Der Deutsche Wetterdienst wagt eine drastische Prognose: Deutschland muss sich auf Extremwetter einstellen. Das erste Halbjahr 2011 brachte schon einen Vorgeschmack darauf.
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© IPCC/MPI/DKRZ

Deutschland erwärmt sich nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bis zum Jahr 2100 um weitere zwei bis vier Grad. Das hätten Klimasimulationen gezeigt, teilte der Wetterdienst in Berlin mit.


Kommentar: Modelle haben es oft an sich, nicht alle Faktoren kalkulieren zu können.
Zumal auch eine Wettervorhersage für eine Woche bereits ungenau ist, wie genau soll dann ein Modell für 50 und mehr Jahre sein?

Außerdem erwarten die Experten trockenere Sommer, nassere Winter und mehr extremen Wetterereignisse. Der Klimawandel habe auch Folgen für die Bauwirtschaft und erfordere ein Umdenken bei Stadtplanern.

Die weiteren Aussichten sind schlecht: Nach Auskunft des DWD war 2010 „kein gutes Jahr“ für den Klimaschutz. „Die Menschheit hat fast 31 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen - ein trauriger Rekord“, sagte DWD-Präsident Gerhard Adrian bei der Pressekonferenz in Berlin. Der Anteil des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Luft steige trotz aller Klimakonferenzen scheinbar unaufhaltsam.

Zugleich trage eine bessere Luftqualität zur Klimaerwärmung bei, erklärte Adrian. In den westlichen Industrieländern sei die Verschmutzung mit Staub und Ruß durch Kraftwerke, Hausbrand oder Verkehr gesunken.

„Damit reduziert sich zugleich die abkühlende Wirkung solcher Aerosole“, erläuterte der Experte. Allein dies führe zu einem Anstieg der weltweiten Jahresdurchschnittstemperatur um ein Grad.

Für die Reduzierung von Treibhausgasen gebe es in Deutschland noch erhebliche Potenziale, vor allem durch den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Wasserkraftbranche etwa könne profitieren, wenn sie sich das künftig ungleichmäßiger werdende Wasserangebot durch Speicherung nutzbar mache.

„Ab etwa 2050 wird der Klimawandel wahrscheinlich mehr Niederschläge im Winter bringen. Im Sommer könnte es trockener werden“, sagte Adrian. Bei der Solarenergiegewinnung liege Deutschland weltweit aufgrund des wechselhaften Wetters nur im Mittelfeld.

Reserven gebe es auch bei der Windenergie, vor allem bei Offshore-Anlagen in der Nordsee oder in Mittelgebirgen und im Alpenraum.

Besonders in Städten werden sich die steigenden Temperaturen ab Mitte des Jahrhunderts durch häufigere Wärmestaus bemerkbar machen. Deshalb müssten Stadtplaner stärker auf Frischluftschneisen, Grün- und Wasserflächen und eine aufgelockerte Bauweise setzen, betonte DWD-Vizepräsident Paul Becker.

Fassadenbegrünungen, mehr Bäume und eine Entsiegelung von Flächen könnten außerdem helfen. Auch einzelne Gebäude müssten besser isoliert und vor Starkregen und Stürmen geschützt werden.

Für die Bauwirtschaft habe die Wetterentwicklung aber auch Vorteile: „Unter dem Strich wird der Klimawandel die Bauwirtschaft beim Thema Schlechtwettertage aber voraussichtlich eher entlasten“, erklärte Becker.

2011 in Deutschland bislang zu warm, 2010 zu kalt

Aus den Daten des DWD geht zudem hervor, dass das Jahr 2010 in Deutschland kälter als üblich war, das erste Halbjahr 2011 hingegen zu warm. Dieses Frühjahr war mit 10,1 Grad Durchschnittstemperatur sogar das zweitwärmste je gemessene in Deutschland, nur im Jahr 2007 war es im diese Jahreszeit wärmer.

Im ersten Halbjahr 2011 registrierten die Wetter-Experten überdurchschnittliche Temperaturen in Deutschland. „Die erste Jahreshälfte fiel in Deutschland 1,5 Grad wärmer aus als es hierzulande typisch ist“, erklärte Klimaanalytiker Gerhard Müller-Westermeier in Berlin.

Alle sechs Monate seien zu warm gewesen. Das Halbjahr war das zweitsonnigste und neunttrockenste seit Beginn der Messungen 1881. Es zeige, dass der Erwärmungstrend in Deutschland wie auch weltweit ungebrochen ist.


Kommentar: Dieser Aussage widersprechen die Durchschnittstemperaturen von 2001 bis 2010, wo seit 2007 die Durchschnittstemperaturen tendenziell fallen.


Dagegen lag die Jahresmitteltemperatur 2010 in Deutschland um 0,4 Grad Celsius unter dem langjährigen Mittel von 8,2 Grad Celsius. Beim DWD habe diese Entwicklung bereits zu Fragen geführt, ob die befürchtete Klimaerwärmung überhaupt stattfindet.

„Leider können wir keine Entwarnung geben“, sagte Müller-Westermeier. „Weltweit war das Jahr 2010 sogar eines der drei wärmsten seit Mitte des 19. Jahrhunderts“, erklärte er. Deutschland mache weniger als ein Tausendstel der Erdoberfläche aus.

dpa/oc