Wäre es vorstellbar, dass das Bundesland Bayern sich in Berlin zukünftig von Baden-Württemberg vertreten ließe? Dass also in der schwäbischen Vertretung die Interessen Bayerns wahrgenommen würden. Nicht als Ausnahmeregelung, sondern permanent? Wäre es vorstellbar, dass Porsche sich zukünftig die Autohäuser mit Smart teilt? Wo immer ein Porsche-Verkaufsraum zu finden wäre, müsste dann auch Platz für das Präsentieren von Smart-Fahrzeugen geschaffen werden. Käme bei der Sparkasse ernsthaft jemand auf die Idee, zukünftig die eigenen Filialen mit je einem weiteren Schalter der Hypovereinsbank auszurüsten?
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© Pascal Terjan; CC BY-SA 2.0Fassade des Auswärtigen Amtes in Berlin
Zugegeben, diese Szenarien sind derart absurd, derart an den Haaren herbeigezogen, dass man sich spontan die Frage stellt, ob sich der Autor beim Mischungsverhältnis Wodka-Redbull womöglich vertan hat. Im ganzen Satz: Keines der oben beschriebenen Szenarien wäre vorstellbar. Obwohl es sich bei allen erdachten Konstellationen um Firmen aus der BRD handelt. Man mag sich. Ja. Mann respektiert einander. Ja. Wirbt um dieselben Kunden, auch ja. Aber man ist autark. Das muss man sein, denn man wäre sonst in jedem Fall befangen.

Aktuell ist die Bundesregierung kollektiv in Israel. Staatsbesuch mit 13 Ministern. Wann war die Bundesregierung zuletzt mit 13 Ministern bei unserem wichtigsten Exportpartner, den USA? Nicht solange wir uns erinnern können. Aber gut. Offiziell geht es bei dem Besuch in Jerusalem vor allem um die „Siedlungspolitik“ der Israelis. Zu der kann man stehen wie man will, fest steht, sie ist alles andere als Beihilfe zum Frieden. Israel hält seit über 40 Jahren als Besatzungsmacht große Teile palästinensischen Landes okkupiert. Gaza ist ein Open-Air-Lager mit Wohnmöglichkeiten. Mangel ist das einzige, was es in den besetzen Gebieten reichlich gibt. Solange das so bleibt, solange permanent Bulldozer rollen und neue Wohnungen hochziehen, wo vorher Palästinenser lebten, wird das nichts mit der friedlichen Co-Existenz zwischen Israelis und Palästinensern.

Darum soll es uns hier und jetzt aber gar nicht gehen. Wir können diese Politik nicht mehr ernst nehmen, obgleich wir denken, die Politik des Tatsachen Schaffens verstanden zu haben. Was uns wirklich in eine Form des Erstaunens, die an Wachkoma grenzt, versetzt hat, war eine Ankündigung, was die BRD in Israel ganz nebenbei auch noch eintüten möchte. Ein sogenanntes Konsularabkommen.

Weiß jemand spontan, was das ist? Nun, die Bundesrepublik Deutschland, also ein fast autonomer Staat, wenn wir mal von der NSA-Leine der USA absehen, die BRD unter Angela Merkel hat ernsthaft vor, zukünftig ein Land im Nahen Osten am Ende des Mittelmeeres - Israel - weltweit in all jenen Ländern diplomatisch zu vertreten, in denen Israel selbst sich eine eigene Botschaft nicht leisten will. Das ist kein Scherz. Das ist ernst gemeint. Deutschland unter Merkel hat vor, sich in deutschen Botschaften neben deutschen Interessen auch um die israelischer Bürger und damit Israels Interessen zu kümmern. Wie muss man sich das vorstellen? Wird es eigene Zimmer geben? Eine eigene Infrastruktur? Wird man sich Telefon, Fax und Server teilen? Was, wenn Israelis, die die deutsche Botschaft betreten, kein Deutsch sprechen, oder nur schlecht Englisch? Wird es Beamte geben, die des Hebräischen mächtig sind?

Wird es noch wirtschaftliche Geheimnisse geben? Oder teilt man jetzt alles? Werden deutsche Botschaften als Treffpunkte für israelische „Geschäftsleute“ dienen? Müssen neue israelische Sicherheitsstandards eingehalten werden? Muss zukünftig jeder deutsche Botschafts-Beamte erst durch den Mossad das GO bekommen, bevor er eine Kombi-Botschaft betreten darf? Sind Deutsche mit arabischen, türkischen oder iranischen Wurzeln in Kombi-Botschaften nicht ein Sicherheitsrisiko? Wird man sie versetzen, auf Wunsch aus Jerusalem? Wird man in Kombi-Botschaften einen gemeinsamen deutsch-israelischen Google-Kalender nutzen? Damit neben der NSA auch Israel immer weiß, wann der deutsche Botschafter außer Haus ist, da er sich gerade mit dem Staatschef des Landes X trifft?

