In Paris und Madrid sind neue Ebola-Verdachtsfälle aufgetaucht: Eine Krankenschwester und ein Priester hatten offenbar Kontakt zu Infizierten. Laut WHO wird die Epidemie noch Monate anhalten. Die Behörde sieht Länder wie die Elfenbeinküste in großer Gefahr.
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Paris/Madrid/Genf - In Frankreich wird ein möglicher Ebola-Fall untersucht: Eine Krankenschwester sei mit einem "verdächtigen Fieber" von über 38 Grad ins Militärkrankenhaus Bégin in Saint-Mandé bei Paris gebracht worden, hieß es am Donnerstag aus mehreren mit dem Fall vertrauten Kreisen in Paris. Bisher wurde die Information der Zeitung Le Parisien, wonach die Krankenschwester zuvor Kontakt zu einer erkrankten Mitarbeiterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hatte, die in der Klinik Bégin bei Paris behandelt worden war, nicht bestätigt.

Sollte sich der Ebola-Verdacht erhärten, wäre dies womöglich der erste Fall einer Erkrankung in Frankreich durch eine Ansteckung im Inland. Laut Le Parisien hatte die Krankenschwester regelmäßigen Kontakt zu der MSF-Mitarbeiterin gehabt, die sich in Liberia mit Ebola angesteckt hatte.

Auch in Madrid ist offenbar eine weitere Person mit Verdacht auf Ebola ins Krankenhaus gebracht worden. Der spanische Priester habe in Liberia gearbeitet und dort Kontakt zu Ebola-Patienten gehabt, berichtet die Zeitung El Mundo. Nachdem bei ihm Fieber ausgebrochen sei, habe man den Mann zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht. Er habe für denselben religiösen Orden gearbeitet wie zwei weitere spanische Priester, die in den vergangenen Wochen aus Westafrika wegen einer Ebola-Infektion zurückgeholt worden waren und später in Madrid gestorben seien.

Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird die Ausbreitung der Ebola-Seuche noch Monate anhalten. Auch die bisher weitgehend von Ebola verschonten Länder sind nach Auffassung der WHO schlecht für Krankheitsfälle gerüstet.

Besonders Mali, Guinea-Bissau, Senegal und die Elfenbeinküste seien nicht gut vorbereitet, sagte die WHO-Direktorin für weltweite Notfälle, Isabelle Nuttall, am Donnerstag in Genf. "Diese Länder müssen wirklich besser gerüstet sein", forderte sie. Die Staaten grenzen direkt an Guinea, Liberia und Sierra Leone, wo Ebola derzeit am schlimmsten grassiert.

"Ein Fall ist immer möglich"

Die WHO-Expertin stellte klar, dass die Krankheit auch in andere Länder eingeschleppt werden könne. Allerdings müsse man unterscheiden, ob es sich um einen einzelnen infizierten Reisenden handele oder ob es in dem Land dann auch zu Ansteckungen komme: "Ein Fall ist immer möglich, aber wir wollen keine Weiterverbreitung", sagte sie.

Die Gefahr, sich bei einem Menschen im Anfangsstadium der Krankheit mit Ebola zu infizieren, ist demnach relativ gering. "Wenn ein Patient zunächst nur unter leichten Symptomen wie Kopfschmerzen und Fieber leidet, ist die Ansteckungsgefahr eher niedrig. Je länger eine Person aber krank ist, desto ansteckender wird sie", sagte Nuttall. Vor den aktuellen Entwicklungen sei es ihr besonders wichtig, dies zu betonen, um die Öffentlichkeit etwas zu beruhigen.

Die größte Ansteckungsgefahr gehe von Schwerstkranken und Toten aus. Das erkläre auch die hohe Zahl von Ebola-Infektionen bei Ärzten und medizinischem Personal, sagte Nuttall. Fast 430 Menschen sind demnach aus diesem Personenkreis mit der Krankheit infiziert, 236 von ihnen sind daran gestorben. Nuttall geht jedoch davon aus, dass bei Weitem nicht alle Fälle erfasst worden seien.

Derzeit verdoppele sich die Zahl der Fälle alle vier Wochen, noch in dieser Woche würden die Zahl der bestätigten Infektionen über 9000 und die Zahl der Toten auf mehr als 4500 steigen - auch hier rechnen Experten mit einer hohen Dunkelziffer.

Bei einem Ebola-Krisentreffen in Brüssel haben die EU-Gesundheitsminister am Donnerstag beschlossen, die Kontrollen an den Flughäfen Sierra Leone, Guinea und Liberia auf den Prüfstand zu stellen - und gegebenenfalls zu verschärfen. Ein flächendeckendeckendes Screening innerhalb der EU ist nach Auffassung vieler Experten kaum effektiv und für Länder ohne Direktflüge in das Ebola-Gebiet nicht sinnvoll.

Ein Schwachpunkt der Kontrollen auf Ebola: Menschen, die sich mit Ebola infiziert, aber noch keine Symptome entwickelt haben, können durch Temperaturmessungen nicht entdeckt werden. Auch Fragebögen nach einem möglichen Kontakt zu Ebola-Kranken sind nicht sicher. Zudem können Kontrollen auch zu falschen Verdachtsfällen führen. Hilfe vor Ort sei "die beste Chance", das Ansteckungsrisiko in Europa so gering wie möglich zu halten, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Auch Thomas Frieden, Direktor der US-Seuchenschutzbehörde Centers for Disease Control (CDC) sagte am Donnerstag bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus: "Um die Vereinigten Staaten zu schützen, müssen wir es am Ursprungsort stoppen." Sollte sich der Erreger weiter ausbreiten, "könnte er für lange Zeit eine Bedrohung für unser Gesundheitssystem werden".

Bisher lehnen es die US-Regierung sowie die meisten Seuchenexperten ab, Flüge aus und nach Westafrika grundsätzlich zu verbieten - aus verschiedenen Gründen:
  • Möglichkeiten für Hilfsmaßnahmen und Reisen von Hilfsarbeitern würden dadurch eingeschränkt.
  • Reisende aus Westafrika könnten Umwege über die Nachbarländer nehmen - und so das Ebolavirus auch innerhalb des afrikanischen Kontinents weiter verbreiten. Das würde die Eindämmung der Epidemie weiter erschweren.
  • Reisende, die nur zu Besuch in Westafrika sind, darf es nicht verboten werden, wieder in ihre Heimatländer zurückzukehren.
cib/AFP/dpa