigade« ausgebildet, 1500 (!) sogenannte »Facebook-Krieger«.


Kommentar: Die "russische Propaganda" kann man nicht mit der hier im Westen vergleichen. Die Propaganda die uns hier im Westen aufgetischt wird, besteht zum größten Teil aus Lügen, Verdrehungen von Tatsachen und dem Verschweigen von essentiellen Fakten. Die meisten russischen Medien, haben über die letzten Jahre bewiesen, dass sie diesem Modell nicht folgen, sondern auf "Propaganda" setzen, die auf der Wahrheit basiert. Also ist "russische Propaganda", ein irreführendes Propagandamittel unserer Propagandamedien hier im Westen, um die gute Arbeit von Putins Regierung und den russischen Medien zu diskreditieren.


Israel bildet die NATO im Internet-Krieg aus

Pionier dieser Art von Kriegsführung ist Israel, das den Briten hier auch bei der Entwicklung unter die Arme gegriffen hat. Das kleine Land erprobte seine Software erstmals im Meinungskampf gegen die Hamas. Inzwischen können von Jerusalem aus 30 Social-Media-Dienste in sechs Sprachen kontrolliert werden. Das geschieht über autonome Bot-Netze, die soziale Netzwerke unterwandern, eigenständig handeln, falsche Informationen streuen und Kommentare schreiben. Diese Netze wachsen dabei ständig und erschaffen immer neue Online-Identitäten, die sich selbst verwalten. Also kommentiert im Netz schon länger eine unüberschaubare Zahl von »Menschen«, die in Wahrheit nicht mehr als Bits und Bytes sind, also rein virtuell.

Informell sind das »Sockenpuppen«. Intelligente Systeme, bei denen kein Mensch merkt, dass er mit einer Maschine kommuniziert. Die Software weiß, was sie sagen soll und lernt aus den Reaktionen der Menschen. Sie wertet Online-Profile aus und verknüpft sie sogar miteinander. Sie weiß dann alles über das Leben, die Gewohnheiten und die Ansichten jedes Menschen. Mit wem er befreundet ist, was er tut, wo er sich befindet.


Ist Russland wirklich so rückständig?

Das ist die Realität der Kriegsführung im Internet. Angewandt durch Geheimdienste. Es nennt sich die Strategie der »reflexiven Kontrolle« und geht übrigens auf eine russische Idee zurück.

Vergleichen Sie diesen automatisierten Meinungskrieg mit dem Bericht der BILD. Hier sitzt Ludmilla Sawtschuk mit Hunderten anderer Russen in einem Gebäude und kommentiert von Hand. Wie Bauern am Webstuhl. Warum soll Russland so rückständig sein, wo es doch diese Entwicklung maßgeblich mitgeprägt hat? Allein sein Geheimdienst FSB hat 250 000 Mitarbeiter, das Land besitzt nach den USA und China den drittgrößten Verteidigungshaushalt der Welt.

Auch das ist ein deutlicher Hinweis, dass die BILD nur russland-feindliche Propaganda in den Köpfen der Menschen verankern will. Arme Russen, die in einer Fabrik und mit der Pistole auf der Brust Putin-freundliche oder NATO-feindliche Kommentare schreiben müssen. Das ist in etwa das, was BILD-Leser begreifen können/sollen. Meint zumindest der Springer-Konzern. Die Wahrheit sieht natürlich anders aus. Niemand kann noch überprüfen, welche Meinung im Netz wirklich echt ist. Beide Seiten manipulieren die Öffentlichkeit. Auch der Westen unter seiner Führungsmacht USA. Natürlich auch Russland - aber Ludmilla Sawtschuk, der schöne Online-Troll aus St. Petersburg, ist offenbar nur eine mediale Inszenierung.