Wird das Monopol des Petrodollars zerschlagen? Als die US-Politiker Russland mit Wirtschaftssanktionen belegten, wäre ihnen vermutlich niemals in den Sinn gekommen, dass das auch ernste Folgen für die USA haben könnte. Aber jetzt berichten russische Medien, dass das russische Finanzministerium alles für eine »Entdollarisierung« vorbereitet.
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Seit Jahrzehnten werden weltweit fast sämtliche Erdöl- und Erdgasgeschäfte in US-Dollar abgewickelt, was, wie ich nachfolgend erkläre, gewaltige Vorteile für die US-Wirtschaft mit sich brachte. Nationen wie Russland und China haben in den vergangenen Jahren immer wieder gegrummelt und ein neues System gefordert, aber zwingende Gründe, am Status quo zu rütteln, gab es eigentlich nicht.

Doch das ist nun Vergangenheit. Die Ukraine-Krise hat Russland dazu veranlasst, sämtliche Aspekte seiner finanziellen Beziehungen zu den USA auf den Prüfstand zu stellen. Wenn Russland künftig Erdöl und Erdgas in größeren Mengen in anderen Währungen handelt, wäre das ein deutlicher Rückschlag für den Petrodollar. Die Weltwirtschaft könnte dadurch dramatische Veränderungen erleben.

Die russische Regierung hat darüber beraten, ob man in russischen Exportaktivitäten künftig ohne den Dollar auskommt. Das sollte eigentlich die Schlagzeilen der Mainstream-Nachrichten in den USA dominieren, dermaßen wichtig ist diese Nachricht. Stattdessen hüllen sich die großen Mainstream-Nachrichtenwebsites bislang in Schweigen und einzig russische Nachrichtenseiten wie Voice of Russia berichten über das Thema.

Die russische Presse berichtet, dass das Finanzministerium bereit ist, einen Plan abzusegnen, der die Rolle des russischen Rubels im Exportgeschäft radikal aufwertet, während gleichzeitig der Anteil der Dollar-Transaktionen reduziert wird. In Regierungskreisen heißt es, der russische Bankensektor sei »bereit, eine höhere Menge an Transaktionen in Rubeln zu bewältigen«.

Wie die Nachrichtenagentur Prime meldete, organisierte die Regierung am 24. April eine Sondersitzung, bei der es um die Frage ging, wie man im russischen Exportgeschäft ohne den US-Dollar auskommt. Führende Sachverständige aus dem Energiesektor, dem Bankenwesen und aus Regierungseinrichtungen wurden hinzugezogen, mehrere Maßnahmen wurden als Reaktion auf die Sanktionen vorgeschlagen, die Amerika gegen Russland verhängt hat.

Den Vorsitz bei dem »Entdollarisierungstreffen« hatte der erste Vize-Premier Igor Schuwalow, was zeigt, wie ernst es Moskau mit seinen Absichten ist, auf den Dollar zu verzichten. Wird Russland das durchziehen?

Wir reden hier nicht über einen Klaps auf die Finger, das wäre eher so, als ob man einen mit der Faust auf die Nase bekommt. Es ist nämlich so, dass Russland beim Handel mit Erdgas und Erdöl nicht irgendein kleiner Fisch ist: Das Land ist der größte Exporteur von Erdgas und die Nummer zwei weltweit bei der Ausfuhr von Erdöl. Wenn Russland künftig bei der Bezahlung die Annahme von Dollar verweigert, wäre dies praktisch das Ende des Petrodollar-Monopols.

Das funktioniert aber nur, wenn Russland Handelspartner hat, die bereit sind, mitzuziehen. In dem oben angesprochenen Artikel führt Voice of Russia den Iran und China als Länder an, die möglicherweise bereit wären, den Umstieg mitzumachen.

Wie erfolgreich Russland mit dem Versuch ist, auf Rubel oder andere regionale Währungen umzusteigen, hängt natürlich davon ab, inwieweit die Handelspartner willens sind, sich vom Dollar zu verabschieden. Gegenüber Politonline.ru nannten informierte Quellen zwei Länder, die bereit wären, Russland zu unterstützen - den Iran und China. Wladimir Putin wird am 20. Mai Peking besuchen. Es ist davon auszugehen, dass die Erdöl- und Erdgasverträge, die Russland und China dann unterzeichnen werden, in Rubel und Renminbi abgewickelt werden und nicht in Dollar.

