In der Syrienpolitik des Westens zeichnet sich eine Kehrtwende ab. Im Rahmen der Bekämpfung von Flüchtlingsursachen spricht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für einen Dialog mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad aus. Ein überfälliger Tabubruch, meint die deutsche Presse.

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Der Münchner Merkur wertet die neue Gesprächsbereitschaft der Bundesregierung gegenüber Syrien als Verzweiflungstat: "Wenn Angela Merkel und Thomas Oppermann in großkoalitionärer Eintracht mit Syriens Diktator 'sprechen' wollen, während Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner über eine 'Begnadigung' Wladimir Putins orakelt, dann wirft das ein Schlaglicht auf die Bedrängnis, in die Deutschland durch die Flüchtlingskrise gerät."


Kommentar: Fassen wir zusammen: "Syriens Diktator" und "Putin Begnadigung" also = Lügenpropaganda


Die Westfälische Nachrichten nennen Merkels Vorstoß einen Tabubruch ohne Alternative und zieht Parallelen zur Ukraine-Politik der Kanzlerin: "Reden mit Assad? Ein Tabu - da stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Moral. Ausgerechnet die Kanzlerin wagt nun diesen heiklen Vorstoß, den Tabubruch. Die Not der Flüchtlinge und die schiere Aussichtslosigkeit in Syrien zwingen zum Umdenken. Reden mit Assad? Ja - Dialog statt Konfrontation. Wer den Frieden sucht, kommt an der Realpolitik nicht vorbei. Merkels Initiative ist gewagt, aber nicht schändlich. Es ist exakt der Kurs, den sie schon in der Ukraine-Krise verfolgt."


Kommentar: Gut dass die Westfälische Nachrichten scharfsinnig erkennen: Man kann auch miteinander reden. Glückwunsch!


Die Nürnberger Nachrichten begrüßen die diplomatische Kehrtwende des Westens: "Am wichtigsten wäre es, den Syrern in ihrer Heimat oder auch in Lagern der Nachbarstaaten Hoffnung zu geben - dass das Morden im Land bald aufhört und etwas Stabilität zurückkehrt. Das ist für die, die unter dem Bürgerkrieg leiden, wesentlich wichtiger als die Frage, ob sie in Deutschland Sach- statt Geldleistungen bekommen. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass Europa mit Machthaber Assad, seinem Helfer Putin und Nachbarstaaten verhandeln will. Aber auch hier zählt die Tat, nicht der Plan."


Kommentar: Richtig: Es ist eine gute Nachricht...


Auch die Zeitungsgruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung befürwortet einen Dialog mit dem syrischen Machthaber, kritisiert jedoch den Zeitpunkt: "Die Kanzlerin übt sich in Kurskorrektur. Von ihrem 'Wir schaffen das' rückt die Regierungschefin zwar nicht ab. Dass sie sich nun daran machen will, die Fluchtursachen zu bekämpfen und dabei auch mit Syriens Machthaber Baschar al-Assad sowie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin reden will, ist in dieser Form allerdings neu. Die Bundesregierung schwenkt nach dem Laufenlassen der vergangenen Wochen nun offenbar in den Problemlöse-Modus um. Angesichts des bereits herrschenden Chaos ist dies eine gute Entscheidung, wenn sie auch reichlich spät kommt."


Kommentar: Reichlich spät, in der Tat...


Noch deutlicher übt die Frankfurter Rundschau Kritik an der bisherigen Syrienpolitik des Westens: "Man muss kein diplomatischer Einstein sein, um zu erkennen, dass ein Konflikt sich nur unter Einbeziehung aller an ihm Beteiligten lösen lässt - wenn man nicht die militärische Option wählt. Diese Erkenntnis ist im Westen aber leider erst in dem Maße gewachsen, wie der Einfluss der IS-Truppen in Syrien zugenommen und der militärische Erfolg der gemäßigten Assad-Opposition sich als Fiktion erwiesen hat. Nun zeigt sich, dass auch Russland nicht übergangen werden kann. Unter dem Strich erweist sich das Kapitel Syrien als eine Blamage für die westliche Strategie. Es ist tragisch, dass dieser Irrweg Zehntausende Syrer das Leben gekostet hat."


Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.