Angela Merkel lebt politisch vom Image der Sachlichkeit und Unverstelltheit. Aber mit ihrem Lavieren in der Geheimdienst-Affäre zwischen dem Bundesnachrichtendienst und dem US-Geheimdienst NSA könnte die deutsche Kanzlerin ihr Kapital verspielen, wie die „Frankfurter Rundschau“ schreibt.

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„Die Neugier der USA hat einen Riss an der Fassade hinterlassen, und dieser Riss ist mehr als eine kleine Schramme. Er geht tief“, heißt es in einem von Daniela Vates verfassten Leitartikel.

Die von der Süddeutschen Zeitung und den Fernsehsendern WDR und ND vorgenommenen Recherchen haben ergeben, dass die US-Regierung im Jahr 2013 keine klare Zustimmung zum Abschluss eines No-Spy-Abkommens gegeben hatte, obwohl Merkels Berater das Gegenteil behauptete.

Als der Skandal um den Bundesnachrichtendienst an die Öffentlichkeit gerückt war, musste die Kanzlerin heftige Kritik von Medien einstecken. Vates schreibt dazu: „Die Frage ist, wie genau es Angela Merkel mit der Wahrheit genommen hat in der NSA-Affäre, ob sie gelogen hat oder ihre engsten Mitarbeiter hat lügen lassen.“

„Es sind schwere Vorwürfe, bei der Bundeskanzlerin wiegen sie doppelt“, so die Journalistin. Denn es gehe nicht um politische Entscheidungen, die richtig oder falsch sein könnten, sondern um Wahrhaftigkeit.

Nun aber müsse Merkel beteuern: „Die Regierung handelt nach bestem Wissen und Gewissen.“ „Eine Selbstverständlichkeit ist das eigentlich, aber der unschuldige Augenaufschlag auf der Regierungsbank ist so groß, dass man gerne nachsehen würde, ob da hinter dem Rücken die Finger gekreuzt werden, so wie es Kinder machen, wenn ein Schwur keiner sein soll“, schreibt Vates.

Der Rheinischen Post zufolge könnten die Handlungen der Kanzlerin vor dem Hintergrund des NSA-Abhör-Skandals als Eidbruch gegen ihr eigenes Volk bewertet werden. Laut dem Magazin Spiegel ist Angela Merkel „nicht nur die mächtigste, sondern auch die am wenigsten naive Frau der Welt“. Sie „musste als politisch maximal erfahren gelten... Es ist ausgeschlossen, dass derart wesentliche Informationen wie die wiederholte Ablehnung eines No-Spy-Abkommens durch viele verschiedene amerikanische Stellen nicht an Merkels Ohr gelangten oder sie diese gar aus Naivität fehlinterpretierte“, heißt es.