Eine vertauschte Beschilderung an einem Löschwasserverteiler soll der Grund für eine Explosion in der Godorfer Shell-Raffinerie gewesen sein. Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Gutachten hervor.
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© dpaBei dem Unglück in Köln war ein Tank auf dem Gelände in Brand geraten
Nach dem Großbrand in der Godorfer Shell-Raffinerie am 9. Januar hat das Unternehmen nun den Untersuchungsbericht eines externen Gutachters veröffentlicht. So geht der Experte derzeit davon aus, dass eine vertauschte Beschilderung an einem Löschwasserverteiler Grund für die Explosion und den Brand eines mit giftigem Tuluol gefüllten Tanks auf dem Gelände war.

Denn an dem Tag sollte die Löscheinrichtung eines leeren Tanks überprüft werden. Dazu wollten die Shell-Mitarbeiter einen Wasserschlauch an den leeren Tank mit der Nummer 305 anschließen. Allerdings war die festinstallierte Beschilderung laut Gutachter vertauscht und hinter dem Anschluss mit der Nummer befand sich der Tank 304 - und damit eben derjenige, der mit der giftigen Chemikalie gefüllt war.

Laut Gutachter lud sich der Löschschlauch anschließend beim Ausrollen elektrostatisch auf und es kam zu einer Funkenbildung, die letztendlich für die Explosion und den anschließenden Brand sorgte. Bislang sei nicht bekannt gewesen, dass die "Aktivierung des Löschsystems ein Feuer verursachen kann", erklärt Wulf Spitzley, Manager der Shell-Raffinerie in Godorf.

"Damit befasst sich der Gutachter und dem müssen und werden wir auch - in Kooperation mit dem Hersteller und anderen betroffenen Stellen - nachgehen", so Spitzley. Die Beschilderung der anderen Löschsysteme sei zudem umfassend überprüft worden, dort sei alles korrekt installiert worden.

Landtag befasst sich mit Unfällen

Während die Messungen der Feuerwehr nach dem Brand ergeben hatten, dass durch den Vorfall keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden hat, wurden nach dem Einsatz auf dem Raffinerie-Gelände in dem Löschwasser, das in Tanks gesammelt wird, das hochgiftige PFOS (Perfluoroctansulfonat) in extrem hoher Konzentration festgestellt.

Analysen ergaben, dass der Gehalt um das 15-fache über dem gesetzlichen Wert lag. "Wir bedauern diesen Befund sehr und setzen alles daran, die Ursache zu klären", meint Spitzley.

Auch der Landtag in Düsseldorf befasste sich am Mittwoch mit dem Vorfall in Godorf. Die "auffällige Häufung von Schadensfällen an dem Raffinerie-Standort" lasse sich nicht auf einen bestimmten Anlagentyp oder bestimmte Bereiche begrenzen, stellt NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) in seinem Bericht an den Ausschuss fest. Daher werde die Bezirksregierung Köln nun in Abstimmung mit dem Ministerium eine umfassende Überprüfung des gesamten Sichertheitsmanagements bei Shell veranlassen.

Kritik an Shells Informationspolitik

Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Hans Christian Markert, forderte, neben der Aufklärung der Pannen-Serie (siehe Infokasten) müsse der Konzern auch sicherstellen, "dass die Kommunikation im Krisenfall funktioniert und die Nachbarn alle wichtigen Informationen erhalten". Dies war im Januar zeitweise nicht der Fall.

Bei der Explosion waren ein riesiger Feuerball und eine zwanzig Meter hohe Rauchsäule in den Himmel gestiegen. Das Gebiet rund um den Unfallort wurde von der Polizei großräumig abgesperrt. Auch der Bahnverkehr der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) war betroffen und die Stadtbahnlinie 16 nach Bonn konnte nicht wie gewohnt fahren. Während Feuerwehr und Stadt die Bevölkerung vor dem Aufenthalt im Freien warnten und zudem ein Bürgertelefon eingerichtet wurde, äußerten sich vor allem die Anwohner in Godorf kritisch über die Informationspolitik von Shell.

"Wir haben erst Stunden nach der Explosion aus der Presse erfahren, dass wir Fenster und Türen schließen sollen", sagte Giuseppe Falsone, der nur etwa 150 Meter von der Unglücksstelle entfernt lebt. "Wenn giftiger Rauch aufsteigt, ist es doch nicht zu viel, wenigstens die direkten Anwohner durch Mitarbeiter zu informieren."