Heute verbreitete AP eine kleine, aber nicht uninteressante Meldung: die Herstellerfirma der BUK-Raketen, das Almaz-Antei-Konsortium, hat auf einer Pressekonferenz erklärt, ihrer Analyse nach seien die Treffer bei MH17 durch ein älteres BUK-Modell verursacht, das in Russland nicht in Gebrauch sei, aber in der Ukraine vorhanden.
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Nach ihren Berechnungen müsste der Standort der Abschusseinheit bei der Stadt Saroschenske gelegen haben. AP fasst dann zusammen: „Die Vertreter von Almaz-Antei beschuldigten die Ukraine zwar nicht direkt, das Flugzeug abgeschossen zu haben, aber ihre Aussagen deuteten in diese Richtung.“

Ebenso interessant wie der Inhalt dieser Meldung ist allerdings, wo er wiedergegeben wurde - unter anderem in der New York Times und auf Radio Free Europe...

Und was macht die deutsche Presse? Sie beschäftigte sich heute damit, die „Bellingcat“-Geschichte über die vermeintlich gefälschten russischen Satellitenbilder breitzutreten. Wobei sie mit Vehemenz die Behauptung wiederholt, es handle sich bei Bellingcat um „unabhängige Journalisten“. Über die bellende Katze findet sich folgendes in einem Artikel auf Russia Insider:
„Higgins ist kein Einzelgänger ohne Verbindungen mit einem seltsamen Hobby. Er ist Teil des The London Project Investigation media networks, eine Partnerschaft von Hackern und Journalisten der Financial Times. Ausserdem bestehen Verbindungen zu dem weit grösseren OCCRP, dem Organized Crime and Corruption Reporting Project. Offiziell ein Forschungsprojekt, das sich mit organisiertem Verbrechen befasst, in Wirklichkeit aber ein antirussischer Informationsstützpunkt. Das OCCRP wird von Organisationen wie der Open Society des Spekulanten Soros finanziert. Ein weiterer Sponsor ist die sehr regierungsnahe US-NGO und CIA-Tarnorganisation US Aid.“
Macht ja nichts. Weiss ja keiner. Ausser - die Allgemeine Morgenpost Rundschau, die sich schon vorgestern darüber lustig machte, unter der hübschen Überschrift „Bellingcat entdeckt Putins Ausweis auf gefälschten Satellitenfotos!

Dabei gäbe es durchaus noch mehr zu berichten. Auf Colonel Cassad beispielsweise tauchte heute ein Artikel auf, der über die Lieferung ausrangierter deutscher Marder-Schützenpanzer an die Ukraine berichtet, über Bulgarien. Es wird zwar betont, die Panzer seien „demilitarisiert“, sprich die Geschütztürme seien abmontiert, aber dennoch stellt sich die Frage, was deutsche Stellen von diesem Weiterverkauf wissen und ob sie ihn womöglich billigen.

Ebenso angebracht wäre die Frage, wieviel Geld die Bundesregierung der Kiewer Junta bereits hat zukommen lassen, direkt oder indirekt. In den letzten Tagen tauchten Gerüchte auf, ukrainische Banken sollten über die KfW vorm Bankrott gerettet werden. Zugegeben, das ist noch keine wirklich seriöse Information, aber wer weiss, wie man Zahlungen unter dem Radar hält, weiss auch, dass Einrichtungen wie die KfW dabei gute Dienste leisten...

Und mit wem hat sich Steynmeyer letzte Woche in Dnjepropetrowsk unterhalten? Könnte das nicht doch der Herr Kolomoiskij gewesen sein? Soll niemand ernstlich behaupten, er hätte dorthin weiterfliegen müssen, um mit der OSZE zu plauschen oder die jüdische Gemeinde zu besuchen.

