Die in ihren Büros in Washington herausgeputzten Neokonservativen beglückwünschen sich gegenseitig zu ihrem Erfolg, Europa mithilfe der Terroranschläge auf die Redaktion von Charlie Hebdo wieder hinsichtlich der Außenpolitik Washingtons »vereinigt« und auf Linie gebracht zu haben. Niemand in Frankreich befürwortet mehr öffentlich die Position der Palästinenser gegen Washington und Israel. Auch die Sympathie in Europa für die Palästinenser nimmt ebenso wenig zu, wie der europäische Widerstand gegen neue Kriege in der Region des Nahen und Mittleren Ostens. Und auch der französische Staatspräsident verzichtet darauf, weiter ein Ende der Sanktionen gegen Russland zu fordern.

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Aber ist den Neokonservativen auch klar, dass sie die Europäer mithilfe rechtsgerichteter und einwanderungskritischer politischer Parteien hinter sich vereinigt haben? Die Welle der Solidarität und Unterstützung für die Karikaturisten von Charlie Hebdo wird von Marine Le Pens Front National, der britischen Partei UK Independence Party (UKIP) unter Nigel Farage und der deutschen Bürgerbewegung PEGIDA getragen, die sich über ganz Europa verbreiten. Diese Parteien oder Bewegung werden von einer einwanderungskritischen Stimmung gestärkt, die bewusst herbeigeführt wurde, um die Europäer wieder mit Washington und Israel auf eine Linie zu bringen.

Wieder einmal haben die arroganten und anmaßenden Neokonservativen einen schweren Fehler begangen. Diese durch die Anschläge auf Charlie Hebdo gestärkten einwanderungsfeindlichen Parteien könnten die europäische Politik grundlegend verändern und den Untergang des Empires Washington herbeiführen. (Lesen Sie dazu auch mein Interview mit der Internetseite King World News, in dem ich meine Einschätzung dieses Momentums, das die Spielregeln grundlegend ändern könnte, darlege.)

Die Berichte der britischen Tageszeitung Daily Mail und der Internetseite Zero Hedge, nach denen Russland seine Erdgaslieferungen an sechs europäische Länder eingestellt habe, müssen falsch sein. Die Quellen sind in der Regel glaubwürdig und gut informiert, aber eine derartige Liefereinstellung würde umgehend politische und finanzielle Turbulenzen auslösen, auf die es bisher keinerlei Hinweise gibt. Wenn es sich nicht um eine bewusste Unterdrückung dieser Meldung handelt, wurde das russische Vorgehen missverstanden.

Andererseits wissen wir, dass etwas Schwerwiegendes geschehen sein muss, denn sonst hätte der EU-Kommissar für die Energieunion Maroš Šefčovič nicht seiner ernsten Besorgnis Ausdruck verliehen. Auch wenn ich über keine bestätigten Informationen verfüge, glaube ich doch, den wirklichen Hintergrund zu kennen. Russland ist es satt, dass die Ukraine Erdgas, das eigentlich für andere Länder in Europa bestimmt ist und nur über die Ukraine geliefert wird, für sich selbst abzweigt, also stiehlt. Und so beschloss Russland, [etwa ab 2018] das Erdgas über die Türkei zu liefern und so die Ukraine zu umgehen.

Der russische Energieminister hat diese Entscheidung bestätigt und hinzugefügt, wenn die europäischen Länder ihr Erdgas weiterhin geliefert bekommen wollen, müssten sie die erforderliche Infrastruktur wie Pipelines [ab der türkisch-griechischen Grenze bis 2018] selbst bauen. Es besteht mit anderen Worten in der Zukunft die Gefahr eines Lieferstopps, aber nicht jetzt.

Diese beiden Ereignisse - Charlie Hebdo und die russische Entscheidung, die Erdgaslieferungen nach Europa über die Ukraine in Zukunft aufzugeben, sollten uns daran erinnern, dass die Gefahr sogenannter »Schwarzer Schwäne« und unbeabsichtigter Konsequenzen von Regierungsentscheidungen, die zu den als »Schwarze Schwäne« bezeichneten Ereignissen führen können, immer gegeben ist. Nicht einmal die amerikanische »Supermacht« ist davor gefeit.

Es gibt zahlreiche Indizienbeweise dafür, dass die CIA und französische Geheimdienste für den Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo verantwortlich sind, da die Morde von zwei Brüdern ausgeführt wurden, von denen einer bequemerweise seinen Ausweis in dem angeblichen Fluchtauto »verlor«. Die französische Polizei stellte sicher, dass die Brüder getötet wurden, bevor sie aussagen konnten, sodass wir nun niemals erfahren werden, was sie selbst über den Anschlag zu sagen hatten.

Die einzigen Beweise für die Schuld der beiden Brüder sind die Behauptungen der Sicherheitskräfte. Jedes Mal, wenn ich derartige Behauptungen von Regierungen ohne entsprechende wirkliche Beweise höre, erinnere ich mich an die »Massenvernichtungswaffen« Saddam Husseins, den »Einsatz von Chemiewaffen« durch den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und das iranische »Atomwaffenprogramm«. Wenn ein amerikanischer nationaler Sicherheitsberater ohne jegliche faktische Grundlage »Atompilze über amerikanischen Städten« herbeifantasieren kann, ist es auch möglich, Cherif und Said Kouachi zu Mördern zu stempeln. Schließlich sind sie tot und können sich nicht mehr wehren.

