In Europa wachsen die militärischen Spannungen, während die Nato ihre Manöver rings um Russland vervielfacht. Der unglaubliche militärische Aufmarsch diverser Kriegsspiele soll die technologische Unterlegenheit des Bündnisses ausgleichen. Entgegen der verbreiteten Vorstellung sind die Vereinigten Staaten und die Nato in Rüstung und Waffen-Produktionskapazität Russland und China zwar quantitativ überlegen, aber nicht qualitativ.
NATO
Noble Jump heißt das Nato-Manöver, das vom 7. bis 9. April in Deutschland, Holland, Tschechien und acht anderen europäischen Staaten stattfand. Innerhalb von 48 Stunden wurden dort Tausende von Soldaten der „Eingreiftruppe Speerspitze“ mit sehr hoher Geschwindigkeit für den Einsatz mobilisiert; sie sind Teil der „Nato-Reaktionsstreitmacht“ mit 30.000 Soldaten. Die zweite Phase spielt sich vom 9. bis 20. Juni in Polen ab, wo Truppen aus Deutschland, den Niederlanden, Tschechien, Norwegen und anderen Staaten aufmarschieren werden. Damit wird Trident Juncture 2015 vorbereitet, ein Manöver, das vom 28. September bis 6. November in Italien, Spanien und Portugal mit Land-, Luft- und Seestreitkräften sowie Spezialeinheiten aller Nato-Länder ablaufen wird. Mit 25.000 Teilnehmern, wie die US Army Europa ankündigt, wird es „das größte Nato-Manöver seit dem Fall der Berliner Mauer“ sein. Es wird die Einsatzfähigkeit der „Reaktionsstreitmacht“ testen, deren Rolle - einem Nato-Sprecher zufolge - darin liegt, „auf eine Krise zu reagieren, noch ehe sie anfängt“, mit anderen Worten: den „Präventivkrieg“ zu führen.

Die Leitung des Manövers hat das JFC Naples, Hauptkommando der Nato (mit Hauptquartier in Lago Patria) unter Befehl des US-Admirals Mark E. Ferguson III., gleichzeitig Kommandeur der US-Seestreitkräfte in Europa und des Afrikanischen Kommandos (AfriCom). Wie der US-General Philip M. Breedlove - alliierter Oberbefehlshaber Europa (der Nato-Befehlshaber wird immer vom Präsidenten der Vereinigten Staaten ernannt) - erklärt, geben die Manöver „einen klaren Beleg dafür, dass unser Bündnis die Fähigkeit und den Willen hat, auftauchenden Herausforderungen an die Sicherheit unserer Süd- und Ostflanken zu begegnen“. Das bedeutet, dass es die Fähigkeit und den Willen hat, von den europäischen Basen aus weitere Kriege in Nordafrika, dem Nahen Osten (wo sich eine erneute Militärintervention in Libyen anbahnt) und in Osteuropa zu führen. An ihrer „Ostflanke“ macht die Nato, nachdem sie die Explosion der ukrainischen Krise ausgelöst hat, immer mehr Druck auf Russland.

Das größte Nato-Seemanöver der Serie Joint Warrior läuft, gegen Russland gerichtet, mit über 50 beteiligten Kriegsschiffen und 70 Jagdbombern aus 14 Ländern einschließlich einer Marinegruppe unter italienischer Führung vor der schottischen Küste (11. - 24. April). Im Schwarzen Meer, wo im März ein Nato-Manöver stattfand, an dem auch Italien teilnahm, kreuzen die US-Kriegsschiffe auf den Grenzen der russischen Hoheitsgewässer. Als ein unbewaffneter, aber für die elektronische Kriegsführung ausgerüsteter russischer Jagdbomber das Flugkörperschnellboot Donald Cook überflog, protestierte das Pentagon gegen „diese provokative russische Aktion, die die internationalen Protokolle verletzt“ [[„Was machte dem USS Donald Cook im Schwarzen Meer so Angst?“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 22. September 2014. Legal sind hingegen für Washington die US-Drohnen Global Hawk, die das Schwarze Meer und die Ukraine überfliegen. Und dass aus Vicenza ein US-Konvoi der 173sten Luftlandebrigade mit Waffen und Ausrüstung für die Operation Fearless Guardian angekommen ist: für ein sechsmonatiges Training von drei Bataillons (eindeutig mit Nazi-Ausrichtung) der ukrainischen Nationalgarde durch ungefähr 300 US-Fallschirmjäger. Zu denen sich Hunderte von Ausbildern aus Großbritannien und Kanada gesellen. Ottawa liefert auch hoch aufgelöste Bilder von seinem Satelliten Radarsat-2 an Kiew für den militärischen Gebrauch.

Und Deutschland? Während es einerseits durch Verhandlungen mit Moskau von Washington abzuweichen scheint, nimmt es andererseits an den Nato-Manövern gegen Russland unter dem Kommando der USA teil und bewaffnet gleichzeitig Litauen durch das Angebot von Panzerhaubitzen 2000, die zwölf 155-Millimeter-Geschosse in der Minute mit einer Reichweite von 30 bis 40 Kilometern abfeuern können. Dieselben Haubitzen, die von Deutschland im Nato-Krieg gegen Afghanistan eingesetzt wurden.

Übersetzung
Sabine

Quelle
Il Manifesto (Italien)