Vollgelaufene Keller, überflutete Straßen, umgestürzte Bäume - vor allem in Brandenburg hatten die Feuerwehren zuletzt viele Einsätze wegen Unwettern. In den vergangenen Jahren müssten sie häufiger aus solchen Gründen ausrücken, beobachteten Brandenburger Leitstellen. Herrschen hier jetzt tropische Verhältnisse? Meteorologen sagen, dass das Wetter tatsächlich ungewöhnlich ist.
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Unwetterwarnungen, heftige Gewitter, umgestürzte Bäume, überflutete Straßen, vollgelaufene Keller - das Wetter lieferte in den vergangenen Wochen immer wieder Stoff für negative Schlagzeilen. Am Montag hatte eine Gewitterfront mit Starkregen und Hagel im Süden Brandenburgs schwere Schäden angerichtet. In Cottbus musste der Bus- und Tramverkehr zeitweilig eingestellt werden, weil Schienen und eine Unterführung unter Wasser standen. Die Feuerwehr musste zu 150 Einsätzen ausrücken. Auf der A9 in Sachsen-Anhalt kurz hinter der Brandenburger Grenze hatte ein Erdrutsch für Verkehrsbehinderungen gesorgt. Bereits am Sonntag hatten heftige Gewitter zahlreiche Feuerwehreinsätze im Osten und Süden Brandenburgs verursacht. Und am Dienstag schloss sich gleich die nächste Unwetterwarnung in Brandenburg an.

Dass sich das Wetter in den vergangenen Jahren verändert hat, beobachtet auch die Feuerwehr in Brandenburg. "In den vergangenen drei Jahren sind die Einsätze aus Wettergründen mehr geworden, wenn auch nicht sprunghaft, aber mit leicht steigender Tendenz", sagte Rainer Schulz, Bereichsleiter Gefahrenvorbeugung bei der Berufsfeuerwehr Potsdam rbb online am Dienstag - mit Blick auf die Landkreise Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und die Stadt Potsdam. Wenn es Unwetter gibt, dann seien sie kräftiger, was zum Beispiel Niederschläge und Stürme angeht. "Zuletzt hatten wir 30 Einsätze für ein Stürmchen, das hier durchgezogen ist", so Schulz. "Das ist viel."

"Unwetter heftiger als früher"

Anhand konkreter Zahlen sei dieser Eindruck zwar nicht zu belegen, da die Einsätze bei einem Unwetter zusammengefasst und nicht einzeln dokumentiert werden. Und die Statistik beim Innenministerium weist wetterbedingte Einsätze nicht gesondert aus.

Die Beobachtung aus der Regionalleitstelle Nord-West bestätigt man aber auch in der Lausitz. Auch dort seien die Einsätze wegen Unwettern in den vergangenen Jahren mehr geworden, gibt Michael Barufka, Schichtführer in der Regionalleitstelle seinen Eindruck wieder. Und auch er sagt: "Wenn es ein Unwetter gibt, dann ist es heftiger als früher." Die Stürme seien stärker geworden. "Sie entwurzeln zum Beispiel mehr Bäume."

Die häufigeren Unwetter-Einsätze bedeuteten auch eine erhöhte Belastung für die Feuerwerker, so Barufka. Zwar seien Einsätze immer zu bewältigen, notfalls werden Leute aus ihrer Freizeit geholt. Doch die Einsätze gingen teilweise auch an die Belastungsgrenze der Kollegen.

Das Wetter spielt verrückt - aber warum?

Auch von Metereologenseite wird der Eindruck, dass das Wetter momentan besonders ist, bestätigt. "Aktuell ist das Wetter tatsächlich ungewöhnlich", sagt Dennis Brüning, Metereologe beim Wetterdienst MeteoGroup, rbb online. Das Wetter in der Region sei bestimmt von einer sehr feuchten Wärme. "Es kommen Luftmassen aus tropischen und subtropischen Regionen nach Berlin und Brandenburg, die über dem Mittelmeer Feuchtigkeit aufnehmen", erklärte Brüning. "Und je feuchter die Luftmassen, desto kräftiger fallen Schauer und Gewitter aus." Im Juli war Berlin mit 21,7 Grad Celsius im Schnitt das wärmste Bundesland, gefolgt von Brandenburg. "In Berlin war es im Juli 3,5 Grad zu warm", so Brüning.

Besonders in den vergangenen Jahren würden sich diese Wetterlagen sehr lange halten. Die typischen Westwetterlagen, die gemäßigtere Luftmassen mit sich brachten, seien nicht mehr so stabil. Es regne nicht häufiger und nicht stärker als früher, doch durch das lange anhaltende feuchtwarme Wetter gebe es insgesamt mehr Niederschläge.

Erdrutsch sehr ungewöhnlich

Wenn der Boden durchweicht sei, könnten auch Erdrutsche zustande kommen. Was genau der Auslöser für den Erdrutsch an der A9 war, wisse er nicht. Klar sei allerdings: "Für diese Region ist das schon sehr ungewöhnlich." Und eher typisch für bergigere Gebiete wie etwa die Alpen.

Inwieweit diese Wetterentwicklung ein längerfristiger Trend sei und wo die Gründe hierfür liegen, könne er aktuell nicht sagen. Dafür müssten die Daten über einen längeren Zeitraum wissenschaftlich ausgewertet werden.

Bald tropische Verhältnisse in der Region? Warnschwellenwert erhöht

Damit kann auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) nicht dienen. Aber die Unwetter haben dort bereits Wirkung gezeigt: Im vergangenen Jahr wurde der Warnschwellenwert für eine "markante Wetterwarnung" vor Starkregen von 10 auf 15 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde erhöht. "Damit wir nicht ständig Warnungen herausgeben müssen", erklärt Thomas Endrulat vom DWD in Potsdam. Die Schwelle für Unwetterwarnungen liege unverändert bei 25 Litern.

Auch Endrulat sagt, die Unwetter seien in den vergangenen Jahren mehr geworden - betont aber, das sei sein subjektiver Eindruck. Statistisch könne er das nicht belegen. Denn bereits die Daten zu sammeln, sei schwierig. "Dafür müsste man die Niederschlagsmengen erfassen." Doch die Regengüsse gingen ja nicht jedes Mal exakt über der Messstation nieder. Und auch ob die vermehrten Unwetter ein längerfristiger Trend seien, sei nicht zu sagen. "Schon nächstes Jahr kann es wieder ganz anders aussehen", erklärte Endrulat. Längerfristige Entwicklungen seien ohnehin frühestens in zehn Jahren auszumachen.

"Fokus mehr aufs Wetter gerichtet"

Was aber jetzt schon klar ist - zumindest für Dennis Brüning: Das Interesse an Wetterphänomenen sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, hat der Metereologe von MeteoGroup beobachtet. "Der Fokus der Menschen ist mehr aufs Wetter gerichtet." Die Gründe dafür seien vielschichtig und hätten beispielsweise mit der Präsenz des Klimawandels in den Medien zu tun. Aber auch die länger anhaltenden Wetterperioden mit tropischen und subtropischen Einflüssen könnten dazu beigetragen haben.