Der Whistleblower und häufige Artikelschreiber für den Internetblog Boiling Frogs, Sibel Edmonds, hat im Zusammenhang mit der Verbindung des Journalisten Glenn Greenwald zum Bezahldienst PayPal und dessen Eigentümer, dem Milliardär und eBay-Gründer Pierre Omidyar, ernstzunehmende Fragen aufgeworfen.

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Im Oktober war berichtet worden, Greenwald und seine Kollegin Laura Poitras hätten sich mit Omidyar darauf verständigt, vor dem Hintergrund der »wachsenden Sorge über die Pressefreiheit in den USA und auf der ganzen Welt« eine neue Medienorganisation aufzubauen, wie die britische Tageszeitung The Guardian berichtete. Omidyar soll 250 Mio. Dollar in das alternative Medienprojekt investiert haben.

Edmonds berichtete, NSA-Whistleblower stünden dem Projekt und dessen erklärten Zielen sehr skeptisch gegenüber. Darüber hinaus kritisierte die Enthüllungsplattform WikiLeaks, es sei unverfroren, dass das Unternehmen PayPal eine alternative Medienorganisation aufbauen wolle, wo es doch versucht habe, Julian Assange und seine Enthüllungsorganisation zum Schweigen zu bringen, indem man nicht länger zuließ, dass die Organisation Spenden über den Bezahldienst abwickelte. »Wie soll man das ernst nehmen, wenn die Person hinter dieser Plattform an dem Finanzboykott gegen WikiLeaksbeteiligt war?«, fragte die WikiLeaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison, die auch eng mit Edward Snowden zusammenarbeitete, Anfang Dezember.

Vermutlich würde Omidyar den Finanzboykott damit begründen, dass »er damals nichts machen konnte«, meinte Harrison weiter. »Immerhin ist er im Vorstand. Er kann seine Verantwortung nicht einfach leugnen. Er hat sich nicht einmal dazu geäußert. Zumindest hätte er so etwas wie ›Wir waren gezwungen, so zu handeln, aber ich war dagegen‹ sagen können.«

Bereits im Juni erklärte Greenwald noch vor seiner Vereinbarung mit Omidyar, Teile der Snowden-Dokumente würden wohl nie veröffentlicht. »Es geht uns nicht um ein geistloses, willkürliches Veröffentlichen von Dokumenten, und unsere Quellen wollen auch nicht, dass wir so vorgehen«, schrieb Greenwald in einer E-Mail an BuzzFeed. Die Medienkonzerne stellten zwischen Greenwalds Äußerung und einer Erklärung des Director of National Intelligence (DNI), JamesClapper, einen Zusammenhang her. Clapper hatte den Medien die »rücksichtslose Enthüllung von Maßnahmen der Geheimdienste, die notwendig sind, um Amerika sicher zu machen«, vorgeworfen.

Andererseits enthalten die Snowden-Dokumente nach Angaben von Edmonds und NSA-Whistleblowern Informationen über die Beziehungen zwischen »einigen größeren amerikanischen Finanzinstitutionen, darunter auch Kreditkartenunternehmen und die PayPal Corporation«, und der NSA. Dies könnte, zumindest teilweise, der Grund dafür sein, dass diese Dokumente nicht ans Licht kommen sollen.