Wenn es sich bei diesem Anschlag um einen Anschlag unter falscher Flagge handelte, und das werden wir mit einiger Sicherheit nie mehr erfahren, wurde damit die Absicht Washingtons, Europa wieder »an die Leine zu nehmen«, erreicht. Aber dieser Erfolg wird einige ungewollte Folgen haben. Eine dieser unbeabsichtigten Konsequenzen besteht darin, dass es die führenden Vertreter dieser Parteien stärken dürfte, wenn man Europa unter dem Banner einer einwanderungskritischen Politik sieht, wie sie von diesen Parteien am rechten äußeren Rand vertreten wird.

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Wenn diese Annahme stimmt, werden Marine Le Pen und Nigel Farage in Zukunft damit rechnen müssen, dass ihr Leben und/oder ihr Ansehen gefährdet sind, weil Washington um jeden Preis die Machtübernahme von Regierungen in Europa verhindern will, die sich nicht den politischen Vorgaben Washingtons unterwerfen.

Die Beunruhigung, die die russische Entscheidung auslöste, die Erdgaslieferungen nach Europa zu verlegen, ist ein weiterer Beweis dafür, dass Russland noch einige Asse im Ärmel hat, die es ausspielen kann, um den politischen und finanziellen Strukturen der westlichen Welt massiv zu schaden.

Daher denken sich die russischen und die chinesischen Regierungen: Warum sollten wir uns zu Provokationen hinreißen lassen und den Narren im Westen ›eins aufs Maul‹ geben? Vielleicht setzen sie dann ihre Atomwaffen ein, und dann wäre die ganze Erde dem Untergang geweiht. Wir sollten daher einfach unseren Weg gehen, während sie versuchen, uns mit ihren Provokationen davon abzuhalten.

Wir können dankbar sein, dass Wladimir Putin und die Führer der chinesischen Regierung im Gegensatz zu den westlichen Führern sowohl intelligent sind, als auch sich menschlich verhalten.

Man stelle sich nur einmal die entsetzlichen Folgen für den Westen vor, sollte sich Putin als Folge der zahlreichen Affronts sowohl gegenüber Russland, als auch gegenüber seiner eigenen Person genötigt sehen, zu reagieren. Putin kann die NATO und das gesamte westliche Finanzsystem jederzeit in die Knie zwingen. Dazu müsste er lediglich erleutern, da die NATO Russland den Wirtschaftskrieg erklärt habe, werde Russland keine Energie mehr an NATO-Mitgliedsländer liefern. Das NATO-Bündnis würde in sich zusammenbrechen, da Europa ohne russische Energielieferungen nicht überleben kann. Das Empire Washingtons stünde vor dem Aus.

Putin hat erkannt, dass die anmaßenden Neokonservativen Atomwaffen einsetzen müssten, um ihr Gesicht zu wahren. Anders als im Falle Putins steht ihr Ego auf dem Spiel. Daher bewahrte Putin die Welt vor einem Atomkrieg, indem er auf Provokationen verzichtete.

Stellen Sie sich nun einmal vor, die Chinesen verlören ihre Geduld mit Washington. Um der »einzigartigen, unverzichtbaren, einzigen Supermacht« ihre tatsächliche Impotenz vor Augen zu führen, müsste China nur mit einem Schlag ihre umfangreichen, in Dollar ausgewiesenen Finanzvermögenswerte auf den Markt werfen, so wie die Goldbanken der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) riesige Mengen an ungedeckten Goldkontrakten auf den Terminmärkten platzierten.

Um einen Finanz-Zusammenbruch der USA zu verhindern, müsste die Fed gigantische Mengen frischer Dollars bereitstellen, um die von den Chinesen abgestoßenen Papiere zu kaufen. Da die Fed diese chinesischen Papiere kaufen würde, um die amerikanischen Finanzmärkte zu stützen, würden die Chinesen keine Verluste machen. Aber der nächste Schritt wäre entscheidend. Nun würde die chinesische Regierung ihre umfangreichen Dollardevisenreserven, die sie durch den Verkauf ihrer in Dollar ausgewiesenen Finanzinstrumente erhalten hatte, abstoßen.

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Für diese riesige Menge an Dollars, mit denen China die Devisenmärkte praktisch überfluten würde, gäbe es keine Abnehmer. Der Wert des Dollars würde infolgedessen massiv einbrechen. Washington wäre nicht mehr in der Lage, seine Schulden und laufenden Ausgaben durch weitere Liquiditätsschöpfung bezahlen zu können. Die Amerikaner, die aufgrund der Auslagerung der Arbeitsplätze ins Ausland vom Import abhängig sind, müssten sich auf deutliche Preiserhöhungen gefasst machen, die ihren Lebensstandard deutlich absinken ließen. Die USA stünden vor einer Phase wirtschaftlicher, sozialer und politischer Instabilität.

