Ein Mann saß jahrelang immer wieder stundenlang in der Kita Toni-Pfülf-Straße. Jetzt fördert ein Prozess vor dem Landgericht die schockierende Wahrheit zu Tage: Der Mann ist ein Kinderschänder.
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© Kurzendörfer/privatHilfsbereit, freundlich: Das ist das eine Gesicht, bzw. die zur Schau getragene Maske des Günther K. Im Jahr 2008 zog er für die SPD in den Bezirksausschuss ein – und legte das Mandat bald wieder nieder. Kleines Foto: Im Prozess versteckt Günther K. sich vor den Kameras.
München - Wie kann das sein? Da sitzt ein Mann Tag für Tag in einem städtischen Kindergarten und bleibt für Stunden! So hielt es Günther K. (56, alle Angaben geändert) jahrelang in der Kita Toni-Pfülf-Straße (Fasanerie). Jetzt fördert ein Prozess vor dem Landgericht die schockierende Wahrheit zu Tage: Der Mann ist ein Kinderschänder - und soll sich vor sechs Jahren auch in der Kita an die Kleinen rangemacht haben! Eltern protestierten damals gegen Günther K., der zeitweise ein eigenes Kind in der Kita hatte. Der Elternbeiratsvorsitzende erhebt noch heute den Vorwurf, dass die Stadt nichts getan habe.

Eigentlich wird Günther K. wegen ganz anderer Vorwürfe der Prozess gemacht: Der Münchner soll drei Kinder und Jugendliche aus seinem persönlichen Umfeld schwer missbraucht haben - ein Kind sogar hundertfach. Fast alles hat der Mann mit dem fröhlichen Lächeln gestanden, stellten Verteidiger und Staatsanwalt am Mittwoch in ihren Plädoyers fest. Selbst der Anwalt forderte noch sechseinhalb Jahre und Psychiatrie, der Ankläger sogar neun Jahre und Sicherungsverwahrung, und sagte: „Der Angeklagte hat sein ganzes Leben Kinder missbraucht.“ Günther K. habe eine zweistellige Zahl kleiner Seelen geschunden, sei schon 1980 und 1997 wegen Missbrauchs verurteilt worden und weiter äußerst gefährlich. Das Urteil fällt am Freitag.

Das Verfahren dreht sich also gar nicht um die Kita. Sie tauchte aber plötzlich in den Zeugenaussagen auf. Der damalige Elternbeiratsvorsitzende Ralph Henkler (62) sagte: „Täglich sah ich, wie er kleine Kinder unter dem Pullover streichelte oder Buben auf die Toilette begleitete. Ich beschwerte mich bei der Kita-Leiterin. Aber es half nichts, er war gut mit ihr befreundet.“ Noch immer kommen ihm die Tränen.

Ihm sei der Mann schon am ersten Tag merkwürdig vorgekommen. Henklers Tochter ging ab September 2007 in die Kita und sei am Anfang traurig gewesen, dass der Papa wieder gehen müsse, wie das bei den Kleinen eben ist. Die Erzieherinnen sagten, das lege sich bald, er solle schnell gehen. „Da bin ich ums Haus herum und sah durch ein Fenster, dass ein fremder Mann mein Kind auf dem Schoß hat!“, sagte Henkler der tz. Es war Günther K.!

Der Gerichtsgutachter bestätigte die Vorwürfe anhand der Angaben des Angeklagten: „Er ging mehrere Jahre dort ein und aus.“ Es sei fast erstaunlich, dass K. seinem Beruf habe nachgehen können, obwohl er täglich ein bis zwei Stunden in der Kita verbracht habe. K. habe sich schon zu Hause darauf gefreut und gesagt, er habe sich dort gefühlt „wie auf Wolke 7“ - oder „wie im Schlaraffenland“ ...

Elternvertreter Henkler sieht sich bestätigt. Der Spuk habe erst im August 2008 ein Ende gehabt - weil K. verhaftet worden sei! Zuvor habe er monatelang protestiert, bis in die höchsten Ebenen der Stadtverwaltung. K. sei dennoch in der Kita geblieben. Man habe ihm bedeutet, dass der doch im Bezirksausschuss sitze. K. war 2008 für die SPD in das Stadtteilparlament gewählt worden, legte 2009 sein Mandat angeblich aus „beruflichen Gründen“ nieder und hat nach tz-Informationen sein Parteibuch abgegeben.

Die Stadt verteidigt sich gegenüber der tz: Man habe den Vorwurf damals der Kripo übergeben und einen Elternabend abgehalten. Wann das war, konnte das Bildungsreferat nicht sagen. Jedenfalls hätten die Ermittler das Verfahren eingestellt.

Erklärung der Stadt
Der Verdächtigte ist Vater eines Kindes, das damals die Einrichtung besuchte. Zudem wurde er von den Kita-Eltern in den Elternbeirat gewählt. Die damalige Leiterin und der Verdächtigte kannten sich. Die Vorwürfe wurden damals von einigen Eltern der Stadt gegenüber artikuliert. Daraufhin wurde die Kriminalpolizei verständigt. Es wurde ein Verfahren eingeleitet, das später eingestellt wurde. Nach einer umfassenden Aufklärungsphase wurden die Eltern verständigt, unter anderem wurde ein Elternabend einberufen. Präventionsmaßnahmen und Beratungsangebote zum Thema „Wie schütze ich mein Kind“ wurden in der Kita etabliert. Die Stadt hatte keine weitergehenden Ermittlungsmöglichkeiten als die Kripo. Im Rahmen eines derzeit laufenden Strafverfahrens - 6 Jahre später - wurden vom Verdächtigen im Gerichtssaal wohl Aussagen gemacht, aufgrund derer wir vorsorglich Strafanzeige erstattet haben. Die Vorfälle, die der Beschuldigte nunmehr selber zur Sprache gebracht haben soll, müssen lückenlos aufgeklärt werden.