Die EU plant nach dem Scheitern von Angela Merkels Politik der offenen Grenzen offenbar eine radikale Kehrtwende: Ab 1. März sollen die Außengrenzen auch für Flüchtlinge vollständig geschlossen werden. Die Abschottung soll auch für Syrer gelten.
Merkel
© dpaBitter: Angela Merkel muss für Julia Klöckner wahlkämpfen, während die EU die Flüchtlingspolitik Merkels beerdigt.
Nach dem Scheitern von Angela Merkels Flüchtlingspolitik zieht die EU offenbar die Notbremse: Ab dem 1. März soll die Außengrenze völlig geschlossen werden. Das berichtet die serbische Tageszeitung Danas aus Belgrad. Auch der österreichische Kurier berichtet von den EU-Plänen und beruft sich auf Nachrichtenagenturen.

Die Schließung soll auch alle Flüchtlinge betreffen. Flüchtlinge aus diesen Ländern werden der Reihe nach abgewiesen: Zuerst jene aus dem Irak, dann die Afghanistan und schließlich die Flüchtlinge aus Syrien. Personaldokumente sollen intensiv geprüft werden. Zudem soll ein verstärktes Profiling der Flüchtlinge stattfinden, etwa eine Überprüfung der Dialekte, schreibt Danas. Es soll festgestellt werden, ob es sich um Kriegsflüchtlinge oder Einwanderer handelt. Außerdem soll ermittelt werden, ob sich Familienangehörige bereits in der EU befinden.


Serbien ist von der Entscheidung unmittelbar betroffen, weshalb die Meldung, die vermutlich aus serbischen Diplomatenkreisen stammt, hohe Glaubwürdigkeit hat. Die serbischen Diplomaten verhandeln nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten derzeit intensiv mit der EU über ein Ende des Flüchtlingszuzugs in die EU.

Das Konzept ist nicht neu: Schon vor einem Jahr hatte Angela Merkel geplant, dass Serbien und die anderen Balkan-Staaten die Flüchtlinge aufnehmen sollen und dafür aus EU-Steuergeldern bezahlt werden. Das Konzept scheiterte damals, weil die EU zu langsam agierte und zu wenig zahlen wollte. Angela Merkel hat in den vergangenen Wochen versucht, die Türkei zu überreden, die eigentlich den Balkan-Ländern zugedachte Rolle zu übernehmen. Doch dieser Plan ist nach der Absage des Treffens der „Koalition der Willigen“ nach einer Explosion in Ankara obsolet geworden. Daher will die EU nun auf ihren alten Plan mit den Balkan-Ländern zurückgreifen.

Ob das neue Schließungs-Konzept greifen wird, ist eine andere Frage:Denn schon heute ist der illegale Grenzübertritt auf der Balkanroute möglich und wird von vielen Personen als Möglichkeit des Fortkommens genützt. Offenbar steht die Maßnahme Österreichs, seine Südgrenzen massiv abzuriegeln, in Zusammenhang mit den Verhandlungen in Serbien. Die EU macht damit klar, dass ein Durchwinken nach Norden wie bisher nicht mehr möglich sein wird. Ungarn hat seine Grenzen bereits durch einen Zaun geschlossen.

Unklar ist, was mit Griechenland geschieht: Es ist denkbar, dass die griechische Schengen-Mitgliedschaft temporär ausgesetzt wird, unter Umständen sogar im Einvernehmen mit Athen. Dann wäre eine Abriegelung der Balkan-Route einigermaßen wirkungsvoll möglich.

Weil die EU nicht möchte, dass sie wegen der geplanten rigorosen Maßnahmen als inhuman dargestellt wird, hat EU-Präsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag Österreich kritisiert: Er bezichtigt Österreich, dass die Grenzschließung inhuman sei und beschwört mit einigem Pathos die europäischen Werte. Die Klage ist eine reine PR-Nummer: Die Grenzschließung in Österreich war die Folge der Politik von Angela Merkel, die nach außen für die „Menschlichkeit“ kämpfte. Doch Deutschland hatte klammheimlich damit begonnen, sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ nach Österreich zurückzuführen. Daher ist davon auszugehen, dass die Grenzschließung in Österreich sogar mit Deutschland abgesprochen gewesen sein konnte. Mindestens aber war sie das Ergebnis einer völlig im Chaos versinkenden EU-Politik.

Juncker musste seinen moralischen Stunt auch aus einem anderen Grund hinlegen. Slowenien hatte es sich bitter über die Schließung der österreichischen Grenze beschwert: „Slowenien ist ein Opfer Österreichs“, zitierte die slowenische Nachrichtenagentur STA am Donnerstag aus den vertraulichen Gesprächen des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk und des EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker mit Spitzenpolitikern Sloweniens, Kroatiens, Serbiens und Mazedoniens am Vorabend in Brüssel.

Junckers Kalkül: Er will die wegen des Scheiterns ihrer Flüchtlingspolitik angeschlagene Bundeskanzlerin Merkel nicht noch weiter beschädigen - Juncker braucht sie als Verbündete im Streit mit Großbritannien über neue Privilegien für London, die wiederum den Rest der EU erheblich verunsichern.