Stefano K. (24) aus Bruckmühl und Patrick B. (31) aus Rosenheim saßen am Dienstagmorgen in den Unglückszügen. Sie haben überlebt. „Die Aufenthaltsdauer in Kolbermoor war diesmal kürzer als sonst“, berichtet der Rosenheimer.
Zugunglück Bad Aibling
© picture alliance / dpa
Bad Aibling - Es gibt viele Geschichten, die nach der Tragödie von Bad Aibling die Runde machen - manche haben den Konjunktiv und den Zufall als roten Faden. Sie erzählen von Menschen, die normalerweise in den Unglückszügen gesessen wären - wenn sie am Dienstag nicht das Auto genommen hätten oder krank gewesen wären.

Bei Stefano K. ist es umgekehrt. Er wäre nicht im Unglückszug gesessen, wenn er früher dran gewesen wäre. Der Maler und Lackierer fährt immer von der Haltestelle Hinrichssegen mit dem Meridian zur Arbeit nach Rosenheim, verpasst aber am Dienstag den Zug um 6.04 Uhr. So steigt er erst um 6.33 Uhr ein.

Eine Viertelstunde später plötzlich der furchtbare Knall, das Licht geht aus. „Um mich herum sind die Menschen herumgeflogen. Da war überall Blut. So viele Menschen haben geblutet“, berichtet der junge Vater eines sieben Monate alten Buben. Auch ihn selbst hat es erwischt. Stefano K. wird gegen Armlehnen, Metallstangen und Trennscheiben geschleudert, als die Züge in einander rasen.


Kommentar: Einem anderen Bericht zufolge von Stefano K. ging vorher die Notbremse, hat der Zugführer die Notrufe des Fahrdienstleiters vernommen, oder sehr gut reagiert?


„Aber ich habe einen riesigen Schutzengel gehabt“, sagt er. Der Maler ist mit einer Gehirnerschütterung, einem verstauchten Fuß, einer gebrochenen Rippe und einer ausgekugelten Schulter davongekommen. Von den Verletzungen wird sich sein Körper rasch erholen, die schrecklichen Momente und Bilder hingegen wird er nicht so schnell aus dem Kopf bekommen. Im Zug hat sich der Bruckmühler um einen 45- bis 50-jährigen Mann gekümmert, der eine klaffende Bauchwunde hatte und das Bewusstsein verlor. Später, im Krankenhaus, erfährt er: Der Mann hat es nicht geschafft, er ist eines der zehn Todesopfer.

Patrick B. aus Rosenheim ist am Dienstagmorgen in die Gegenrichtung unterwegs - wie so oft. „Ich fahre seit neun Jahren mit dem Zug auf dieser Strecke.“ Der 31-Jährige hatte auf dem eingleisigen Abschnitt zwischen Kolbermoor und Bad Aibling immer wieder einmal ein komisches Gefühl. Was ist, wenn ein Zug entgegenkommt? „Ich habe mir dieses Szenario schon ein paarmal ausgemalt - und nun ist es passiert“, sagt er im Fernsehen. Zuvor war ihm schon in Kolbermoor etwas aufgefallen: „Die Aufenthaltsdauer war dort kürzer als sonst.

Der Zug rollt los, etwa zwei Minuten später kommt es zur Katastrophe. Patrick B. übersteht sie mit ein paar Kratzern und einer Beule. Zusammen mit anderen Fahrgästen, die weitgehend unversehrt geblieben sind, kümmert er sich sofort um verletzte Passagiere. „Ich hörte überall Leute um Hilfe rufen. Wir brachten Zug insassen an den Damm, nur einen Mann mit dem gebrochenen Bein konnten wir nicht transportieren. Kurz darauf kamen die ersten Rettungskräfte.“

ls/ts/ro24