In der EU überschlagen sich die Ereignisse hinsichtlich der Geldsystemkrise, die sich derzeit vor allem in Ländern der Peripherie und im Speziellen in Griechenland manifestiert. Nach gescheiterten Verhandlungen über neue Kreditlinien und der Ankündigung der griechischen Regierung, ein Referendum über die Umsetzung der sogenannten „Reformen“ abzuhalten, stehen die Zeichen auf Crash und Konfrontation.


Für den heutigen Montag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Fraktions- und Parteichefs der im Bundestag vertretenen Parteien ins Kanzleramt geladen.


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Einst Symbol für Demokratie: Das antike Griechenland
Wie zunächst die Nachrichtenagentur Reuters meldete, Stimmen aus der Partei Die Linke dann bestätigten und gestern auch Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter offiziell verlautbaren ließ, werden alle Fraktions- und Parteivorsitzenden der im Bundestag vertretenen Kräfte heute im Kanzleramt in Sachen Griechenland „unterrichtet“. Die Wortwahl klingt nicht nach einem offenen Dialog. Eher scheint es um die Verkündung bereits getroffener Entscheidungen zu gehen, wofür die Parlamentsabgeordneten noch auf Linie gebürstet werden sollen. Gut möglich, dass die Merkel-Regierung das Absegnen weitreichender Entscheidungen von der Legislative erwartet.


Zuvor spitzte sich die Lage auf einem am Wochenende stattgefundenen Treffen der EU-Finanzminister zu, wo mit Griechenland keine Einigung über neue Kreditverträge erreicht werden konnte. Die Gründe des Streits sind dabei vor allem ideologischer Natur. Wie alle anderen Währungen der Welt, so operiert auch der Euro mit einem auf Giralgeldschöpfung basierenden Schuldgeld-System, das gar nicht dauerhaft funktionieren kann. Vermögensstände auf der einen, und Schuldenstände auf der anderen Seite, steigen durch Zinseffekte und multiple Buchgeldschöpfung exponentiell. Der Hang zur im Zeitverlauf zunehmenden Instabilität ist im System immanent verankert. Ebenso systemimmanent ist die Tatsache, dass diese Instabilitäten zunächst bei peripheren Akteuren oder Staaten mit geringerer Wirtschaftskraft, ineffizienterem Steuersystem oder höheren Ausgaben auftreten. All diese Faktoren sind aber nie die Ursachen von Schuldenkrisen, sondern entscheiden lediglich über das Maß an zeitlicher Verzögerung hinsichtlich der Eskalation eben dieser.

Nun steht seit Jahren Griechenland im besonderen Fokus bei derartigen Finanzangelegenheiten. Über Jahre hinweg wurde das südeuropäische Land geschröpft und geplündert. Mit umfangreichen Austeritätsprogrammen, gefordert von IWF, EU und EZB (Troika) sowie den hinter diesen Institutionen stehenden Kräften, wurde das Gesundheitssystem, das Bildungssystem, die Sozialsysteme und letztendlich die ganze Gesellschaft gezielt zerlegt - medial begleitet von Hetze und Verleumdung im großen Stil. Auch durch deutsche Medien.


Im Januar dieses Jahres hatte die Mehrheit der Griechen schließlich genug von dieser Entwicklung und wählte eine neue Regierung unter der Führung des Linksbündnisses Syriza mit Alexis Tsipras als Ministerpräsidenten.

Seit dem wird ein ideologischer Kampf gegen Griechenland ausgetragen, vor allem von Seiten der Institutionen der EU. Wie die Professorin der Politikwissenschaft und frühere Bundespräsidentschaftskandidaten Gesine Schwan nun in einem Interview mit der Berliner Zeitung verlautbaren ließ, hatten die europäischen Finanzminister um Wolfgang Schäuble „von Anfang an die Absicht, Syriza an die Wand fahren zu lassen“.

Schwan vermutet, es gehe den Spitzen der EU dabei um eine Art Abschreckung in Richtung Portugal und Spanien, wo sich ebenfalls emanzipatorische politische Kräfte anschicken, die Politik dieser Staaten zu verändern und sich aus den neoliberalen Fesseln der EU, des IWF und der EZB zu befreien.


Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat unterdessen ein Referendum zu der Frage angekündigt, ob sich sein Land weiter mit den von internationalen Geldgebern geforderten „Reformen“ auspressen lassen will. In der Regel verbirgt sich hinter diesem Begriff das Einstampfen des Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystems, die Entlassung oder radikale Lohnkürzung von staatlich Beschäftigten und die Privatisierung von Staatsvermögen zugunsten international tätiger Hedgefonds oder Magnate. Kaum überraschend, dass Tsipras seinen Bürgern empfiehlt im Referendum gegen weitere solche Schritte zu stimmen.

Für die Entscheider in EU, IWF und EZB und in den europäischen Hauptstädten gilt diese Ankündigung direkt-demokratischer Maßnahmen als Affront. Als vor vier Jahren der damalige griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou ein ähnliches Referendum ankündigte, führte dies zu dessen rascher Entfernung aus dem Amt.

Auch jetzt sind wieder umfangreiche Angriffe seitens der EU-Granden in Richtung der griechischen Regierung zu beobachten. Neben massiven medialen Attacken seitens der Springer-Presse und fast allen anderen etablierten Medien, scheinen Griechenlands Gläubiger gewillt zu sein, das Land ins finanzielle Chaos zu stürzen. Schnell, so hofft man wohl, könnte dies auch zu politischem Chaos führen, mit der Folge, dass dann wieder Kräfte in Athen das Sagen haben, die den Eliten in Brüssel, Athen, Paris und London wohlgesonnen sind.

Mit dem Bild, dass die EU und die mit ihr verbundenen Institutionen in Werbekampagnen und Sonntagsreden von sich zeichnen, hat diese Form der skrupellosen Machtpolitik auf Kosten der griechischen Bevölkerung wenig zu tun.