Zusammenstöße in Caracas
© AFPZusammenstöße in Caracas
Anfangs gingen nur ein paar Studenten auf die Straße. Dann brannten Barrikaden und Schüsse fielen. Inzwischen ist das ganze Land am Rande des Bürgerkriegs. Venezuela ist tief gespalten.

In Venezuela sind am Wochenende mehr als hundertausend Anhänger und Gegner von Präsidenten Nicolás Maduro auf die Straßen gegangen. Die rivalisierenden Massenkundgebungen verliefen friedlich, sie folgten auf zwei Wochen von Demonstrationen und Märschen, bei denen es nach offiziellen Angaben zehn Tote gab. Präsident Maduro rief vor seinen Anhängern zu einer "nationalen Friedenskonferenz" auf und verlangte von der Opposition Dialogbereitschaft.

Die Regierungsgegner waren einem Aufruf des rechtskonservativen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Henrique Capriles gefolgt. Sie forderten bei ihrer Kundgebung in der Hauptstadt Caracas, zu der mindestens 50.000 Menschen geströmt waren, die Entwaffnung paramilitärischer Gruppen und prangerten die hohe Inflation, die weit verbreitete Korruption und die grassierende Kriminalität an. "Es ist nicht gerecht, dass wir in einem der reichsten Länder der Welt nichts zu essen finden, und dass sie uns töten, dass wir bei Protesten unterdrückt werden", sagte der 24-jährige Student Joel Moreno.

An der Demonstration zur Unterstützung des linksnationalistischen Maduro beteiligten sich vor allem Frauen. Maduro hatte angekündigt, dass landesweit "Millionen Frauen" gegen den "Faschismus" demonstrieren würden. Unter seinen Anhängern regte sich Unmut über die Oppositionsproteste der vergangenen Wochen, an deren Rande es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen war. "Sie sollten den demokratisch gewählten Präsidenten regieren lassen", sagte die 54-jährige Josefina Lisset bei der Kundgebung in Caracas an die Adresse der Studenten. Regierungsgegner und Anhänger gingen auch in Mérida im Westen, Puerto La Cruz im Nordosten und im südlichen Puerto Ordaz auf die Straßen.

Präsident Maduro bezichtigte US-Außenminister John Kerry, gewalttätigen Gruppen "grünes Licht" für Angriffe gegeben zu haben. Kerry hatte der venezolanischen Regierung zuvor einen "inakzeptablen" Gewalteinsatz gegen die Proteste vorgeworfen. Maduro nannte Kerrys Äußerungen bei Twitter "arrogant" und "unverschämt". Er bestreitet jegliche Verbindung zu bewaffneten Gruppen und nennt die gegen ihn gerichteten Proteste einen "schleichenden Staatsstreich" der Rechten, angestiftet von Washington und dem ehemaligen konservativen Präsidenten Kolumbiens, Álvaro Uribe.

Die Beziehungen zwischen den USA und Venezuela sind stark belastet. Maduro hatte US-Präsident Barack Obama am Freitag vor ausländischen Journalisten zum bilateralen Dialog aufgefordert. Obama solle die "Herausforderung annehmen", sagte er und bot zudem an, einen Botschafter nach Washington zu entsenden. Seit 2010 haben die beiden Staaten keinen Botschafter mehr im jeweils anderen Land. Washington ging auf das Gesprächsangebot aus Caracas zunächst nicht ein.

vmd, AFP, DPA