Vorschnelle Schlüsse zum Germanwings-Absturz: Der Weltpilotenverband Ifalpa kritisiert die Untersuchung des Flugzeugunglücks in den französischen Alpen massiv. Festgelegte Standards müssten eingehalten werden.
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Madrid/Frankfurt - Der Weltpilotenverband IFALPA hat die bisherige Untersuchung zum Germanwings-Absturz in Südfrankreich kritisiert. Die Flugunfalluntersuchung habe international festgeschriebene Standards „bisher nicht erfüllt“, heißt es in einer am Montag von der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit veröffentlichten Erklärung, die der Weltpilotenverband auf seiner Jahrestagung in Madrid vorlegte. Derweil gedachten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und seine Kollegen aus Spanien und Frankreich in Barcelona der Absturzopfer.

Steinmeier, der spanische Außenminister Manuel Garcia-Margallo und der französische Chefdiplomat Laurent Fabius legten am Montag einen Kranz am Flughafen Barcelona nieder, von wo die Unglücksmaschine gestartet war.

Der Copilot Andreas L. hatte den Germanwings-Airbus laut bisherigen Ermittlungsergebnissen am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf bewusst gegen einen Berg in den französischen Alpen gesteuert, um sich das Leben zu nehmen. Dabei starben alle 150 Menschen an Bord, darunter 75 Deutsche.


Der Weltpilotenverband IFALPA verwies darauf, dass jede Flugunfalluntersuchung nach international festgelegten Standards vorgenommen werden müsse. Die Untersuchung im Fall des Germanwings-Fluges 4U 9525 genüge diesen Standards bisher nicht.

Die Veröffentlichung von vertraulichen Informationen, medialer Druck und politische Erwägungen beschädigen jenes hart erkämpfte Umfeld, auf welches sich die Luftfahrtindustrie geeinigt hat, um Flugunfälle zu untersuchen und daraus Verbesserungen zu erarbeiten“, erklärte der Verband.

Nur das endgültige Ergebnis einer ordentlichen Flugunfalluntersuchung erlaube es, „gesicherte Schlüsse zu ziehen und geeignete Verbesserungen zu identifizieren“, hieß es weiter in der IFALPA-Stellungnahme. Zugleich äußerte sich Verband bestürzt über den „tragischen Absturz“. „Die mutmaßlichen Umstände dieses Absturzes, wie von der französischen Staatsanwaltschaft beschrieben, sind jenseits unseres Vorstellungsvermögens und würden einen extremen Einzelfall darstellen.“

Auch die Vereinigung Cockpit bekräftigte ihre Aufforderung an alle Beteiligten, sich auf „die unabhängige und faktenorientierte Flugunfalluntersuchung zu konzentrieren“. „Die über Jahrzehnte gewachsene und weltweit standardisierte Flugunfalluntersuchung dient der Erhöhung der Flugsicherheit“, unterstrich der Cockpit-Präsident Ilja Schulz. „Politische und mediale Interessen dürfen keinen Einfluss auf die professionelle Arbeit der Experten haben.“

Derweil will die Bundesregierung einem Zeitungsbericht zufolge nach dem Germanwings-Absturz ihr Vorhaben beschleunigt umsetzen, auch für Angehörige von Unfallopfern einen Anspruch auf Entschädigung gesetzlich festschreiben. „Der schreckliche Flugzeugabsturz hat den Handlungsbedarf deutlich gemacht“, sagte der SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner der Rheinischen Post (Montagsausgabe). Derzeit haben dem Bericht zufolge Angehörige von Unfallopfern nur dann Anspruch auf Entschädigung, wenn sie nachweisen können, dass der Tod ihres Verwandten auch bei ihnen schwere gesundheitliche Schäden ausgelöst hat.

dpa/afp