Wenn wir tatsächlich dabei sind, in eine weltweite deflationäre Finanzkrise abzustürzen, wäre mit einem massiven Preisverfall bei Rohstoffen zu rechnen. So geschah es etwa vor dem massiven Zusammenbruch des Aktienmarktes 2008. Und genau einen solchen Preisverfall erleben wir gegenwärtig. Am gestrigen Donnerstag schloss der Bloomberg Commodity Index, ein auf etwa 20 verschiedenen Futures basierender Rohstoffindex, auf dem niedrigsten Stand seit 16 Jahren.

Nicht einmal auf dem Tiefpunkt der letzten Rezession war er so tief gesunken
US dollar collapse
© Unbekannt
. In den vergangenen zwölf Monaten ist dieser Index um mehr als 28 Prozent eingebrochen. Seit Mitte 2011 hat er sogar über die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Als Folge dieses atemberaubenden Preisverfalls geraten sehr große Bergbauunternehmen wie etwa Anglo American in existenzbedrohliche Schwierigkeiten. Und auch riesige Rohstoffhändler wie etwa Glencore und Trafigura geraten in schweres Fahrwasser. Großen Teilen des Weltfinanzsystems droht praktisch der völlige Zusammenbruch.

In den vergangenen Tagen habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass wir es heute in zahlreichen Aspekten wieder mit genau den gleichen Ereignismustern zu tun haben, die wir kurz vor dem großen Zusammenbruch des Aktienmarktes des Jahres 2008 beobachten konnten. Dazu gehört auch der massive Rohstoffpreisverfall, den wir gegenwärtig erleben. Selbst CNN verwies auf die Parallelen zu den Ereignissen von vor sieben Jahren:
»Als Rohstoffe wie etwa Kupfer und Erdöl zum letzten Mal so billig waren, kam es wenig später zu einer Wirtschaftsdepression.

Es ist kein Geheimnis, dass 2015 für Rohstoffe insgesamt gesehen ein verheerendes Jahr war. Eine heimtückische Kombination aus einem Überangebot und sinkender Nachfrage hat die Rohstoffindustrie in eine schwere Krise gestürzt.

Und in den vergangenen Tagen sind die Preise auf breiter Front von Rohöl bis hin zu Industriemetallen wie Aluminium, Stahl, Kupfer, Platin und Palladium sogar noch weiter eingebrochen.«
Ich habe bereits erwähnt, dass dieser Preisverfall besonders die Bergbauunternehmen sehr hart trifft. In dieser Woche kündigte das fünftgrößte Bergbauunternehmen weltweit - Anglo American - umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen und die Entlassung von bis zu 85 000 Arbeitnehmern(fast zwei Drittel der Belegschaft) an. Auch die Dividende soll teilweise gestrichen werden:
»Wie schwierig die Lage ist, zeigt dieses jüngste Beispiel: Anglo American - das fünftgrößte Bergbauunternehmen weltweit - ... kündigte umfassende Umstrukturierungsmaßnahmen, massive Entlassungen und eine Kürzung der Dividenden an. Das Unternehmen will seine Aktiva etwa um 60 Prozent verringern und 85 000 Stellen, fast zwei Drittel seiner Arbeitsplätze, abbauen.«
Seit Ende 2014 brachen im amerikanischen Bergbausektor an die 123 000 gut bezahlte Arbeitsplätze weg. Und wenn die Rohstoffpreise weiter auf dem gegenwärtigen niedrigen Niveau verharren, wird sich diese schmerzhafte Entwicklung in der Branche fortsetzen.

In der Zwischenzeit haben Investoren damit begonnen, Schuldverschreibungen aller Unternehmen, die irgendetwas mit Rohstoffen zu tun haben, auf den Markt zu werfen. Dies hat wesentlich zu der sich abzeichnenden Ramschanleihen-Krise beigetragen, auf die ich in einem meiner letzten Artikel eingegangen bin. Aktuell sind bspw. hochrentierliche, börsengehandelte Anleihen (ETF), die auch unter der Bezeichnung »JNK« bekannt sind, stetig auf einen Wert von 34,31 abgesunken, ein neues Allzeittief seit der letzten Rezession.

Für eine weitere Analyse der Verwerfungen auf dem Ramschanleihen-Markt empfehle ich Ihnen diesen englischsprachigen Artikel von Wolf Richter mit der Überschrift »Anleihe-König wird nervös,da Ramschanleihen, die die Aktienkurse anführten, nun in den Keller rauschen«.

Aber warum sinken die Rohstoffpreise eigentlich mit dieser hohen Geschwindigkeit?