Wo wir schon bei Gerüchten sind - den Herrn Kolomoiskij betreffend erfreute uns heute das Internet mit der Meldung, er würde ernsthaft über einen Frontwechsel nachdenken. Zugegeben, die Nummer ist ziemlich wild, findet sich in einer Meldung unter der Überschrift „Volksrepublik Odessa“ und enthält einige nicht so ganz glaubwürdige Aussagen wie die, die vor Odessa liegenden Reste der einstigen ukrainischen Marine hätten sich jetzt auch von Kiew abgewandt; das hätten sie vor einem Jahr viel billiger haben können. Und es ist schwer vorstellbar, dass ausgerechnet eine Volkswehr in Odessa mit dem Mann zusammenarbeiten sollte, der das Massaker vor einem Jahr organisiert hat.

Viel zu tun eigentlich, wenn es hier noch eine Presse gäbe, die den Namen verdient hätte.


Aber wir wissen ja schon länger, dass man darin keine allzu große Hoffnung setzen sollte. Vor einem Jahr gab es ein Musterbeispiel dieser Art der Berichterstattung - als am 2. Juni der Luftangriff auf Lugansk geflogen wurde, sah der Bericht der Tagesschau dazu so aus (leider ist es jetzt ein Jahr her und damit nicht mehr per Link belegbar):
“Die Separatisten beschuldigten unterdessen die Regierungskräfte, ein besetztes Verwaltungsgebäude in Lugansk mit Raketen beschossen zu haben. Dabei seien mindestens fünf Menschen getötet worden. Die Fassade des Gebäudes ist beschädigt und Scheiben zerstört.

Die Armeeführung erklärte hingegen, man habe das Gebäude nicht beschossen. Möglicherweise sei eine Rakete der Separatisten fehlgeleitet worden und im eigenen Lager eingeschlagen.”
Die Ukies haben übrigens schon am folgenden Tag zugegeben, es seien doch ihr Flugzeug und ihre Raketen gewesen. Diese kleine Korrektur hat es allerdings nicht mehr in die Tagesschau geschafft.


Kommentar: Auch westliche Journalisten bekommen es hin zu lügen und die Fakten zu verdrehen, selbst wenn ihr eigenes Leben in Gefahr war:

Wie das wirklich aussah, vor einem Jahr in Lugansk, ist hier zu sehen (Vorsicht, die Aufnahmen sind schrecklich, definitiv ab 18):


Das war übrigens eines der letzten prägenden Ereignisse dieses Konflikts, das im Livestream zu verfolgen war. Der Streamer, der diese Aufnahmen gemacht hat, hatte vom Angriff auf eine Einheit der Grenzpolizei in Lugansk berichtet und war auf die Meldung hin, es sei etwas in der Innenstadt passiert, zurückgekehrt, und der Stream lief die ganze Zeit weiter. Hier die Aufnahme einer Lugansker Webcam vom Moment des Angriffs:


Schon damals war alles, wie wir es in der Folge immer wieder erleben durften - alle nötigen Informationen waren leicht verfügbar, aber es bestand schlicht kein Interesse daran, über die wirklichen Ereignisse zu berichten. Lieber arbeitete man an der seitdem immer wiederholten Lüge, die „Separatisten“ würden ihre Städte selbst beschiessen.


Kommentar: Es wird nicht am Interesse liegen, sondern an einem Auftrag, Russland anzuschwärzen und die Puppenregierung in Kiew gut aussehen zu lassen, jede andere Berichterstattung ist dabei fehl am Platz.


Aber zurück zur AP-Meldung von oben. Die New York Times, die man durchaus ein Leitmedium nennen kann, scheint gerade leicht auf Distanz zu Kiew zu gehen. Ganz im Gegensatz zur deutschen Konzernpresse.

Die Bundesregierung ist übrigens keinen Deut besser. Äusserst unterhaltsam ist hier die Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken zur Umsetzung des Minsker Abkommens. Ein paar kleine Beispiele:
„Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Zugänglichkeit der aufständischen Gebiete für humanitäre Hilfslieferungen jeweils über die innerukrainische sowie über die russische Grenze?

