Auf Banker prügelt jeder gern ein, also auch wir. Streng wissenschaftlich, natürlich. Zwei Studenten aus der Schweiz haben schließlich schon vor drei Jahren eine seitdem nirgendwo veröffentlichte Abschlussarbeit vorgelegt, die "Tradern" (Börsenhändler, Fondsmanagern, derlei Volk) nach Spieltheorieexperimenten bescheinigte, psychopathischer als Psychopathen zu sein: Sie treiben Gewinnmaximierung auf Kosten anderer rücksichtsloser als eine Kontrollgruppe, die zum Zwecke der Studie extra aus dem geschlossenen Hochsicherheitstrakt einer Nervenklinik rekrutiert wurde. Und machen dabei dann auch noch weniger Gewinn. Banker haben damit Werte auf der Psychopathie-Skala wie Jura-Studenten. Aber wir schweifen ab: Denn eigentlich hat ja auch der gemeine Banker irgendwann einmal einfach nur Angst, meint jetzt ein Ökonomenteam der University of Cambridge.

Die Forscher hatten zuletzt bereits herausgefunden, dass gestandene Aktienhändler auf dem Parkett der Londoner Börse tatsächlich unter Stress stehen. Man erkennt das am Kortisolspiegel im Blut: Das Stresshormon wird verstärkt ausgeschüttet, wenn es brenzlig wird [1]. Genauer: In acht Tagen notorisch unberechenbarer Kursentwicklungen sammelte sich knapp 70 Prozent mehr Kortisol im Blut der Akteure.

Jetzt wollten die Wirtschaftspsychologen um Narayanan Kandasamy herausfinden, was solche Hormonwerte über längere Sicht hinweg mit gestressten Freiwilligen machen. Sie ermittelten, dass man (Mann übrigens mehr noch als Frau) in Gewinnspielexperimenten immer risikoscheuer agiert, je länger das hormonelle Stressniveau erhöht bleibt [2]. Das, so die Forscher pessimistisch, ist schlecht: Gerade in unsicheren Zeiten wäre auch ein wenig Wagemut wichtig, um unkontrollierte Finanzcrashs zu verhindern, weil sonst die gefürchtete, sich selbst verstärkende Spirale irrationalen Pessimismus den Markt am Ende völlig abschießt.

Was also tun gegen die chronisch stressanfälligen Angsthasen? Die Forscher schließen ihre Arbeit erfrischend wirklichkeitsfern: "Risikomanager, Zentralbanker und die Wirtschaft" sollten die Studienerkenntnisse schleunigst verinnerlichen. Wir weisen darauf hin, dass der echte Realitätstest noch aussteht, weil die Ergebnisse mit ganz normalen Freiwilligen ermittelt wurden. Glaubt man der derzeitigen Studienlage, dann ticken Psychopathen oder Frauen im Handelsgeschäft ja noch einmal anders.

[1] Proc. Natl. Acad. Sci. 105(16): S. 6167-6172, 2012
[2] Proc. Natl. Acad. Sci. 10.1073/pnas.1317908111, 2013