Die Kriegsgefahr in der Ukraine steigt immer weiter. Erstmals forderten die Kiewer Machthaber nun offiziell die USA und Großbritannien zum Eingreifen gegen die russische Präsenz auf der Krim auf. Wie bestellt, beginnt die US-Armee in dieser Woche gleich drei Manöver in Europa - jeweils in Gebieten, die an Russland grenzen. Auch die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben eine großangelegte Übung gestartet. Unterdessen sind die gesamten Goldvorräte der Ukraine offenbar auf Befehl der Putsch-Führung eilig in die USA gebracht worden.

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© Dima SergienkoSU-25 (Mitte) und MIG-29 der ukrainischen Luftwaffe
Die Verlagerung des gesamten Staatsschatzes meldet die ukrainische Nachrichtenseite" Iskra-News", deren Bericht inzwischen von diversen ausländische Medien aufgriffen wurde. Demnach wurden 40 Kisten Gold in Transportern ohne Kennzeichen zum Kiewer Flughafen Borispol - dem internationalen Flughafen der Hauptstadt - gefahren und dort eilig in ein Frachtflugzeug verladen. Rund 15 maskierte und schwarz gekleidete Männer hätten den Transport überwacht. Von einem leitenden Regierungsbeamten will Iskra-News erfahren haben, dass die kompletten Goldreserven von 42,3 Tonnen auf Anweisung der „neuen Führung“ in die Vereinigten Staaten geschafft wurden. Der Wert des Edelmetalls wird von Experten mit 1,3 Milliarden Euro angegeben.

Die Machthaber in Kiew äußerten sich zu den Enthüllungen bislang nicht - es gab allerdings auch kein Dementi. Dass Staaten ihr Gold in den Tresoren des US-Zentralbank Fed lagern, ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich. Allerdings gab es immer wieder Zweifel daran, ob die in den USA aufbewahrten Edelmetalle auch tatsächlich physisch vorhanden sind und im Falle eines Währungszusammenbruchs ausgehändigt werden. Die Bundesbank entschied sich daher dafür, die deutschen Goldreserven aus den USA zurück nach Frankfurt zu überführen, was teilweise auch bereits geschah. Sollte das vollständige ukrainische Gold tatsächlich in die Vereinigten Staaten gebracht worden sein, würde der Zugriff Kiews auf seinen Staatsschatz de facto vom guten Willen Washingtons abhängen.

Während das Gold der Ukraine offenbar außer Landes geschafft wurde, steigt die Verschuldung gegenüber dem Westen. Die Weltbank teilte mit, Kiew drei Milliarden Dollar zur „Verfügung zu stellen, um „die Reformen zu unterstützen“, hieß es in einer Erklärung des von den USA beeinflussten Geldhauses.

Parallel dazu steigt die Kriegsgefahr in der Region weiter an. Die Rada, das ukrainische Parlament, hat offiziell Hilfe nach dem Budapester Memorandum beantragt. In dem Papier garantieren seit 1994 unter anderem die USA und Großbritannien den territorialen Zuschnitt der Ukraine. Im Gegenzug verzichtete Kiew auf seine von der Sowjetunion übernommenen Kernwaffen. „Das Parlament der Ukraine rief die Staaten, die als Garanten dem Budapester Memorandum auftreten, auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen - politische, diplomatische und militärische Maßnahmen zu treffen, um die territoriale Integrität des Landes sichern zu können“, heißt es in der von 263 Abgeordneten verabschiedeten Verordnung 4390. Es ist das erste Mal, dass Kiew um Hilfe nach dem Memorandum ersucht.

Die Vorbereitungen für eine derartige Unterstützung könnten schon angelaufen sein. Am heutigen Dienstag beginnen die US-Armee, sowie Rumänien und Bulgarien mit einem Manöver. An der Übung beteiligt ist auch der mit Marschflugkörpern ausgestattete Raketenzerstörer USS Truxtun, welcher zur Kampfgruppe des Flugzeugträgers USS George H.W. Bush gehört. „Im Schwarzen Meer läuft der Zerstörer einen Hafen an und wird unter Teilnahme von Verbündeten und Partnern das Zusammenwirken bei der Gewährleistung der Sicherheit üben“, hieß es in einer Mitteilung der Marine. Nach Angaben des ukrainischen Fernsehsehsenders Kanal 5 findet das Manöver nahe der ukrainischen Hoheitsgewässer statt.

Die USS George H.W. Bush ist unterdessen am Sonntag im türkischen Hafen von Antalya eingelaufen - nach offiziellen Angaben für einen länger geplanten Besuch. In der vergangenen Woche hatte das Kriegsschiff mit Kampfflugzeugen an Bord nach türkischen Zeitungsberichten eine Durchfahrerlaubnis durch den Bosporus erhalten, von dieser jedoch bislang keinen Gebrauch gemacht. Offiziellen Angaben des Pentagons zu Folge traf zudem der Lenkwaffenkreuzer USS Philippine Sea im türkischen Aksaz ein. Der Lenkwaffenzerstörer USS Roosevelt befindet sich seit Sonnabend im kroatischen Split.

Am morgigen Mittwoch wird die NATO eine Militärübung in Norwegen beginnen. Daran beteiligt sind 16 Staaten mit insgesamt 16.000 Soldaten. In Polen startete ein Luftwaffenmanöver. Die USA hatten zuvor Kampfflugzeuge in das mitteleuropäische Land entsandt. Auch im Baltikum wurde die Präsenz der US-Luftwaffe durch sechs Maschinen mehr als verdoppelt. In Polen und Rumänien sind zudem AWACS-Aufklärungsflugzeuge im Einsatz.

US-Generalstabschef Martin Dempsey nahm mit Blick auf die Absichten seiner Regierung gegenüber Russland kein Blatt vor den Mund. „Wir versuchen Russland beizubringen, dass die Krise in der Ostukraine nicht zugespitzt werden darf. Stattdessen müssen Bedingungen für eine Lösung der Krim-Krise geschaffen werden“, so der hochrangige Militär.

Auch die Kiewer Machthaber rasseln mit dem Säbel. Die ukrainische Armee begann nach eigenen Angaben mit einer großangelegten „Überprüfung“ der Kampfbereitschaft. In diesem Zusammenhang könnten auch wiederholte Meldungen von Truppenbewegungen im Süden des Landes stehen. Bislang nicht bestätigt wurden unterdessen Hinweise, wonach Kiew gemeinsam mit dem NATO-Land Polen für Mai Übungen der Luftwaffe plant. Kiews Verteidigungsminister Igor Tenjuch bestritt einen aktuell geplanten Einsatz auf der Krim, da kein Kriegszustand verhängt wurde. Zugleich verwies er auch auf „Geld und Ressourcen“, die offenbar nicht ausreichend vorhanden sind.

Unklare Meldungen kommen unterdessen aus dem Ort Dschankoj im Norden der Krim. Der ukrainische Nachrichtenagentur "Ukrinform" berichtet unter Berufung auf ein Fernsehinterview des Kommandeurs des Truppenteiles A1387 für Personalfragen und Personalarbeit, Mychailo Tretjak, 15 Soldaten hätten den örtlichen Flughafen besetzt. „Ihre Aufgabe sollte im Vorbeugen von Provokationen und im Gewähren der Stabilität auf dem Flugplatz bestehen. Sie stellen keine Forderungen. Sie handeln den Befehlen nach, das heißt wann sie weggehen werden kann ich nicht sagen“, gibt die Agentur den Militär indirekt wieder. Auf dem Rollfeld können schwere Transportmaschinen starten und landen. Um wen es sich bei den Besetzern handelt, blieb offen.