Sagen Sie Hallo zum Einheits-Journalismus: Bild, Spiegel und andere verschenken ihre Artikel jetzt direkt auf dem sozialen Netzwerk Facebook. Es gibt nicht mal mehr einen Link zum Urheber. Geld erhalten die Journalisten auch keins. Sie machen damit ihre eigenen Onlineangebote überflüssig. Verlieren werden aber wir alle - und nicht nur unsere Daten, denn Facebook zensiert seine Inhalte streng. Wir bekommen den gefilterten Journalismus, in dem nur noch das US-amerikanische Weltbild Platz hat.

Bild
Es ist ein Angebot, das sie nicht ablehnen werden. Mega-Datenkrake Facebook ködert die weltweit wichtigsten Verlage und Fernsehsender mit der großen Bequemlichkeit. Warum sollen Spiegel, Bild, Guardian, BBC, NBC, und New York Times noch eigene teure Webseiten unterhalten? Die ganze Welt ist doch eh schon bei Facebook, während die kriselnden journalistischen Verlage den Anschluss an das Online-Zeitalter verpasst haben.

Wäre es nicht leichter, wenn die Presse endlich vor der digitalen Großindustrie das Knie beugt, sich zu Boden wirft und bei Facebook unterkriecht? Die Journalisten landen dann dort, wo der Leser schon ist.


In der Rundum-Versorgung. Einfach und bequem liefern sie ihre Inhalte beim US-Konzern ab, der vom größten Datensammler auch noch zum globalen Monopol-Verlag wird. Bequemer wird es auch für den Leser. Er muss nicht mehr zwischen zig verschiedenen Webseiten pendeln und wo er ist, sind jetzt auch alle - von Facebook zensierten - Inhalte.

Zuckerberg schlägt Google beim Kampf und die neue Meinungsmacht

Mark Zuckerberg überholt mit diesem Coup auch seinen Konkurrenten Google. Von dort kam bereits ein 150-Millionen-Dollar-Geschenk an die Verlage - sozusagen ein kleiner Stimmungsaufheller.

Die Besucherströme auf die Journalismus-Webseiten steuert der Suchmaschinen-Gigant bereits jetzt. Google bestimmt über seine Nachrichtensuche Google News, ob die Suchenden auf Bild.de oder bei Spiegel Online landen - oder ganz woanders.

Facebook hat das Wettrennen aber offenbar gewonnen, wer den Journalismus gleich ganz schlucken darf und schadet damit auch noch seinem großen Konkurrenten Google. Seine Nachrichtensuche wird bald überflüssig sein. Gerade laufen die Tests zur schönen neuen Nachrichtenwelt auf der mobilen Facebook-iPhone-App: »Instant Articles« (Android wird folgen). Neben den angelsächsischen sind auch die deutschen Leitmedien Spiegel und Bild begeistert mit dabei - und verkaufen neben ihrer Seele die Meinungsvielfalt und -freiheit eines ganzen Landes gleich mit.

Was gewinnen die Journalisten beim Selbstmord auf Raten?

Warum? Für die Journalisten wird es bitter, wenn alles nur noch über Facebook läuft. Sie bekommen kein Geld für ihre Artikel, es gibt nicht einmal einen Link zum Urheber. Die Leser müssen also gar nicht mehr auf Bild.de oder bei Spiegel Online vorbeischauen. Über kurz oder lang stirbt mit diesen Seiten der eigene Markenauftritt im Netz. Die Journalisten werden noch abhängiger, denn außerhalb des Facebook-Universums gibt es für sie nichts mehr.

Für die Schreiber gerät das also zum Selbstmord auf Raten. Was reizt aber ihre Verlage am Pakt mit dem Datenhändler Zuckerberg? Zunächst einmal bleibt keine Alternative. Bisher verdienen sie mit Journalismus im Netz kaum Geld. Ihre Bezahlschranken haben keine Chance gegen die Gratiskultur im Netz. Das soziale Netzwerk öffnet ihnen jetzt die größte Schatztruhe des Online-Zeitalters. Bezahlt wird durch die Hintertür mit unseren Daten, auf die dann auch die Verlage und Sender zugreifen dürfen: 1,44 Milliarden Facebook-User. Was wir lieben, hassen, was uns interessiert und was nicht - kurzum ein genauer Blick in die Köpfe der Massen.

Zuckerbergs unmoralisches Angebot an die deutschen Leitmedien

Aber nicht nur unsere Profile sind der Lohn, auch die Aufmerksamkeit wird gigantisch. Facebook erreicht allein in Deutschland täglich 19 Millionen User. So viele Menschen kann Springer mit seinem Krawall-Boulevard nicht einmal annähernd einfangen. Auch nicht über seine berüchtigte Seite Bild.de - immerhin das größte deutsche Onlineangebot für Journalismus. Mit seinen Bild-Artikeln auf Facebook hat Springer dann das größtmögliche Publikum und darf dort eigene Werbung schalten und dafür kassieren.

