Mainstream-Guide RT Deutsch: Teil 1
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Die Medienlandschaft in Deutschland gilt unter vielen Beobachtern immer noch als objektiv und unabhängig. Doch ein analytischer Blick auf die großen deutschen Medien legt deren Interessenverstrickungen und Abhängigkeiten offen. In einer fünfteiligen Serie bringt RT Deutsch nun Licht ins Dunkel. Der erste Teil der Serie beschäftigt sich mit den Axel Springer-Publikationen BILD und Bild.de. Zahlreiche Querverweise, weiterführende Links und Videos ermöglichen ein vertiefendes Studium der Materie.


Kommentar: Die weiteren Teile der Serie: Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5.


Teil 1: BILD / Bild.de

Besitzer: Axel Springer SE

Sitz: Berlin, Lokalredaktionen in zahlreichen deutschen Städten

Politische Ausrichtung: BILD ist das führende Boulevard-Blatt in Deutschland und lanciert immer wieder politische Kampagnen. Auch gibt es enge Kontakte zur politischen und wirtschaftlichen Elite. So gilt die Mehrheitseignerin des Verlages, Friede Springer, als persönliche Freundin von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zudem verfolgt das Blatt einen streng transatlantischen und israelfreundlichen Kurs. In den Verlagsgrundsätzen werden alle Mitarbeiter des Axel Springer-Verlages der Unterstützung der "Lebensrechte des israelischen Volkes" und der "Unterstützung des transatlantischen Bündnisses mit den Vereinigten Staaten von Amerika" verpflichtet.


Kommentar: Das macht sie zu Mittätern an den imperialistischen Kriegen der USA und dem Völkermord Israels an den Palästinensern.


Schlüsselfiguren: Kai Diekmann (EiC BILD bis Ende 2015), Mathias Döpfner (CEO Axel Springer), Julian Reichelt (EiC Bild.de), Friede Springer (Mehrheitseignerin)

Wissenswertes: BILD gilt in Deutschland als einflussreichstes Print-Erzeugnis und hat eine tägliche Auflage von rund 2,1 Millionen Exemplaren. Hinzu kommt BILD am Sonntag mit einer Auflage von einer Million Exemplaren und das Berliner Lokal-Boulevardblatt B.Z.

BILD ist bekannt für direkte politische Einflussnahme bis hin zu Einmischung in Personalfragen der politischen Führungsriege. Immer wieder lanciert das Blatt Kampagnen, in denen gesellschaftliche Stimmungen aufgegriffen und in die gewünschte Richtung gelenkt werden. Meist hat dies eine hetzerische Komponente. So etwa gegen "Pleite-Griechen", gegen unliebsame Politiker wie den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Ausländer, Migranten, Flüchtlinge, Russland oder das sowjetische Ehrenmal in Berlin-Tiergarten.


Kommentar: Eigentlich müssten BILD und BILD.de wegen Volksverhetzung angeklagt werden.


Der bisherige BILD-Chefredakteur Kai Diekmann nimmt dabei eine besonders exponierte Stellung ein und heizt die Stimmung über die sozialen Medien (vor allem Twitter) gezielt an. Dies führt auch zu großen Widerständen. So scheiterte im September 2015 die Kampagne "Wir helfen", bei der BILD, nach Meinung vieler Kritiker, die Vereine der Fußball-Bundesliga unter dem Deckmantel einer Hilfsaktion für Flüchtlinge für kostenlose Eigenwerbung instrumentalisieren wollte. Zehn Vereine weigerten sich schließlich bei der Aktion teilzunehmen, die mehrheitlich als Heuchelei aufgefasst wurde.

Kai Diekmann ist, wie viele Mitarbeiter des Axel Springer-Verlages, Mitglied der Atlantik-Brücke, eine Lobbyorganisation, die sich in Medien und Politik hinter den Kulissen mittels eines eng geflochtenen Netzes für die Durchsetzung transatlantischer Interessen einsetzt.


Eine nicht weniger präsente Rolle spielt Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt, der das Online-Geschäft des Blattes leitet und immer wieder als Verteidiger der Überwachungsaktivitäten der NSA auftritt:


Für große Empörung sorgte Reichelts Aussage Edward Snowden spiele mit seinen Veröffentlichungen der NSA-Spähaktivitäten dem internationalen Terrorismus in die Hände.

