Soldat
© dpaAm Limit: Soldaten der Bundeswehr beim Marschieren üben
Der Bundeswehrbeauftragte Helmut Königshaus legt seinen Jahresbericht zum Zustand der Streitkräfte vor. Der ist verheerend.

Immer mehr Soldaten kommen mit psychischen Erkrankungen aus den internationalen Einsätzen der Bundeswehr zurück. Das geht aus dem Jahresbericht des Wehrbeauftragten des deutschen Bundestages, Helmut Königshaus, hervor.

So befanden sich vergangenes Jahr 1500 von ihnen mit „posttraumatischen Belastungsstörungen“ aufgrund der Erlebnisse im Kampf oder bei Anschlägen in therapeutischer Behandlung. 200 davon waren neue Fälle. Der frühere FDP-Politiker Königshaus weist allerdings darauf hin, dass nach einer Studie der Technischen Universität Dresden die tatsächliche Zahl doppelt so hoch sei, weil viele Bundeswehrangehörige Hemmungen hätten, sich zu melden. Ehemalige Zeitsoldaten, die sich von zivilen Therapeuten behandeln lassen, sind ebenfalls nicht erfasst.

Der Wehrbeauftragte hält die Truppe insgesamt für überfordert. „In vielen Fällen ist die Grenze der Belastbarkeit erreicht, vielfach sogar überschritten“, sagte Königshaus am Dienstag bei der Vorstellung seines Berichts in Berlin. 2013 sei ein „Jahr des Umbruchs“ für die Soldaten gewesen. Sie litten unter der „Doppelbelastung“ durch die fortlaufenden internationalen Einsätze und die nach wie vor nicht abgeschlossene Bundeswehrreform.

Von der „strukturellen Überforderung“ zeugt nach Auffassung des Wehrbeauftragten auch der Anstieg der Eingaben. Fast 5100 der zurzeit 184.000 Soldatinnen und Soldaten wandten sich im vorigen Jahr an ihn - rund 20 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.

Königshaus bezweifelte, dass die Truppe „wirklich einsatzfähiger, nachhaltig finanzierbar und attraktiver wird“. Die für dieses Jahr vorgesehene Zwischenbilanz der Bundeswehr-Reformen müsse dazu genutzt werden, sie zu korrigieren, „wo gravierende Probleme erkannt werden“. Das gelte etwa für Standortverlagerungen, die zwar beschlossen, aber noch nicht umgesetzt seien. Schon jetzt ist die Bundeswehr eine Armee auf Achse. Rund die Hälfte ihrer Angehörigen pendelt zwischen Wohn- und Dienstort. Fast 40 Prozent sind nur am Wochenende zu Hause. Königshaus widersprach Angaben des Verteidigungsministeriums, dass in über 90 Prozent der Kasernen der Bedarf an Wohnungen unter der Woche gedeckt sei. Bei seinen Truppenbesuchen habe er nirgends ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten für Pendler gefunden.

Sexuelle Übergriffe nehmen zu

Sorgen macht dem Wehrbeauftragten auch die Zahl der sexuellen Belästigungen. Eine interne Studie kam zu dem Ergebnis, dass es nicht mehr Belästigungen als im Zivilbereich gebe. Königshaus revidierte in diesem Zusammenhang allerdings seine frühere Auffassung, dass auch die Dunkelziffer beim Militär nicht höher liege als beim Rest der Gesellschaft. Durch Gespräche mit Soldatinnen habe er sich eines Schlechteren belehren lassen müssen. 2013 gab es dem Bericht zufolge 64 sexuelle Übergriffe gegen Soldatinnen bis hin zur Vergewaltigung.

Königshaus kritisiert in seinem schriftlichen Bericht noch, dass die militärische Führung seit 2011 vorliegende Daten über die Lage der Frauen in der Bundeswehr, speziell über sexuelle Belästigungen, zurückgehalten habe. Außerdem mahnt er einen neuen „Haarerlass“ an, der das Aussehen der Soldaten in Dienst und Öffentlichkeit regelt. Erlass und Veröffentlichung hat die Politikerin umgehend befohlen. Die längst fertige Bundestagsdrucksache 18/300 konnte nicht mehr geändert werden.

Natürlich bekommt das Verteidigungsministerium den Bericht schon vor seiner Veröffentlichung vorgelegt. Die neue Chefin Ursula von der Leyen hat darauf so schnell reagiert wie noch keiner ihrer Vorgänger.