Es gibt keine innerukrainische Grenze. Nach Kenntnis der Bundesregierung erfolgen regelmäßig Hilfslieferungen innerhalb der Ukraine über die Kontaktlinie. Derzeit gewähren die Separatisten humanitären Hilfslieferungen aber nur sehr selektiven Zugang zum Konfliktgebiet.“
Um die regierungsamtliche Märchenstunde mit der Wirklichkeit zu kontrastieren - der Abgeordnete der Partei Poroschenkos Yuriy Lutsenko hat gerade erst gefordert, an der gesamten, laut Bundesregierung nicht vorhandenen innerukrainischen Grenze, so zu verfahren, wie bereits an der ebenfalls nicht vorhandenen Teilgrenze zwischen der Restukraine und der Volksrepublik Lugansk verfahren würde - keine Fahrzeuge mehr durchzulassen, sondern nur noch Fußgängerverkehr...

Hübsch ist auch diese Passage:
“Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Entwaffnung illegaler Gruppierungen auf beiden Seiten des Konflikts?

Die illegalen Gruppierungen der Separatisten sind nicht entwaffnet. Aufseiten der ukrainischen Regierung wurde nach den Erklärungen der ukrainischen Behörden die Integration in die offiziellen Streitkräfte inzwischen vollzogen.”
Ah ja. Das dürfte die Einwohner von Sachanka besonders freuen, die in letzter Zeit massiven Beschuss durch das Freikorps Asow geniessen durften. Alles legal.

Das ist auch nicht schlecht und dürfte insbesondere die Mitarbeiter des BND freuen:
“Wie viele Freiwillige und wie viel Personal internationaler privater Militärfirmen halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung in der Ukraine und in den aufständischen Gebieten auf?

Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Erkenntnisse über den Einsatz von Personal internationaler privater Militärfirmen in der Ukraine vor.”
Warum freut das den BND? Weil bereits zweimal von dort Informationen über den Einsatz ausländischer Söldner durch die Ukraine an die Presse gingen. Die diese Informationen tatsächlich gedruckt hat. Bei der Bundesregierung scheint diese Information aber weder auf dem Amtsweg noch auf dem Umweg über die Presse angekommen zu sein.

Über den Rest der Aussagen zum Minsker Abkommen kann man nur verschämt den Mantel des Schweigens breiten. Denn entweder die Bundesregierung hat kein Personal mehr, das des Lesens fähig ist, oder sie lügt vorsätzlich. Die Minsker Vereinbarungen schreiben explizit vor, ein Gesetz über die Abhaltung von Wahlen in Donezk und Lugansk müsse die Zustimmung der Vertreter der Republiken haben. Ebenso, wie die Formulierung dazu, eine Kontrolle über die Grenze zu Russland sei erst denkbar, wenn alle anderen rechtlichen Schritte, einschließlich der Verfassungsreform, in Übereinstimmung mit Donezk und Lugansk abgeschlossen sind. Wie in der an die Öffentlichkeit gerichteten Rhetorik wird auch hier die Schliessung der Grenze nach Russland als einzig wirklich relevanter Punkt des ganzen Abkommens behandelt.

Man sollte sich allerdings eins ins Gedächtnis rufen, auch wenn bei all dem Blabla von europäischen Werten simple rechtliche Positionen aus der Mode geraten sind - die Bundesregierung hat die Umsetzung dieses Abkommens garantiert. So laut und öffentlich wie möglich. Praktisch schert sie sich keinen Deut darum, weil sie viel zu beschäftigt ist, das Kiewer Regime finanziell zu stützen und überall seinen „Reformeifer“ zu loben, mit dem die Bevölkerung der Rumpfukraine ins Elend gestürzt wird.

Eigentlich ist es an der Zeit, dass einige internationale Vertragspartner der Bundesrepublik ihre rechtlichen Verpflichtungen so ernst nehmen wie die Bundesregierung die ihren. Gar nicht nämlich.

p.s.: Mittlerweile hat, bezogen auf Bellingcat, das große Zurückrudern begonnen, selbst auf Spiegel Online... Aber keine Sorge, das Lächerlichkeitsniveau ist nicht bedroht. Dafür sorgt schon das Hausverbot, das die deutsche Geistesgröße Martin Schulz dem russischen Botschafter für das EU-Parlament erteilt hat.