China scheint seit Längerem zu einer Abkehr vom Dollar bereit zu sein. In einem früheren Artikel hatte ich von einer französischen Nachrichtenwebsite zitiert. Es ging darum, dass Chinas staatliche Nachrichtenagentur eine neue internationale Leitwährung gefordert hat, die die Dominanz des Dollar ersetzt. Dass der Greenback die globale Leitwährung ist, hat den USA im Lauf der Jahrzehnte einen billionenschweren Vorteil kostenloser Kredite eingebracht.

Doch als die Weltwirtschaft vergangenen Monat zitterte angesichts der Möglichkeit, dass die USA zahlungsunfähig werden - ein Szenario, das Washington nur dadurch umgehen konnte, dass man sich auf eine Schuldenobergrenze verständigte - , rief Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhuazu einer »entamerikanisierten« Welt auf. Xinhua drängte zudem zur Schaffung einer »neuen internationalen Leitwährung, ... die den dominanten Dollar ablöst«.

Aber warum ist der Petrodollar überhaupt so wichtig?

Weil er in aller Welt für gewaltige Nachfrage nach dem Dollar sorgt. Jeder braucht Dollar, um mit den anderen handeln zu können, das sorgt dafür, dass weltweit der Hunger nach dieser Währung nicht abreißt. Der Wert des Dollar wurde auf diese Weise künstlich hoch gehalten, was uns Amerikanern erlaubt hat, supergünstige Waren im Wert von Billionen von Dollar zu importieren. Würden andere Länder aufhören, mit dem Dollar zu arbeiten, würde der Wert des Dollar dramatisch einbrechen und für den Plunder, den wir bei Wal-Mart und in Ramschläden kaufen, müssten wir viel, viel mehr bezahlen.

Dass der Dollar die inoffizielle Weltwährung ist, hat die Nachfrage nach unseren Schuldscheinen steigen lassen. Große Exportnationen wie China und Saudi-Arabien hocken auf Bergen unserer Dollar. Aber sie schieben sich das Geld nicht einfach unters Kopfkissen und lassen es dort liegen, vielmehr investieren diese Länder ihre Dollar meist in Anlagepapiere, die sich im Bedarfsfall rasch wieder in Dollar umwandeln lassen. Eine der beliebtesten Methoden dabei ist der Kauf amerikanischer Staatsanleihen. Das hat dazu geführt, dass die Zinsen, die amerikanische Schuldverschreibungen abwerfen, im Laufe der Jahre immer weiter gesunken sind. So konnte die US-Regierung Billionen von Dollar praktisch zum Nulltarif leihen.

All das könnte sich ändern, wenn sich der Rest der Welt vom Dollar verabschiedet. Damit wir unseren Lebensstandard halten können, ist es zwingend erforderlich, dass der Rest der Welt weiterhin mit unserer Währung arbeitet. Wenn Russland also tatsächlich seinen Plan für eine »Entdollarisierung« umsetzt, wäre das eine große Nummer - vor allem dann, wenn der Rest der Welt diesem Vorbild folgen würde.

Schon jetzt steht die US-Wirtschaft am Rande eines weiteren großen Abschwungs und es gibt zahlreiche Hinweise dafür, dass am Horizont noch weiterer Ärger aufzieht. Ausführlicheres dazu können Sie hier nachlesen. So ziemlich das Letzte, was wir nun gebrauchen können, ist, dass unser Petrodollar-Monopol in Gefahr gerät. Es wäre schön, wenn sich die Lage in der Ukraine beruhigte und sich das Verhältnis zwischen den USA und Russland wieder normalisierte. Doch leider ist damit in der näheren Zukunft nicht zu rechnen.


Kommentar: Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich die Hände.


Ganz im Gegenteil: Die Regierung der Ukraine hat bereits eingestanden, dass sie »sich im Grunde genommen im Kriegszustand befindet«. Am Dienstag wurden in der Ostukraine bei einem Angriff auf einen Konvoi sechs ukrainische Soldaten getötet und acht verwundet. Die Regionen in der Ostukraine haben ihre Unabhängigkeit erklärt und Kiew ein Ultimatum für einen Abzug der Truppen gestellt. Kommt Kiew dem nicht nach, droht Krieg.

Bricht in der Ukraine ein richtiger Bürgerkrieg aus, wird diese Krise ein völlig neues Ausmaß annehmen. Leider sind die meisten Amerikaner sehr apathisch, was dieses Thema anbelangt, und wissen sehr wenig darüber, was gerade passiert. Doch letztlich könnte all das dramatische Folgen für uns alle haben.