Die Amerikaner wären gut beraten, einmal ihre Gehirnwäsche zu überwinden und ihre Abwehrhaltung sowie ihre patriotische Unterstützung des Regimes in Washington abzulegen und sich einmal selbst die Frage zu stellen: Wie kann es dazu kommen, dass die Regierung der USA, dieser vermeintlichen Supermacht, sich ihrer tatsächlichen Verwundbarkeit und Anfälligkeit so wenig bewusst ist, dass Washington zwei wirkliche Mächte solange provoziert, bis diese endgültig genug haben und aufs Ganze gehen?

Die amerikanische Bevölkerung muss erkennen, dass die USA nur in einer Hinsicht »außergewöhnlich« sind - in ihrer Ignoranz gegenüber der eigenen Bevölkerung und in ihrer Dummheit.

Welches andere Land würde zulassen, dass eine Handvoll Wall-Street-Gauner seine Wirtschafts- und Außenpolitik bestimmt, die Zentralbank und das Finanzministerium dominiert und die Interessen der eigenen Bürger der Profitgier des einen Prozents der Superreichen unterordnet?

Eine derartig sorglose Bevölkerung ist der Gnade Russlands und Chinas auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Am 15. Januar kam es zu einem »Schwarzer-Schwan«-Ereignis, das noch einige andere völlig unerwartete Geschehnisse nach sich ziehen könnte: Die Schweizerische Nationalbank in Bern beschloss, die Anbindung des Schweizer Franken an den Euro und den US-Dollar mit sofortiger Wirkung aufzukündigen.

Drei Jahre der Flucht von Euros und Dollars in den Schweizer Franken hatten den Wechselkurs des Franken so hoch getrieben, dass dies die Existenz der schweizerischen Exportindustrie gefährdete. Die Schweiz erklärte daher damals, einem weiteren Zustrom fremder Währungen in den Schweizer Franken mit der Schöpfung neuer Franken zu begegnen, um den Wechselkurs nicht weiter steigen zu lassen. Die Schweiz stützte den Franken.

Gestern nun hob die Schweiz diese Anbindung, d.h. das Festhalten an einem Mindestkurs, auf. Sofort stieg der Wert des Franken. Die Aktienkurse schweizerischer Exportunternehmen sanken, und einige Hedgefonds, die aufs falsche Pferd gesetzt hatten, mussten schwere Verluste hinnehmen.

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Warum hob die Schweiz diese Anbindung auf? Dieser Schritt war keineswegs schmerzfrei. Die Nationalbank und die schweizerische Exportindustrie mussten substanzielle Einbußen hinnehmen.

Die Antwort liegt in dem Gutachten des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH), nach dem es der Europäischen Zentralbank (EZB) gestattet sei, zum Mittel einer lockeren Geldpolitik - der berüchtigten »Quantitativen Lockerung« (Quantitative Easing«, QE) zu greifen und praktisch unbegrenzte Euro-Liquidität zu schöpfen, um die Fehler der Privatbanken auszubügeln. Nach diesem Gutachten musste die Schweiz massive Fluchtbewegung des Kapitals aus dem Euro in den Franken befürchten, und die Schweizerische Nationalbank war nicht bereit, weiter neue Liquidität in Franken bereitzustellen, um den Wechselkurs zu stützen. Nach Ansicht der Bank bestand die Gefahr, dass die Geldmenge durch die Bereitstellung der Liquidität förmlich explodieren und das gesamte Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz übersteigen würde.

Diese »lockere Geldpolitik« unbegrenzter Liquidität seitens der USA, Japans und nun anscheinend auch der EU zwang andere Länder dazu, ihre eigenen Währungen abzuwerten, um einen Anstieg ihres Wechselkurses zu verhindern, was ihre Exportfähigkeit einschränken und damit auch die Beschaffung von Devisen erschweren würde, mit denen sie ihre Importe bezahlten. Auf diese Weise zwang Washington die ganze Welt dazu, Geld zu drucken.

Die Schweiz hat dieses System nun verlassen. Werden andere Länder folgen oder wird sich die restliche Welt dem Kurs der russischen und der chinesischen Regierung anschließen, ein neues Währungssystem aufzubauen und dem korrupten und unverbesserlichen Westen ein für alle Mal den Rücken zu kehren?

Das Ausmaß der Verdorbenheit und der Manipulation, die die amerikanische Wirtschafts- und Außenpolitik gegenwärtig prägt, war in früheren Zeiten undenkbar, als die Sowjetunion dem Vormachtstreben Washingtons Einhalt gebot. Dieses Streben nach einer hegemonialen Stellung hat Washington zur verkommensten Regierung weltweit werden lassen.

Die Folge dieser Verderbtheit ist der Untergang.
»Führung geht in ein Empire über. Ein Empire ruft Anmaßung hervor. Anmaßung führt zum Untergang«,
schreibt William Carlos Williams in seinem fünfbändigen Gedicht Paterson. Der Untergang ist Amerikas Zukunft.
'The course of empire', von Thomas Cole
© Unbekannt'The course of empire', von Thomas Cole