Betteln
© dpa/Ingo WangerEin Mann sitzt in einer Einkaufsstraße und bittet um kleine Geldgaben. (Symbolfoto)
Innsbruck - Der Tiroler Landtag hat im November eine Änderung des Polizeigesetzes beschlossen. Betteln ist damit in Tirol in „stiller und passiver Form“ erlaubt. Aggressives, aufdringliches Betteln sowie gewerbsmäßige und organisierte Bettelei bleiben jedoch verboten. Auch das Betteln unter der „aktiven Beihilfe von Kindern“ kann geahndet werden.

Wie berichtet, war die Tiroler Regierung unter Zugzwang geraten, denn der Verfassungsgerichtshof hat mit mehreren Urteilen festgestellt, dass das Betteln nicht generell verboten werden darf. In Tirol bestand aber de facto ein generelles Bettelverbot. Seit 14. Jänner ist die Änderung nun in Kraft. Proteste gegen die Änderung des Polizeigesetzes gab es aus ganz unterschiedlichen Motiven. Die SPÖ begründete ihre Ablehnung der Gesetzesänderung unter anderem mit der verankerten Bestimmung, wonach durch Verordnung der Gemeinden auch das stille und passive Betteln an bestimmten öffentlichen Orten im Falle der Störung des örtlichen Gemeinschaftslebens untersagt werden kann. Auch die Klubobfrau der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, sah darin ein Bettelverbot „durch die Hintertür“. Die FPÖ ortete eine Aufweichung des Bettelverbotes.

Stadtpolizeikomman­dant Martin Kirchler erklärt, dass es in den vergangenen Jahren in Innsbruck zwischen 50 und 100 Anzeigen pro Jahr wegen Bettelei gegeben habe. 2013 seien es 480 Anzeigen gewesen. „Das ist eine enorme Steigerung“, erklärt Kirchler. Zurückzuführen ist das zum einen auf den Umstand, dass mehr Bettler in Innsbruck waren, zum anderen habe die Polizei und die Mobile Überwachungsgruppe (MÜG) intensiver kontrolliert. Außerdem wurden Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung eingeleitet.

Im Jänner gab es insgesamt 16 Anzeigen wegen Bettelei, zwei davon seit die Gesetzesänderung in Kraft ist. „In beiden Fällen war es eindeutig aggressives Betteln. Die Bettler haben die Passanten berührt und belästigt“, so Kirchler. Er hat die Erfahrung gemacht, dass Bettler häufig gemeinsam auftreten. Strafen gegen organisiertes Betteln seien künftig wohl sehr schwierig zu verhängen. „Das wird nicht leicht nachzuweisen sein“, so Kirchlers Prognose. Jetzt müsse die Polizei noch abwarten, ob die Stadt Innsbruck von der Möglichkeit Gebrauch macht, auch das stille und passive Betteln an neuralgischen Orten, wie etwa Kirchen, zu untersagen.

Die Tiroler Bettellobby tritt entschieden gegen die neuen Bestimmungen auf und führt im Rahmen von TKI Open ein Kunst- und Kulturprojekt durch. Als Auftakt wird im April ein Symposium zur Kriminalisierung des Bettelns und zu Interventionsformen veranstaltet.