Wie stark verändert sich die Sonne im Laufe von Jahrmilliarden? Astronomen haben nun erstmals einen Stern entdeckt, der unserem Zentralgestirn wie ein eineiiger Zwilling gleicht, aber viel älter ist.
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© paEine Grafik der Europäischen Südsternwarte zeigt auf einer Zeitachse von null bis elf Milliarden Jahren den Lebenszyklus unserer Sonne und anderer Sterne. Der jetzt entdeckte Sonnenzwilling mit dem kryptischen Namen HIP 102152 gleicht unserer Sonne wie ein eineiiger Zwilling, ist aber fast vier Milliarden Jahre älter. Forscher erhoffen sich durch einen Vergleich wichtige Erkenntnisse über das Schicksal unserer Sonne
Ein neu entdeckter Zwillingsstern der Sonne zeigt nach Expertenmeinung die künftige Entwicklung unseres Sonnensystems an. Ein internationales Astronomenteam unter brasilianischer Leitung hat mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte Eso den bislang ältesten Zwilling der Sonne identifiziert.

Der auf der nordchilenischen Sternwarte Paranal beobachtete Stern HIP 102152 sei unserer Sonne wie ein eineiiger Zwilling ähnlich, aber mit einem Alter von schätzungsweise 8,2 Milliarden Jahren viel früher entstanden, teilte die Eso am Mittwoch mit.

Dies ermögliche die Beobachtung eines viel späteren Stadiums der Entwicklung von Sternen des Typs unserer Sonne, die erst 4,6 Milliarden Jahre alt ist. Als erste Erkenntnis wurde bereits festgestellt, dass das Lithiumgehalt der Sterne mit dessen steigendem Alter abnimmt.

Lithium, das dritte Element des Periodensystems, entstand während des Urknalls zusammen mit Wasserstoff und Helium. Astronomen fragen sich schon viele Jahre, warum einige Sterne weniger Lithium zu haben scheinen als andere.

Durch die neuen Beobachtungen von HIP 102152 sind Astronomen der Lösung dieses Rätsels nun einen großen Schritt näher gekommen, indem sie einen starken Zusammenhang zwischen dem Alter der sonnenähnlichen Sterne und ihrem Lithiumgehalt festgestellt haben.

Unsere Sonne besitzt heute nur noch ein Prozent des Lithiumsgehaltes, der im Material vorhanden war, aus dem sie entstanden ist. Untersuchungen jüngerer Sonnenzwillinge deuten darauf hin, dass jüngere sonnenähnliche Sterne einen deutlich höheren Lithiumanteil besitzen. Forscher waren jedoch bislang nicht in der Lage den Zusammenhang zwischen Alter und Lithiumgehalt nachzuweisen.

Tala Wanda Monroe, Mitautorin des Fachartikels, fasst zusammen:
Wir haben festgestellt, dass HIP 102152 einen sehr geringen Lithiumanteil hat. Dies zeigt zum ersten Mal deutlich, dass ältere Sonnenzwillinge in der Tat einen geringeren Lithiumanteil haben als unsere Sonne oder jüngere Sonnenzwillinge. Wir können uns nun sicher sein, dass Sterne auf irgendeine Weise ihr Lithium zerstören, wenn sie älter werden, und dass der Lithiumgehalt der Sonne für ihr Alter normal ist.
"Seit Jahrzehnten suchen Astronomen schon nach Zwillingssternen der Sonne, um unseren eigenen, lebensspendenden Stern besser zu verstehen", erklärte der Leiter der Forschergruppe, Jorge Melendez von der Universidade de São Paulo.

Wann das irdische Leben endet

Aus dem Vergleich mit der Sonne konnten die Astronomen auch entnehmen, dass zu dem 250 Lichtjahre entfernten Stern HIP 102152 im Sternbild des Steinbocks erdähnliche Gesteinsplaneten gehören könnten.

Wissenschaftler sagen voraus, dass unsere Sonne bereits in einer Milliarde Jahre zehn Prozent heller leuchten wird als heute. Das reicht für die ultimative Klimakatastrophe. Die Temperaturen werden dann auf der Erde im Mittel 50 Grad Celsius betragen.

Spätestens in einigen Milliarden Jahren gehen die Wasserstoffvorräte der Sonne zur Neige. Vor ihrem Lebensende wird sie sich aber noch einmal gewaltig aufblähen, zunächst den Planeten Merkur verschlucken, dann die Venus und schließlich auch die Erde.

dpa/oc