Nach der historischen Einigung mit dem Iran fällt der einzige Grund für den geplanten US-Raketenschild in Europa weg. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat nach den Atomverhandlungen in Wien von den USA eine Stellungnahme gefordert.

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„Alle erinnern sich daran, dass (der amerikanische) Präsident Obama im April 2009 in Prag gesagt hat, dass der Aufbau des europäischen Segments der Raketenwehr nicht mehr nötig wäre, sollte das iranische Atomproblem gelöst werden“, sagte Lawrow nach dem Gesprächsmarathon in Wien. „Darauf machen wir jetzt unsere amerikanischen Kollegen aufmerksam. Wir erwarten von ihnen Reaktion.“

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich die UN-Vetomächte und Deutschland mit Iran auf ein historisches Atomabkommen geeinigt. Demnach reduziert der Iran sein Atomprogramm. Im Gegenzug sollen die Sanktionen aufgehoben werden.

Das umstrittene iranische Atomprogramm war bislang das einzige Argument, mit dem die USA den Aufbau ihres Raketenschildes in Osteuropa begründeten. Die Vereinigten Staaten traten 2002 vom mit Russland geschlossenen Vertrag zur Begrenzung der Raketenabwehrsysteme einseitig zurück und kündigten die Aufstellung von Abfangraketen und Radaranlagen in Osteuropa an - offenbar um russische Interkontinentalraketen abfangen zu können. Formell begründete Washington diese Pläne jedoch mit dem Schutz vor dem Iran, der wegen seiner Atom- und Raketenprogramme international unter Druck stand.

Diese US-Pläne stießen bei Russland auf Widerstand, weil die USA es ablehnen, rechtsverbindlich zu garantieren, dass der entstehende Raketenschirm nicht Russlands Atomraketen zum Ziel hat. Moskau drohte als Gegenschritt in der Ostsee-Exklave Kaliningrad Kurzstreckenraketen vom Typ Iskander aufzustellen und weitere Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Die jahrelangen ergebnislosen Verhandlungen mit Russland wurden im März 2014 von den USA unter Verweis auf die Ukraine-Krise abgebrochen.