Der Singapore Freeport in einer der größten Tresore der Welt. Viele Investoren profitieren von der stabilen, steuerfreien Lagerung. Die Deutsche Bank will nun 200 Tonnen Gold einlagern.
Bild
© ReutersDas südostasiatische Fort Knox: Eingangsbereich des großen Tresorhauses in Singapur
Singapur - Der Stadtstaat Singapur hat raschen Erfolg mit seiner Strategie, einer der großen Lager- und Handelsplätze für Gold zu werden. Er profitiert von der Suche nach sicheren Anlageorten durch Europäer, die den Zugriff des Staates fürchten, und vom wachsenden Reichtum der Asiaten. Nun öffnet auch die Deutsche Bank ihren zweitgrößten Goldsafe in Singapur.

Die Deutschen mieten sich dabei in einen der großen Tresore der Welt ein: Fast verschämt liegt der Singapore Freeport in einem Industriegebiet der Tropeninsel, direkt neben der Landebahn des Flughafens Changi. Von außen fällt er nicht auf, wirkt wie eine Turnhalle in Castrop-Rauxel. Der Eindruck ändert sich erst, wenn man die Sicherheitsschleusen passieren will. Nacktscanner sind hier längst Normalität, Kameras und Augen hinter Spiegelglas verfolgen jede Bewegung des Besuchers. Kein Wunder: Im Bunker lagern Milliarden.

Diamanten, Schmuck, Edelmetalle, Kunst, Weine und Zigarren

Hinter den Betonwänden herrscht eine futuristische Atmosphäre, mit viel poliertem Metall, moderner Kunst und lila Licht. Die extrem gesicherten Lagerräume strahlen den Charme einer blitzsauberen Tiefgarage aus. „Er ist der einzige moderne, sichere und klimageschützte Freihafen-Lagerraum in Asien, ausgelegt darauf, hochwertige Anlageobjekte wie Diamanten, Schmuck, Edelmetalle, Kunst, Weine und Zigarren zu beherbergen.

Unsere Klienten können ihren Besitz unbegrenzt und in vollkommener Sicherheit lagern, vorzeigen und handeln, ohne Mehrwertsteuer zahlen zu müssen“, wirbt die Diamantenbörse SDX als Kunde für das „Fort Knox“ Südostasiens. Das Auktionshaus Christie’s hat die dritte Etage des Freeport gemietet. Darunter findet der Besitz sammelnder Millionäre seinen Platz in Einzelsafes. Gebaut und finanziert wurde der moderne Freihafen - wie könnte es anders sein - von Schweizern unter Führung von Kunstvermarkter Yves Bouvier.

Alles was hier liegt, kann unversteuert ein- und ausgeführt werden

„Dank seiner politischen Stabilität bietet Singapur, wo sich die Wege aus China, Indien und dem Mittleren Osten kreuzen, den ultimativen Freihafen. Ein zeitgemäßes Gebäude, dessen einziger Zweck die sichere Lagerung und der Handel der teuersten und auserwähltesten Sammlerstücke und Werte der Welt ist“, beschreibt Bouvier sein Lagerhaus der besonderen Art. Neben der Sicherheit liegt der Charme des Freihafens darin, dass alles, was hier liegt, unversteuert ein- und ausgeführt werden kann.

Hier nun werden die Deutschbanker bis zu 200 Tonnen Gold einlagern - ein Wert von rund 9 Milliarden Dollar. Das ist etwa so viel wie der gesamte Goldschatz der Philippinen und deutlich mehr, als der steinreiche Stadtstaat selbst an Goldrücklagen besitzt (127,4 Tonnen). Die Bank bietet den Hochsicherheitstrakt vor allem ihren asiatisch-pazifischen Kunden.

Verlagerung aus Europa

Zeitgleich aber schielt auch sie auf eine Verlagerung aus dem krisengeplagten Europa. Das Signal zur Umschichtung in den Osten gibt unter anderen Rohstoffpapst Marc Faber: „Die Menschen machen einen Fehler, wenn sie all ihre Anlagen in einem Land halten. Die Mehrheit meines Goldes liegt noch in der Schweiz, aber ich schichte schon Gold nach Asien um“, sagt der Verfasser des Gloom, Boom & Doom Report.

„Die traditionellen Orte für das Lagern von Gold sind London, Zürich und New York“, lässt sich Mark Smallwood zitieren, bei der Deutsche Asset & Wealth Management für die Zukunftsplanung der Vermögenden zuständig: „Aus globaler Perspektive ergibt sich damit eine ganz klare Lücke für ein Lager- und Handelszentrum von Weltrang in diesem Teil der Welt. Dort genau stoßen wir herein.“

Zwar baut die Bank gerade ihren ersten eigenen Goldspeicher am traditionellen Lagerort London. Doch singt Smallwood das Hohelied auf den politisch strengen, aber verlässlichen Stadtstaat: Mit Blick auf die chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong spricht der Banker nur leicht verschlüsselt von einer „neutraleren Position“ Singapurs in Bezug auf eine „globale wirtschaftliche und politische Perspektive“.

Die sei es, die Goldkäufer suchten. „Sie betrachten ihre Investitionen als eine Absicherung gegen unvorhersehbare politische und wirtschaftliche Unsicherheiten.“ Die Erkenntnis kommt der Deutschen Bank spät. Konkurrent JP Morgan hat schon im Jahr 2010 seinen ersten Safe in Singapur eröffnet.

Jeder aus der Branche sucht Lagerraum für Gold in Asien. Die Sicherheitsverwahrer von Brink’s haben ihre Lagerkapazitäten hier binnen eines Jahres auf 200 Quadratmeter verdreifacht. Zusätzlich bauen die Amerikaner ein Hochsicherheits-Lagerhaus in der chinesischen Finanzmetropole Schanghai. Konkurrent Malca-Amit besitzt große Safes in Singapur und Hongkong und will noch in diesem Quartal einen Tresor in Schanghai eröffnen. In Singapur hat Malca-Amit eine Schatzkammer mit 600 Tonnen Gold, sucht aber neue Räume, weil die Nachfrage steigt.

Singapur selbst hat das Geschäft noch einmal angeheizt, weil es im Vorjahr die Mehrwertsteuer von 7 Prozent auf Gold strich. Innerhalb von zehn Jahren soll sich der Anteil Singapurs am weltweiten Edelmetallhandel wenigstens verfünffachen. Auch das stößt bei der Deutschen Bank auf höchstes Interesse: „Wir passen genau in die Strategie Singapurs hinein“, sagt Smallwood in der staatlichen Zeitung.