Weniger blumig gefragt: Was um alles in der Welt geht hier eigentlich vor?

Wie kann die BRD gegenüber einem Land neutral agieren, zum Beispiel wenn es um deren außen- und innenpolitisches Gebaren geht, wenn man parallel dessen Interessen wahrnimmt. Aber eben nur in den Staaten, in denen Israel keine eigene Botschaft betreibt. Die Welt zählt offiziell 193 Staaten; +1, wenn Palästina offiziell wird. Dort wird Israel bestimmt auch keine Botschaft besitzen. Wird die BRD das dann übernehmen? Oder eben nicht, da es einen Staat Palästina nie geben wird? Fragen in Gaza oder dem Westjordanland an die Nachbarn in Steinwurfnähe? Jerusalem! Na dann gehen sie in die deutsche Botschaft Herr Abbas.

Wie viele der 193 Staaten sind von der BRD diplomatisch für den Zwergstaat abzudecken, und werden hierfür deutsche Steuergelder eingesetzt? Fakt ist: Israel meidet Länder, die als arabisch gelten. Das sind eine Menge. Ist die BRD verantwortlich, wenn Israel sich in Land X mangelhaft vertreten fühlt? Wäre es vorstellbar, dass die BRD auch noch andere Länder konsularisch vertritt? Togo? Oman? Costa Rica? Wen vertritt die Frau aus dem Osten, Mutti Merkel, eigentlich wirklich, wenn sie sich in ein Flugzeug des Bundes setzt, um zu Auslands-Diplomatie-Terminen zu jetten? Was sich hier vor unseren Augen abspielt, gehört doch wohl eher vor einen Untersuchungsausschuss.

Deutschland kann kein anderes Land außer sich selber im Ausland vertreten. Es sei denn, die BRD möchte sich um jeden Preis unglaubwürdig machen. Man stelle sich vor, der Iran würde die BRD umso eine Konsularhilfe ersuchen. Wir alle würden uns an den Kopf fassen. Aber noch bevor die Hand oben angekommen wäre, hätte ein schrilles Klingeln die Beamten in Berlin aus dem Halbschlaf gerissen. Washington und Jerusalem wären am Apparat, würden nachfragen, ob man noch alle Tassen im Schrank hätte. Zurecht!

Im Falle Israels aber scheint das völlig normal. Zukünftig übernimmt die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Aufgaben für das Heilige Land. Aber eben nur in den Ländern, in denen Jerusalem es bisher nicht für nötig hielt, eine eigene Botschaft zu betreiben. Warum eigentlich nicht? Kein Interesse? Keine Zeit? Oder wollte man das Geld lieber sparen, um es zuhause in neue illegale Siedlungen zu investieren?

Wenn Deutschland sich auf dieses Konsularabkommen einlässt und es unterschreibt, was schon so gut wie fest steht, nimmt es außenpolitisch schweren Schaden. Nicht nur im Rest des Nahen Ostens, sprich bei den arabischen Nachbarn. Auch im Rest der Welt. Dann weiß wirklich jeder Depp, dass dieses Land als Richter in Streitfragen, in die Israel involviert ist, nicht taugt. Da nützt es nichts, zu behaupten, es ginge nur darum, dass sich israelische Bürger im Ausland im Falle eines Falles an die Deutsche Botschaft wenden könnten, um hier eine Dienstleitung in Anspruch zu nehmen.

Warum geht der israelische Bürger nicht in eine US-Botschaft? Davon gibt es weltweit deutlich mehr, und jeder kennt die Bande USA-Israel. Was, wenn der israelische Bürger, der eine Kombi-Botschaft betritt, ein Araber ist? Aber mit israelischem Pass. Wird man seinen Besuch dann dem Mossad und der CIA melden? Könnte sich Edward Snowden in eine deutsche Botschaft zum Beispiel in Indonesien flüchten und sicher sein, nicht in die USA ausgeliefert zu werden, wenn er sich zuvor einen Israelischen Pass organisiert hätte? Irres Gedankenspiel, geben wir zu.