Die europäischen Grenzwerte für Feinstaub sind zu hoch, warnen Mediziner. Laut aktuellen Daten steigt das Risiko für Herzerkrankungen schon bei geringerer Luftverschmutzung deutlich an.
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© dpaAuspuff: Auch im Autoabgas ist Feinstaub enthalten
Wer über einen längeren Zeitraum mit Feinstaub belastete Luft atmet, hat wohl ein erhöhtes Herzinfarktrisiko. Dies gilt laut einer aktuellen Studie bereits bei einer Belastung unterhalb der aktuellen EU-weiten Grenzwerte, berichtet ein internationales Forscherteam im British Medical Journal. Es hatte Daten von mehr als 100.000 Studienteilnehmern aus Deutschland, Finnland, Schweden, Dänemark und Italien ausgewertet.

In den durchschnittlich 11,5 Jahren Beobachtungszeit erlitten 5157 Teilnehmer einen Infarkt oder mussten mit einer instabilen Angina pectoris zum Arzt - diese macht sich durch plötzliche, heftige Schmerzen im Brustbereich bemerkbar.

Die Wissenschaftler glichen das Auftreten der Herzprobleme mit der Feinstaub-Konzentration am Wohnort der Betroffenen ab. Feinstaub besteht aus kleinsten Partikeln, die in die Lunge und teils in die Lungenbläschen eindringen und sehr schwere Gesundheitsschäden verursachen können. Der Teilchen stammen in der Regel aus Abgasen von Autos, Kaminen oder Fabriken, aber auch aus Reifenabrieb.

"Deutliches Gesundheitsrisiko"

Die Forscher berechneten Folgendes:
  • Ein Anstieg der jährlichen Konzentration von Feinstaubpartikeln des Typs PM2,5 um fünf Mikrogramm je Kubikmeter Luft führt zu einem zwölf Prozent höheren Risiko für Infarkt oder Angina.
  • Erhöhte sich die Belastung mit dem Feinstaubtyp PM10 um zehn Mikrogramm je Kubikmeter Luft, stieg das Risiko für Herzprobleme um 13 Prozent.
Die Forscher zogen in ihre Berechnung auch andere Risikofaktoren mit hinein, beispielsweise ob die Teilnehmer an weiteren Krankheiten litten, ob sie rauchten und wie alt sie waren.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Feinstaubbelastungen ein deutliches Gesundheitsrisiko darstellen - und zwar ein größeres als bisher angenommen", sagt Annette Peters vom Institut für Epidemiologie II am Helmholtz Zentrum München, die an der Studie beteiligt war. "Besonders alarmierend sind die Gesundheitsschädigungen bereits unterhalb der vorgeschriebenen Grenzwerte. Die Studie unterstützt daher die Forderungen, diese Grenzwerte abzusenken."

Ein ähnliches Fazit hatten Forscher vor wenigen Wochen im Lancet gezogen. Auch sie stellten fest, dass Feinstaubbelastungen unter dem EU-Grenzwert die Gesundheit beeinträchtigen können.

Der in der EU geltende Grenzwert für die jährliche Feinstaubbelastung mit Partikeln in der Größenordnung von maximal 2,5 Mikrometern liegt seit dem Jahr 2008 bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt dagegen einen Grenzwert von zehn Mikrogramm.

wbr/AFP