Recep Tayyip Erdogan
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Recep Tayyip Erdogan verliere seine Macht und Unterstützung im Land, die Türkei schwäche den Kampf gegen den Deash (auch „Islamischer Staat“, IS), meint der Türkei-Experte Udo Steinbach.

Der Einfluss von Erdogan und der Türkei nehme im Ausland ab: Nach den Wahlen im Juni habe der türkische Präsident die absolute Mehrheit im Parlament verloren, die EU verhandle mit ihm nur wegen der ungelösten Flüchtlingskrise.
„Erdogan ist nicht mehr der Erdogan, der er einmal war, der alles diktieren konnte“, meint der führende deutsche Islamwissenschaftler und Türkei-Experte Udo Steinbach im Gespräch mit RTL Next.
Steinbach ist davon überzeugt, dass die EU sich nur wegen des andauernden Flüchtlingszustroms so "weich" verhält, den Erdogan für drei Milliarden Euro aufzuhalten versprochen hat. Der türkische Präsident hatte nämlich vorgeschlagen, die Aufnahme von Flüchtlingen an der syrisch-türkischen Grenze zu gewährleisten. Der deutsche Experte bezweifelt jedoch, dass das Versprechen eingehalten wird. Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei werden sich in diesem Fall rapide verschlechtern, sagt er.

Steinbach glaubt, die Türkei wirke unter Erdogan „in wachsendem Maße undemokratisch“. Anstatt gegen den Daesh zu kämpfen, führt der türkische Präsident einen Krieg gegen die Kurden.


Die Türkei isoliere sich dabei auch außenpolitisch: Die Beziehungen zu Russland und den USA verschlechtern sich und welche Position das Land genau im Syrien-Konflikt einnimmt, sei auch unklar.Das führe dazu, dass Erdogan in der Türkei an Rückhalt verliert und die PKK zum Angriff übergeht, so der Türkei-Experte weiter.

Die Türkei nimmt gegenwärtig im Rahmen der von den USA geführten Koalition an den Militäreinsätzen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Syrien teil.

Die Lage in der Türkei hatte sich nach dem am 20. Juli an der Grenze zu Syrien begangenen Terroranschlag und dem Mord an Polizisten in den südöstlichen Provinzen stark zugespitzt. Die in der Türkei verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) übernahm die Verantwortung für die Gewalttaten.

Insgesamt sind in den vergangenen drei Monaten den kurdischen Kämpfern mehr als 150 Polizisten, Militärs sowie Zivilisten zum Opfer gefallen. Die türkische Luftwaffe greift seit dem 24. Juli Stellungen der PKK in den südöstlichen Provinzen des Landes und im Norden des Irak an.