Der Netzwerk-Konzern hat Bild und Spiegel aus genau diesem Grund zuerst geködert: Sie sind die Leitmedien in Deutschland, auch im Netz führt kein Weg an diesem Duo vorbei. Sie sind in punkto Reichweite die uneinholbaren Massenmedien. Alle anderen werden ihnen auf Facebook folgen oder untergehen - und dort muss sich der Journalismus den Regeln der Facebook-Welt anpassen, wenn er ihre Aufmerksamkeit will.

Springer und Facebook drücken den Gefällt-mir-Knopf

Facebook und Springer drücken gemeinsam auf den Gefällt-mir-Knopf. Man kann schon fast von einer Liebesheirat sprechen: Beide setzen ganz auf die Masse. Zwischen belangloser Spaßkultur oder schnellen Skandalen, Gut oder Böse, Liken oder Nicht-Liken. Was die Menschen nicht auf den ersten Blick begreifen, wird es nicht mehr geben. Am Ende bleibt ein immer gleicher Einheitsbrei, der alle satt machen soll, aber keinem schmeckt. Ein kaputt-optimierter Journalismus. Billig hergestellt, leicht gelesen und noch leichter wieder vergessen - bis es den Usern im sozialen Netzwerk beim zehnten steppenden Pudel in Rio zu blöd wird.

Was ist aber, wenn die bequeme Masse nie mehr über den Horizont dieser kleinen Welt hinausblicken will? Nur noch nimmt, was ihnen Facebook gibt? Dann werden auch die letzten Verlage in Zuckerbergs bequeme Welt abwandern, ihre Webseiten schließen und die eigene Seele verkaufen.

Der Journalismus auf Facebook wird gleich doppelt zensiert

Ein Gewissen wäre in diesem Alptraum auch fehl am Platz, denn Facebook ist vor allem ein Feind der Wirklichkeit. Journalismus wird dort gleich doppelt zensiert. Zunächst zensiert sich die Presse schon lange freiwillig. Sie hält sich selbst als Geisel, gefangen zwischen Geld, Macht und Politik. Journalisten schreiben, was ihre informellen Netzwerke lesen wollen. Verlage kassieren Geld von Unternehmen für positive Berichterstattung. Politiker sitzen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern und herrschen dort über Personal und Programm. Ein besonders drastischer Fall ist der Axel-Springer-Konzern. Dort hat man die transatlantische Linientreue zu den USA gleich zum Unternehmensgrundsatz gemacht.


Facebook zensiert diesen selbstzensierten Journalismus dann noch einmal - mit der Weltanschauung eines intransparenten US-Konzerns, der unter deutschen Datenschützern schon jetzt Magenkrämpfe verursacht. Die Meinungsfreiheit hört im sozialen Netzwerk dort auf, wo das Geschäft beginnt. Was »unangemessen« ist, entscheidet Facebook im Wesentlichen allein. Kein User bekommt die blockierten Inhalte dann noch zu sehen. Nach den Anschlägen auf das französische Charlie-Hebdo gab es auf einmal keine Mohammed-Karikaturen mehr. Zensiert wird auch nur der kleinste Hauch von Nacktheit - etwa das Foto einer stillenden Mutter. Brutale Köpf-Videos von Terroristen dürfen bei Facebook aber weiterverbreitet werden.

Was nicht in das Facebook-Weltbild passt, wird gelöscht

Radio- und TV-Moderator Jürgen Domian schrieb 2013 auf Facebook seine Meinung über Martin Lohmann, den Chefredakteur des katholischen Fernsehsenders K-TV. Der behauptete im Talk bei Günther Jauch, dass eine Frau selbst dann nicht abtreiben darf, wenn ihr Vergewaltiger sie geschwängert hat. Domians Kritik dazu wurde im sozialen Netzwerk zusammen mit unzähligen Kommentaren gelöscht. Nach dem historischen Sieben-zu-eins gegen Brasilien entschärfte das Netzwerk sogar deutsche Berichte zum WM-Spiel, die ihm allzu überschwänglich waren. Vom »Tag des offenen Tores« sollte das Facebook-Ausland - vor allem Brasilien - nichts lesen.

Zynisch ist aber nicht nur diese neopuritanische US-Moral, die der Netzwerk-Konzern in die ganze Welt exportiert. Das tun auch Apple, Amazon und Google. Dort wird der Nutzer genauso ausgeschnüffelt, seine Daten werden zu Geld gemacht. Wir verbringen 40 Prozent unserer Online-Zeit bei diesen vier US-Konzernen. Allerdings durchleuchtet kein Konkurrent die Menschen so komplett wie Facebook. Von seinem Europa-Sitz in Irland zeigt es unseren Datenschützern die lange Nase. Der kleine Inselstaat blockt alles ab und lässt sich das fürstlich bezahlen.