Viele Analysten nennen die Konjunkturabschwächung in China als den Hauptgrund für den Preisverfall. In den Jahren zuvor war die Nachfrage nach Rohstoffen in der chinesischen Wirtschaft stark angewachsen. Entsprechend hoch waren die Lieferungen aus allen Regionen der Erde. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die chinesische Wirtschaft erlebt gegenwärtig einen massiven Konjunktureinbruch, und einige vor Kurzem veröffentlichte Zahlen aus China geben uns einen Einblick in das tatsächliche Ausmaß dieses Abschwungs:
  • Die chinesischen Exporte gingen im November im Jahresvergleich um 6,8 Prozent zurück, nachdem sie im Vormonat bereits im Jahresvergleich um 6,9 Prozent gesunken waren.
  • Die chinesischen Importe schrumpften im November im Jahresvergleich um 8,7 Prozent.
  • Seit neun Monaten in Folge schrumpft die Produktionstätigkeit Chinas.
  • In der vergangenen Woche (49 KW) sank der China Containerized Freight Index (CCFI), der auf wöchentlicher Basis die Frachtraten der Containertransporte in Shanghai beschreibt, auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1998.
Aber nicht nur China befindet sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Laut Goldman Sachs steckt auch die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt - Brasilien - in einer »Depression«. Und wie ich bereits an anderer Stelle berichtete, haben von den 93 wichtigsten Aktienindizes weltweit überraschende 74 (und damit mehr als die Hälfte) von Jahresbeginn bis heute mindestens zehn Prozent ihres Wertes eingebüßt.

Auch wenn die Aktien in den USA in dieser Woche etwas ins Rutschen gekommen sind, zeigen sich die wichtigeren Indizes scheinbar immer noch stabil. Aber hier spielen auch Wunschdenken und Illusionen eine Rolle. Die größten Akteure der Wall Street befinden sich zwar momentan immer noch auf einem Höhenflug, aber die Aktien vieler kleiner und mittlerer Unternehmen haben deutlich an Wert verloren. Gegenwärtig liegt der Wert von fast 70 Prozent aller amerikanischen Aktien bereits unter ihren gleitenden 200-Tage-Durchschnittskursen. Auch diese Entwicklung verweist darauf, dass wir möglicherweise kurz vor einem massiven Kurseinbruch an den Aktienbörsen stehen.

Wir sind dabei, in eine lehrbuchartige deflationäre Finanzkrise abzustürzen. Und wenn die amerikanische Notenbank Federal Reserve tatsächlich in der nächsten Woche eine Erhöhung der Zinsen beschlösse, würde dies die Lage noch weiter verschlechtern.

Aber die meisten Menschen verfügen nicht über die Geduld, den weiteren Gang der Entwicklung abzuwarten. Die meisten Menschen, die gegenwärtig über den »bevorstehenden Wirtschaftszusammenbruch« berichten, schildern die möglicherweise kommenden Ereignisse, als handele es sich um einen Hollywood-Katastrophen-Kassenschlager, der nicht länger als eine Woche oder schlimmstenfalls einen Monat andauern würde, aber dann vorüber sei. Ich vertrete eine grundsätzlich andere Auffassung.

dollar spiral
© Unbekannt
Nach meiner Überzeugung wird dieser drohende »Wirtschaftszusammenbruch« mehrere Jahrzehnte anhalten. Er ist gegenwärtig dabei, reale Formen anzunehmen, und diese Entwicklung wird in der näheren Zukunft weitergehen. Die langfristigen Entwicklungstendenzen, die unsere Volkswirtschaft in Stücke reißen werden, werden sich weiter verschärfen. Doch unsere Eliten unternehmen nichts, um die zugrundeliegenden Probleme in den Griff zu bekommen.

Ich hatte gewarnt, dass es im Verlauf des Jahres 2015 zum Ausbruch einer Finanzkrise komme, die sich dann 2016 verschärfen würde. Diese Finanzkrise hat bereits begonnen. Mehr als die Hälfte aller wichtigen weltweiten Aktienmarkt-Indizes sind von Jahresbeginn bis heute bereits um mindestens zehn Prozent eingebrochen.

Manche mussten sogar einen Rückgang von mehr als 30 Prozent oder sogar 40 Prozent hinnehmen. Billionen an Dollarwerten haben sich weltweit in Luft aufgelöst, und dies ist erst der Anfang. Alle wirtschaftlichen Kennzahlen weisen in die gleiche Richtung. Wir stehen vor schwierigen Zeiten.