Weiter schreibt Edmonds:
»Der frühere NSA-Geheimdienstanalyst und Capabilities Operations Officer, Russell Tice, bestätigte den Bericht. Nach seiner Kenntnis erhalte die NSA regelmäßig Finanzinformationen von größeren Finanzinstitutionen, darunter auch Kreditkartenunternehmen und PayPal. Im Januar 2009 sagte er in einem Interview mit Keith Olbermann, die Informationen zu Kreditkarten und anderen Finanztransaktionen würden von der NSA gesammelt und gespeichert.«
Und in einem Interview mit Boiling Frogs vom Mittwoch erläuterte Tice:
»Für die NSA besitzen Informationen von Finanzdienstleistern wie PayPal den gleichen, wenn nicht sogar einen höheren, Wert und sind entsprechend begehrt, wie Informationen von sozialen Netzwerken oder anderen Softwareunternehmen wie Facebook, Microsoft und Google. Ich bezweifele nicht, dass es innerhalb des großen Fundus an Dokumenten, die Edward Snowden mitgenommen hat, Beweise und Dokumente für eine Beteiligung PayPals gibt. Diese Partnerschaft und die Vereinbarungen zur Datensammlung gibt es schon seit vielen Jahren.«
Tice meinte weiter, Snowdens Schweigen in dieser Angelegenheit sei nicht ganz richtig. »Ich wäre ziemlich verärgert und würde lautstark protestieren, wenn ich an Edward Snowdens Stelle wäre. Verhält sich so ein Journalist, dem ich mein Vertrauen geschenkt habe, und enthält der Öffentlichkeit Dokumente vor? Ein Journalist, der mit dem, was ich an Risiken eingegangen bin und an persönlicher Freiheit geopfert habe, ein Vermögen macht und den Ruhm einstreicht? Der eine lukrative Partnerschaft mit einer Einrichtung eingeht, die direkte Interessenkonflikte aufweist? Nein, das wäre niemals hinnehmbar gewesen.«

Boiling Frogs kommt dann auf die Bemühungen Omidyars zu sprechen, die Arbeit von Whistleblowern abzuwürgen. »Wenn es um Freiheitsrechte, Whistleblower und die Pressefreiheit geht, scheinen die Auffassungen und die Taten des Milliardärs in der Vergangenheit nur darauf ausgerichtet gewesen zu sein, wann und wo immer es möglich war, gegen Whistleblower aus der Regierung vorzugehen, sie zu bekämpfen und mundtot zu machen. Einfach gesagt, Omidyar gibt sich nachdrücklich als ein Milliardär, der auf der Seite der Regierung steht, der Whistleblower, deren Enthüllungen die Regierung schlecht dastehen lassen, ablehnt, und der auch keine Transparenz will«, schrieb Edmonds.

Omidyars enger Freund und PayPal-Mitbegründer Max Levchin verteidigte die illegalen Abhöroperationen der NSA standhaft. »Meiner Ansicht nach ist dieses Verhalten für einen Bürger dieses Landes lächerlich, der die Auffassung vertritt, es sei Pflicht der Regierung, ihn zu schützen, uns alle vor dem Bösen, vor Schaden, vor Terroristen, vor übelwollenden fremden Mächten zu bewahren - eine Behörde als Ganzes negativ zu bewerten, deren Aufgabe es ist, herauszufinden, welche Gefahr uns als nächstes droht, um diese dann zu verhindern. Diese Behörde einfach zu verteufeln, ist gedankenlos«, sagte er. Vor dem Hintergrund der Vergangenheit PayPals ergeben Levchins Äußerungen durchaus einen Sinn.

Eine enge Verbindung zwischen In-Q-Tel und der CIA

Max Levchin gründete PayPal zusammen mit Peter Thiel. Thiel hat eine interessante Vergangenheit. Sein Unternehmen, Palantir Technologies, wurde mit finanzieller Unterstützung von In-Q-Tel, einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft der CIA, gegründet. In-Q-Tels vorrangiges Interesse liegt im Bereich Informationstechnologie.

»Nach außen hin vermarktet sich In-Q-Tel als ein innovatives Unternehmen, das in der Lage ist, die Kraft des Privatsektors dadurch zu stärken, dass es wichtige innovative Technologie erkennt und die Unternehmen finanziell dabei unterstützt, diese Technologie zur Marktreife zu entwickeln und dann auch zu vermarkten«, schreibt James Corbett. »Tatsächlich aber verwischt In-Q-Tel auf gefährliche Weise die Grenzen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor auf eine Weise, die es schwierig macht, genau anzugeben, wo die amerikanischen Geheimdienste enden und der IT-Sektor beginnt.«

Der langjährige Geheimdienstmitarbeiter Robert David Steele erklärte 2006 gegenüber dem Magazin Homeland Security Today, Google habe »Geld und Anweisungen von Teilen der amerikanischen Geheimdienste wie etwa der Abteilung für Forschung und Entwicklung der CIA, In-Q-Tel und aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl der National Security Agency (NSA) und dem Geheimdienst- und Sicherheits-Kommando der Armee erhalten«.

