Blatters Name wurde noch nicht genannt, aber er ist noch nicht aus dem Schneider. Amerikanische Staatsanwälte erklärten, das bisherige Vorgehen sei »noch nicht das Ende. Es ist noch nicht vorbei«. FBI-Direktor James Comey ließ durchblicken, die »Arbeit wird weitergehen, bis die gesamte Korruption aufgedeckt ist, und die Welt die Botschaft verstanden hat«.

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Der Sprecher der schweizerischen Bundesanwaltschaft, André Marty, erklärte, auch »Blatter könnte vorgeladen werden. Jede Person, die an der Vergabe der Weltmeisterschaften beteiligt war, kann vernommen werden«. Hinter den jüngsten Vorgängen steckt mehr, als der erste Anschein vermuten lässt. Die USA arbeiten darauf hin, dass Russland die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2018 abgenommen wird.


Israel will, dass die palästinensische Forderung abgeschmettert wird, Israel wegen inakzeptabler Behandlung palästinensischer Spieler aus der FIFA auszuschließen.

Blatter könnte es wie Dominque Strauss-Khan vor vier Jahre ergehen. Strauss-Kahn war von November 2007 bis Mai 2011 Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Amerikaner wollten ihn loswerden, weil er gefordert hatte, die Sparauflagen, die Ländern auferlegt wurden, die Kredite vom IWF erhielten, abzumildern. Er sprach sich öffentlich dagegen aus, der normalen Bevölkerung die Lasten für die Bewältigung der Finanzkrise aufzuerlegen, die von den Bankstern und anderen Wirtschaftsgaunern verursacht worden war. Darüber hinaus galt er als aussichtsreicherer Kandidat für das Amt des französischen Staatspräsidenten als die Person, die die USA an dieser Position sehen wollten.

Also stellte man ihm eine Falle und verwickelte ihn ungerechterweise in einen Sexskandal. Nach seinem Rücktritt hievte Washington die konzernfreundliche Christine Lagarde auf den IWF-Chefposten, und der rechte Nicolas Sarkozy wurde Frankreichs Staatspräsident.

Ist die Geschichte dabei, sich jetzt zu wiederholen? Anstelle eines Sexskandals nimmt Washington nun die Korruption in der FIFA zum Anlass, seine Befugnisse massiv zu überschreiten, indem es außerhalb seiner staatlichen und rechtlichen Zuständigkeit agiert.

Die angeklagten hochrangigen FIFA-Vertreter sind weder amerikanische Staatsbürger, noch leben sie in den USA. Sepp Blatter ist Schweizer. Im Juni 1998 wurde er zum ersten Mal zum FIFA-Präsidenten gewählt. Er wurde bereits dreimal wiedergewählt. Und am 29. Mai gelang ihm seine vierte Wiederwahl.

Der konservative britische Abgeordnete Damian Collins bezeichnet Blatter als den »verabscheuungswürdigsten Menschen im Sport« und forderte, die Wahl der Gastgeberländer für die Fußballweltmeisterschaften 2018 und 2022 müssten wiederholt werden. Damit forderte er, den derzeitigen Ausrichtern Russland bzw. Katar die Ausrichtung zu entziehen.


Vor der Wahl des FIFA-Präsidenten hatte der britische Premierminister David Cameron den Rücktritt Blatters gefordert und zur Wahl von dessen Gegenkandidaten, des jordanischen Prinzen Ali bin al-Hussein aufgerufen. Hussein ist derzeit FIFA-Vizepräsident für Asien und verfügt über enge Beziehungen zum Westen.

Im Januar diesen Jahres hatte er seine Gegenkandidatur zu Blatter angekündigt. Zu den amerikanischen Korruptionsvorwürfen sagte er:
»Wir können mit der Krise innerhalb der FIFA nicht einfach so weitermachen. Diese Krise hält weiter an und ihre Bedeutung reicht weit über die heutigen Ereignisse hinaus. Die FIFA braucht eine Führung, die ... Verantwortung für ihr Handeln übernimmt und die Schuld nicht bei anderen sucht.«
Auch der Vorsitzende des europäischen Fußballverbandes UEFA, Michel Platini, forderte Blatter zum Rücktritt auf. Darüber wollte er eine Verschiebung der Wahlen am vergangenen Freitag erreichen. Der französische Außenminister Laurent Fabius unterstützte diesen Vorschlag.

»Wir können nicht so weitermachen«, meinte Platini. Sollte Blatter wiedergewählt werden, drohte er mit dem Rückzug europäischer Verbände aus der FIFA. »Die Mehrheit der in der UEFA organisierten nationalen Verbände wird für Ali stimmen«, sagte er, sollte die Wahl nicht verschoben werden.

Der Vorsitzende des britischen Fußballverbandes FA, Greg Dyke, erklärte, Blatter müsse gehen. »Entweder tritt er zurück oder er wird abgewählt oder wir finden eine dritte Möglichkeit«, fuhr er fort, »Der Schaden, den die FIFA erlitten hat ... kann nicht wieder behoben werden, solange er im Amt ist. Die UEFA muss daher versuchen, ihn mit Gewalt loszuwerden.«

Der Kreditkartenkonzern Visa kündigte an, man werde die »Partnerschaft überdenken«, sollten keine raschen Schritte unternommen werden, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Das Unternehmen ging aber nicht soweit, den Rücktritt Blatters zu fordern. Andere FIFA-Sponsoren wie Adidas und Coca-Cola forderten eine Reform der FIFA, und Hyundai Motors sowie Anheuser-Busch gaben ihre Besorgnis angesichts der Situation zum Ausdruck. McDonalds erklärte, man werde die weiteren Entwicklungen beobachten.

Es gelang den USA, Strauss-Kahn mit Hilfe erfundener Vorwürfe aus dem Amt zu jagen und statt seiner die von Washington gewünschte Person an die Spitze des IWF zu setzen. Die Korruption in der FIFA ist ein alter Hut. Droht Blatter nun ein ähnliches Schicksal, wobei diesmal ihren Geltungsbereich überschreitende, außergerichtliche FBI-Anklageerhebungen als Vorwand dienen?