Zuckerberg und die Geheimdienste - beim Schnüffeln vereint

Doch das bleibt alles nur eine weitere Randnotiz in der großen Facebook-Zensur. Zuckerbergs Datenkrake gebührt nicht die Krone der digitalen Schnüffelei. Auf dem Thron sitzt allein die NSA - ein US-Geheimdienst, dem Facebook Zugriff auf all unsere Daten gewährt. Das soziale Netzwerk ist aber nicht nur komplett unterwandert, es macht sich selbst zum Werkzeug globaler Manipulation. Ein williger Gehilfe, auf den die US-Regierung zugreifen kann: Alle Konversationen der Nutzer werden überwacht und automatisch nach bestimmten Schlüsselbegriffen durchsucht. Das Recht, in Ruhe gelassen zu werden, oder auf den Schutz unserer Meinung wurde im digitalen Überwachungsstaat Facebook abgeschafft. Mitgelesen wird immer.

Besonders eifrig tut das der britische Geheimdienst GCHQ, der mit seinem Spionageprogramm Tempora sogar noch das US-amerikanische Programm Prism übertreffen soll. Man begnügt sich dort aber nicht mehr mit der »verdachtsunabhängigen« Totalüberwachung. Die britischen Schnüffler berauschen sich am eigenen Größenwahn: »Wir sind dabei das Internet zu beherrschen.« Auf sozialen Netzwerken wie Facebook lenken sie bereits die öffentliche Meinung - durch automatische Bot-Programme. Die erzeugen falsche Online-Identitäten, schreiben Kommentare, horchen echte Menschen aus oder streuen falsche Informationen.

Journalismus bei Facebook - wie auf einer Sterbestation

In diese unterwanderte, gesteuerte, gefälschte und zensierte Facebook-Welt entsorgen die deutschen Leitmedien nun ihren Journalismus, den sie mit ihrer Selbstzensur schon fast selbstgemeuchelt haben. Als ob man einen Patienten im Endstadium der Blutarmut noch einmal kräftig zur Ader lässt.

Mit dem letzten Rest, der da abgezapft wird, stirbt aber noch mehr: Wo sollen dann unsere Meinungsfreiheit und -vielfalt weiterleben? Gewiss nicht auf Facebook.

Das soziale Netzwerk ist der letzte Platz auf Erden, an dem ernsthafter Journalismus etwas zu suchen hat: Facebook betrachtet seine 1,44 Milliarden Nutzer nicht als Menschen mit eigenen Rechten. Sie sind dort eher Versuchskaninchen. Sie wissen weder, dass sie gerade bei einem von Zuckerbergs heimlichen Psycho-Experimenten mitmachen, noch können sie ablehnen.

Zuckerbergs heimliche Psycho-Experimente

2012 manipulierte der Netzwerk-Konzern für 689 003 Facebook-Nutzer den sogenannten Newsfeed. Das ist die Startseite mit den wichtigsten Neuigkeiten: Was tun Bekannte, was hält die Welt für wichtig, was wollen andere mit uns teilen? Die eine Hälfte von Zuckerbergs Versuchskaninchen bekam nur noch überwiegend positive Einträge zu sehen, die andere Hälfte negative. Über 300 000 Menschen wurden also bewusst in schlechte Laune versetzt, für den Rest schien die Sonne. Das soziale Netzwerk wollte testen, wie es die Stimmung der Menschen beeinflusst, spielte mit den Emotionen und verfälschte einfach die Wirklichkeit. Die Versuchskaninchen erfuhren 2014 davon - also zwei Jahre später und erst, als Wissenschaftler die Ergebnisse dieses Experimentes veröffentlichten.

Wer auf seine Freiheit und seine Rechte verzichten will, ist in der bequemen Facebook-Welt herzlich willkommen. Wo niemand weiß, ob er gerade Teil eines Psycho-Experimentes ist. Pausenlos überwacht, durchleuchtet und analysiert. An einem solchen Ort stört die Wirklichkeit nur. Gott sei Dank wird uns Mark Zuckerberg aber die Facebook-Brille aufsetzen, durch die wir nur noch das sehen, was dem US-Konzern mit NSA-Hintertür gefällt. Kritisches Denken und andere Meinungen werden verschwinden, sobald die Datenkrake Facebook auch der Monopol-Verleger von Informationen und Meinungen ist. Wer sich nicht anpassen will, kann ja draußen bleiben. Dumm nur, wenn dann schon die ganze Welt bei Facebook ist und manipuliert wird.

Noch ist Zeit, um aus diesem Albtraum zu erwachen.