Auf Twitter nannte Reichelt Snowden gar einen "Helden des globalen Terrorismus". Wie zudem aufgedeckt werden konnte, griff Reichelt bei seinen Attacken auf Snowden offenkundig auf vorformulierte NSA-Versatzstücke zurück:

Der Axel Springer-Verlag, Herausgeber der BILD, produziert auch weitere Tageszeitungen wie etwa Die Welt und B.Z. und ist im TV-Bereich eng mit der ProSiebenSat.1 Media SE verflochten, für deren Hauptsender der hauseigene Kanal N24 die Nachrichteninhalte produziert.

Herausgeber der konservativ-proatlantischen Axel Springer-Tageszeitung Die Welt ist seit 2014 Stefan Aust, der früher Chefredakteur des Spiegels und Miteigentümer von N24 war.

Ein Blick auf die frühen Jahre des Gründers des Medien-Imperiums fördert Interessantes zu Tage: Obwohl die damalige Ehefrau Axel Springers nach den Nürnberger Rassengesetzen im Dritten Reich als "Halbjüdin" galt, betätigte sich Springer seit 1934 als Redakteur und Ressortleiter für die im Zuge der Nazi-Propaganda gleichgeschalteten und tendenziell antisemitischen Altonaer Nachrichten, welches sein Vater gegründet hatte.

Unter der Ressortverantwortung des jungen Axel Springers erschienen Titel wie "Erhabenste Aufgabe: Erhaltung des Blutes" in denen fabuliert wurde, dass es "von allen Aufgaben, die uns gestellt sind, die erhabenste und damit für den Menschen heiligste die Erhaltung der von Gott gegebenen blutgebundenen Art" sei.

Dass Axel Springer es stets verstand mit dem Zeitgeist zu gehen, zeigt sein Werdegang nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur. Im Jahr 1948 erhielt Springer von den alliierten Besatzungsmächten die Lizenz zur Herausgabe des Hamburger Abendblattes, worauf sich Springers Medienimperium gründen sollte. Anders als zu Zeiten des Nationalsozialismus fiel das neue Springer-Blatt nun nicht mehr durch Hetze gegen Juden auf, vielmehr begann der Verleger nun, sich offensiv für die Interessen Israels einzusetzen. Die Forschung ist sich uneins darüber, ob ein schlechtes Gewissen oder Opportunismus die Triebfeder für den plötzlichen Wechsel seiner Position war.

Axel Springers fünfte und letzte Ehefrau, Friede Springer, wurde 1985 zur Haupterbin der Unternehmensanteile und gilt, genau wie Bertelsmann-Erbin Liz Mohn, als persönliche Freundin von Kanzlerin Angela Merkel. In dem Beitrag "Das Triumfeminat - Angela Merkel, Friede Springer, Liz Mohn" schreibt Wolfgang Lieb:
"Sie sind eng miteinander befreundet. Man spricht sogar von regelmäßigen gemeinsamen Kaffeekränzchen im Kanzleramt."
Im Jahr 2014 erwirtschaftete der Axel-Springer-Konzern einen Umsatz von 3,038 Milliarden Euro und einen Gewinn von 235,7 Millionen Euro.

Kontroversen: BILD wird eine Mitschuld am Attentat auf den politischen Aktivisten Rudi Dutschke im Jahre 1968 gegeben. Der Studentenführer wurde von dem Hilfsarbeiter und BILD-Leser Joseph Bachmann angeschossen, nachdem das Blatt eine monatelange Hetzkampagne gegen Dutschke lanciert hatte.

In den späten 1970er Jahren schlich sich der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff undercover in die Redaktion der BILD und legte deren reißerischen Arbeitsmethoden offen, bei denen keine Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte oder journalistische Standards genommen wird. Darüber veröffentlichte Wallraff mehrere Bücher, u.a. "Der Aufmacher".

Im April 2015 kam es abermals zu einer Boykott- und Protestwelle gegen BILD, als das Blatt nach dem Absturz des Germanwings-Flugzes 9525 in den französischen Alpen ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte den Co-Piloten und dessen Familie an die Öffentlichkeit gezogen hatte. Zahlreiche Händler weigerten sich daraufhin weiter die BILD zu verkaufen. Einige wurden deshalb von Pressezulieferern unter Druck gesetzt.


BILD arbeitete sich schon des Öfteren an RT International und RT Deutsch ab, mit dem Ziel das Newsangebot als "Putin-Propaganda" zu diffamieren.

Im Dezember 2015 verlor Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt gegenüber RT die Fassung und ließ sich zu einem öffentlichen Angriff in Folge einer Presseanfrage seitens RT hinreißen. RT-Reporterin Anissa Naouai hat die Posse in einem Video aufgearbeitet:



Weiterführende Literaturtipps:

- Uwe Krüger: Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-­Journalisten - eine kritische Netzwerkanalyse

- Albrecht Müller: Meinungsmache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen