genmais
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Bereits 1997 hat sich das österreichische Volk (vorerst) klar gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen entschieden. Doch es gibt auch hierzulande Gentechnikfuttermittel für Tiere. Welche Wechselwirkung bestehen mit der Umwelt? Und wie kann man überprüfen, ob ein importiertes Produkt gentechnisch verändert ist?

Bisher gab es in der Europäischen Union nur eine Sorte gentechnisch veränderten Mais, der zum Anbau zugelassen war: MON810. Da dessen Zulassung vor kurzem ablief, muss er sich einer neuerlichen Prüfung unterziehen. Auch über zwei andere zur Zulassung eingebrachten Sorten äußerte die Kommission ihre Bedenken, weshalb diese noch einmal unter die Lupe genommen werden. Naturschutzorganisationen freuen sich. In Österreich ist der Anbau von GVO (gentechnisch veränderter Organismus) zwar ohnehin verboten. Warum die Gentechnik sich trotzdem bis in unseren kleinen Alpenstaat auswirkt, erklärt Heidi Porstner von Global2000.

Was soll sich verändern, nachdem Österreich bereits quasi gentechnikfrei ist?

Porstner: Wir sind eben nur quasi gentechnikfrei. Wir brüsten uns damit, haben aber trotzdem Gentechnikfuttermittel. Österreich muss sich viel stärker in den Nachbarländern engagieren. Ungarn ist ein toller Partner, die haben ein Gentechnikverbot in der Verfassung verankert. In Tschechien und der Slowakei wird Genmais angebaut, zwar in sehr kleinen Mengen - aber es wächst. In Europa sind sehr viele Mais- und Sojasorten in Vorbereitung zur Zulassung. Österreich hat international eine wichtige Rolle, indem es andere Länder überzeugen soll, auf GVO zu verzichten.

Wie verändert man momentan Pflanzen genetisch?

Porstner: Es gibt mehrere Modelle, wie eine Pflanze gentechnisch verändert werden kann. Der Standard ist momentan die Transgentechnik. Das bedeutet, die Pflanze bekommt ein fremdes Gen einer anderen Pflanze, oder sogar eines Tieres. Mais bekommt dann etwa nicht von einer anderen Maispflanze einen Gen, sondern mitunter von einem Schwein. Fokus liegt immer darauf, dass die Pflanze auf dem Feld möglichst stabil ist, Unwettern standhält und dass sie sehr lange lagerfähig ist. Mais hat teilweise einen Transportweg von mehreren Tausend Kilometer. Wenn ich an einen Maiskolben denke, will ich, dass er gut schmeckt und sich vielleicht gut grillen lässt. Die Industrie hat andere Anforderungen: möglichst viel Profit, möglichst keine Ernteausfälle, möglichst lange Transport- und Lagerfähigkeit.

Was ist die Alternative zur Transgentechnik?

Porstner: Prinzipiell ist die Gentechnik zu vermeiden. Eine neuere Technik, die der Transgenetik vorzuziehen wäre, ist die Cisgenetik. Dabei werden keine der Art fremden Gene eingebaut, sondern nur welche der gleichen. Das ist ungefähr das, was man mit Kreuzungen bisher gemacht hat, nur eben gezielter und im Labor. Das ist eine Beschleunigung der klassischen Züchtung. In Forschungseinrichtungen wird es bereits probiert, ist aber noch nicht am Markt. Bei der neuen Technologie versucht man die überstürzten Fehler zu vermeiden, die man bei der alten gemacht hat.

Wie wirkt sich die Gentechnik auf die Umwelt aus?

Porstner: Wenn eine Pflanze blüht, gibt es Pollenflug. Wenn in der Nähe der Genpflanzen andere Pflanzen der gleichen Art sind, also ein normales Maisfeld neben dem Feld mit dem gentechnisch veränderten Mais, kreuzen sich die beiden Arten. Bei Raps sieht man das ganz besonders. Das riesige Problem dabei ist, dass man nicht weiß, was mit dieser neu gekreuzten Pflanze passiert. Dieses komplett fremde Gen kommt zu einer Pflanze, die nicht dafür vorbereitet ist, dass sie dieses Gen in sich aufnimmt. Eine gentechnisch veränderte Pflanze ist ein Modellorganismus. Im Labor wurde getestet, was passiert, wenn dieses Gen unter bestimmten Bedingungen in die Pflanze eintritt. Die Umwelt ist aber nicht das Labor. Die Pflanze verändert und verbreitet sich dann in einer Weise, die nicht kontrollierbar ist.

Welche Wechselwirkung gibt es mit äußeren Einflüssen?