Steele berichtete 2006 ebenfalls Alex Jones, das Geld der CIA habe Google dabei geholfen, die schwierige Anfangsphase zu überstehen. »Meiner Meinung nach nahm Google das Geld der CIA, als das Unternehmen noch arm war und in den Kinderschuhen steckte. Leider spült unser System gegenwärtig Geld in Spionage- und andere illegale und oftmals auch unmoralische Vorhaben und finanziert leider nicht das, was ich die ›quelloffene Welt‹ nenne«, sagte er weiter.

In einem Interview mit Greenwald sagte Snowden zu einem früheren Zeitpunkt dieses Jahres: Unternehmen »wie Google, Facebook, Apple, Microsoft - sie alle arbeiten mit der NSA zusammen und ermöglichen der NSA direkten Zugriff auf die Back-Ends aller Systeme, die man dazu verwendet, zu kommunizieren, Daten zu speichern, Dinge in eine Cloud hochzuladen oder einfach nur, um einen Geburtstagsgruß zu versenden und Erinnerungen zum eigenen Leben zu sammeln. Und sie räumen der NSA direkten Zugriff ein, so dass sie im Einzelfall keine Erlaubnis erteilen müssen und deshalb auch nicht zur Verantwortung gezogen werden können«.

Die Überwachung durch den nationalen Sicherheitsstaat und das politische Kontrollnetz

Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Die Geheimdienste haben enge Beziehungen zu IT-Technologieunternehmen geknüpft, um neben der Errichtung eines militarisierten Polizeistaatsapparats langfristig ein allumfassendes Überwachungs- und Kontrollnetz aufzubauen. Beide Systeme werden mit der angeblichen Gefahr von Terroranschlägen und dem Krieg gegen den Terror gerechtfertigt.

Informationen zu finanziellen Angelegenheiten spielen naturgemäß eine wichtige Rolle bei den laufenden Bemühungen, die amerikanische Bevölkerung zu überwachen und über jeden, aber insbesondere diejenigen, die bereits jetzt oder in Zukunft eine potenzielle politische Gefahr für das Establishment darstellen könnten, ein umfassendes Dossier anzulegen.

Und dass die CIA möglicherweise in Machenschaften verwickelt ist, eine alternative Medienorganisation aufzubauen, um denjenigen Personen die Stirn zu bieten, die man für Whistleblower und heroische Journalisten ansieht, stellt wohl kaum eine Überraschung dar.

Seit den Anfängen des nationalen Sicherheitsstaates Ende der 1940er Jahre bis heute hat die Elite immer wieder Anstrengungen unternommen, die Medien zu kontrollieren und mediale Frontorganisationen aufzubauen. »Der stellvertretende Direktor Frank Wisner bezeichnete die weltweite Propagandamaschinerie der CIA stolz als ›die mächtige Wurlitzer‹. Und tatsächlich wird die Fähigkeit des Geheimdienstes, Menschen ermorden zu können, nur durch ihre Möglichkeiten übertroffen, die Wahrheit zu töten«, schreibt Mark Zepezauer.

Operation Mockingbird, das Cointel-Programm des FBI und zahlreiche weitere verdeckte und weniger verdeckte Operationen der psychologischen Beeinflussung und der Propaganda sind noch heute sehr aktiv und versuchen weiterhin, auf viele Arten und Weisen einen »gesellschaftlichen Konsens« herzustellen und vermeintliche oder tatsächliche Gegner zu diskreditieren.