Es reicht wohl nicht, dass die EU-Politik das griechische Volk offensichtlich mit allen Mitteln zur Wahl einer neuen (rechten?) Regierung zwingen will - nun wird Griechenland auch noch zu einem großen Freiluftgefängnis für syrische Flüchtlinge umfunktioniert.

Flüchtlinge
© ReutersSymbolbild
Die Regelung mit der begrenzten Geldausgabe an den Geldautomaten wird schon fast zur Gewohnheit, vor einigen Banken steht Security, aber das stört niemanden. Man könnte eigentlich sagen, dass die meisten Griechen die Situation gelassen hinnehmen und entgegen aller Propaganda-Nachrichten würde ich behaupten, das Kostas Normalverbraucher genau weiß, wozu er sich am Sonntag entscheiden wird, insbesondere die jungen Menschen.

Immer wieder kommt es zu Gerüchten, heute hörte ich, Alexis Tsipras hätte letztendlich doch unterschrieben - was niemand glaubte, denn man hat schon vieles gehört seit Montag. Allerdings beginnen manche, insbesondere ältere Griechen, mit Hamsterkäufen, weil sie befürchten, dass durch die geschlossenen Banken die Supermärkte schon bald nicht mehr mit Lebensmitteln beliefert werden könnten.

Die meisten Gespräche ergaben, dass man sich von der EU-Politik "über den Tisch gezogen" fühlt, viele Wähler Alexis Tsipras´ befürchten, er könne im letzten Augenblick noch weich werden und nachgeben, wirkliche Angst scheinen die meisten nicht mehr zu haben.

Leider aber haben wir nicht nur dieses eine Problem, die Situation an der Grenze zur FYROM ist nach dem nächtlichen Regen unbeschreiblich. Von Privatleuten (weil die Gemeinden kein Geld mehr haben), wurden bereits Kleidung und Schuhe nach Eidomeni gebracht, damit sich die völlig durchnässten Flüchtlinge, die den nicht enden wollenden Wolkenbruch fast ausnahmslos im Freien über sich haben ergehen lassen müssen, umziehen können. Manche Kleinkinder und Babys haben bereits Husten, nachts war die Temperatur weit unter 20 Grad gefallen. Nervenzusammenbrüche sind jetzt an der Tagesordnung, ebenso wie der sich ständig widerholende Versuch der Menschen, mit den Soldaten und Polizisten an der Grenze ins Gespräch zu kommen und sie zu bitten, wenigstens für 5 Minuten wegzusehen. Die Reaktionen sind sehr interessant: Zunächst heben die Soldaten leicht ihre Gewehre, um sie dann wieder zu senken und den bettelnden Flüchtlingen zuzuhören. Ihre Gesichter sind fast unbewegt, aber manchmal kann man einen Schatten von Traurigkeit erkennen - der Mensch scheint durchzudrücken.

Dennoch ändert sich natürlich nichts, denn hier geht es um Politik.

Die Umstände bei den Campierenden sind jetzt wirklich nicht mehr zu beschreiben. Durch den Regen ist der Müll aufgeweicht, es stinkt unerträglich nach allem Möglichen, man kann sich nicht sehr lange dort aufhalten.

Flüchtlinge hinterlassen Müll (Griechenland)
© Maritta Gudrun EfthimiadisZugleich Müllhalde und Toilette
 Flüchtlinge hinterlassen Müll (Griechenland)
© Maritta Gudrun Efthimiadis
Flüchtlinge hinterlassen Müll (Griechenland)
© Maritta Gudrun EfthimiadisMangels Holz versuchten die Flüchtlinge in der Nacht, mit ihrem Müll ein Feuer zu entfachen, da die Temperatur nach dem Regen extrem gefallen war.
Heute kam ein Wagen der UNICEF der FYROM, die Männer stiegen aus, sahen sich um, standen unschlüssig herum, stiegen ein und fuhren wieder ab. Die "Ärzte ohne Grenzen" Griechenlands verfügen weder über ausreichend Personal, noch haben sie ausreichend Medikamente - es reicht nicht für die Griechen, wie sollte es dann noch für die Flüchtlinge ausreichen.

Durch die Hitze am Tag, die häufigen Wolkenbrüche und die nächtliche Kälte hat sich eine feucht-warme Atmosphäre entwickelt, im gesamten Gebiet wimmelt es von Fliegen, Mücken und anderen Insekten, deren Stiche insbesondere bei manchen Kindern und Säuglingen Hautreaktionen auslösen. Kein Wunder, denn der Müll sowie die "Toiletten im Freien", und nicht zuletzt die Ausdünstungen der Menschen selbst, die sich seit vielen Tagen nur noch notdürftig waschen können, ziehen die Insekten an - eine nicht ungefährliche Situation. Wie lange wird es noch dauern, bis die ersten Krankheiten ausbrechen?

Flüchtlinge (Griechenland) Juli 2015
© Maritta Gudrun EfthimiadisNotdürftige Hygiene unter der einzigen Wasserleitung
Die politischen Entscheidungen der Europäischen Union sind - skandalös - unmenschlich - verantwortunglos - inakzeptabel, um es einmal sehr vorsichtig auszudrücken. Sollte es bei uns hier auf Grund dieser Politik von Troika und den anderen Entscheidungsträgern auch noch zu Seuchen kommen, dann ist das Maß endgültig voll.

Ich frage hier alle diejenigen Politiker, die die Griechenland betreffenden Entscheidungen unterstützen, welche Rechtfertigungen sie zu benutzen gedenken, falls sich die humanitäre Katastrophe ausweiten sollte, falls die Situation hier eskalieren und nicht mehr kontrollierbar werden sollte. Ich bin ein NIEMAND, das weiß ich - ich habe keinen großen Namen wie alle diejenigen, die ich bereits per Mail um Aufmerksamkeit für die Situation in Nordgriechenland gebeten hatte, zumeist ohne die geringste Reaktion. Dennoch werde ich weiterhin alles tun, damit das Verbreitung findet, was nicht berichtet und unter den Teppich gekehrt zu werden scheint. Damit jeder weiß, dass es der Politik der EU in keinem Falle um VÖLKER, um MENSCHEN gehen kann, sondern nur um Profit und Macht. Heute sind es die Syrier, morgen vielleicht schon wir - es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte.

Flüchtlinge (Griechenland) Juli 2015
© Maritta Gudrun EfthimiadisSie hoffen, dass Soldaten und Polizei der FYROM sie doch noch durchlassen
Flüchtlinge (Griechenland) Juli 2015
© Maritta Gudrun Efthimiadis
Flüchtlinge (Griechenland) Juli 2015
© Maritta Gudrun EfthimiadisErst seit heute Früh an der Grenze ...
Flüchtlinge (Griechenland) Juli 2015
© Maritta Gudrun Efthimiadis... bereits seit vier Tagen hier.