Porstner: Jedes Gen kann funktionieren, aber auch nicht. Die Umwelt ist sehr variabel. In den letzten Jahren haben sich die klimatischen Bedingungen für die Pflanzen geändert. Die Ausgangssituation, in der die Pflanze konstruiert wurde, gilt heute nicht mehr. Das heißt, dass dieses Gen plötzlich durch die veränderten Bedingungen nicht mehr so funktioniert wie vorher und etwas ganz anderes produziert. Im schlimmsten Fall kann die Pflanze ein Gift produzieren, das sich schädlich auf die damit gefütterten Tiere und im Endeffekt auf den Menschen auswirkt.

Man testet im Labor, was ist aber mit den Auswirkungen für den Menschen?

Porstner: Man testet, welche neuen Eigenschaften die Pflanze bekommt, wenn sich ein bestimmtes Gen verändert. Der Fokus liegt aber auf Ertrag und nicht auf den Auswirkungen für den Menschen. Das ist ein sehr großer Diskussionspunkt von Wissenschaft, Industrie und diversen NGOs: Studien am Menschen sind in der Form nicht zugelassen. Diese Lebensmittel werden in Umlauf gebracht und dann schaut man, was passiert. Solange man keine Gegenbeweise bringt, wird man behaupten, es sei für die Menschheit unbedenklich. Bei Fütterungsversuchen werden Mäuse oder Ratten 90 Tage mit dem genveränderten Nahrungsmittel gefüttert. Natürlich ist das kontroversiell - auf der einen Seite ist es absurd, Labortiere für solche Zwecke heranzuziehen. Auf der andern Seite sind 90 Tage viel zu kurz, wenn man das Produkt seriös in Umlauf bringen möchte. Man müsste Langzeitstudien durchführen.

Wie groß ist der Anbau der gentechnisch veränderten Futtermittel?

Porstner: Es gibt unterschiedliche Statistiken dazu. Außerdem ist das von Land zu Land äußerst unterschiedlich. In Argentinien z.B. werden bis zu 90 Prozent gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Konventionelles gibt es kaum mehr. In den USA macht es um die 70 bis 80 Prozent aus. In Europa ist es noch immer sehr wenig. Da ist Spanien Vorreiter, die haben um die 25 Prozent gentechnisch veränderten Mais. In Österreich hingegen werden gar keine genmanipulierten Pflanzen angebaut. Es gibt nur gentechnische Versuche auf der Universität.

Woher kommt der österreichische Widerstand?

Porstner: Schon 1997 gab es ein Volksbegehren über den Anbau von GVO in Österreich. Da haben die Österreicher ein klares Statement abgegeben, dass sie es nicht wollen. Die Stimmung ist klar gegen die Gentechnik, also hat die Politik das beibehalten. Bisher sind wir so vom Anbau verschont geblieben - importiert wird trotzdem.

Wie viel wird importiert?

Porstner: Je nach Quelle 400.000 bis 600.000 Tonnen Gen-Soja. Beim Mais sind wir knapp Selbstversorger. Obwohl auch Soja mittlerweile in Österreich angebaut wird.

Ist es sinnvoller, gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen oder ständig mit Pestiziden zu arbeiten?

Porstner: Die Verkaufsstrategie war ursprünglich, dass die GVO weniger Pestizid benötigen. So konnte man viele Landwirte davon überzeugen. Es funktionierte eine Zeit lang ganz gut. Aber mittelfristig haben sich die anderen Pflanzen bzw. Insekten und Schädlinge an die durch Genmanipulation entwickelten Resistenzen angepasst. Das bedeutet, dass man wieder Gift spritzen oder den Genpool erneut verändern muss. Doch das ist sehr kostenaufwendig und langwierig, weshalb man schnell aufs Gift zurück gegriffen hat. Eine erneute Genmanipulation wäre sinnlos. Man läuft immer der Entwicklung der Natur hinterher. Mittlerweile gibt es sogar so genanntes „Super-Weed“, das gegen jede erdenkliche Art von Herbizid resistent ist.

Wie kann man überprüfen, ob in einem Produkt GVO enthalten ist?

Porstner: Es gibt spezielle Tests dafür, bei denen man die Gene untersucht. Man macht das standardmäßig bei importiertem Soja und Mais. Da gibt es mittlerweile eine Diskussion über die Grenzwerte der Verunreinigung, da es praktisch kein gentechnikfreies Futtermittel mehr gibt. Die Konsumentin im Supermarkt kann es gar nicht feststellen. Bis zu diesen Grenzwerten muss auf der Verpackung nichts notiert sein, nur ab der Überschreitung muss es deklariert werden. In Österreich gibt es aber keine Produkte, die direkt gentechnisch verändert sind. Das Problem hierzulande ist das Futtermittel. Von den Fleischproduzenten gibt es aber Bereitschaft, umzustellen. Natürlich ist das ein Kostenfaktor, der sich dann im Produkt auswirken wird.