Markus Mergenthaler wollte es genau wissen. Also schichtete er nach historischen Vorlagen vier Raummeter Holz auf. Darauf wurde der 70 Kilogramm schwere Kadaver eines Ebers gelegt, der - wie es heißt - ansonsten in der Tierkörperverwertungsanlage entsorgt worden wäre. Dann wurde der Scheiterhaufen nicht nur von außen, sondern auch von innen angezündet. Nach 45 Minuten klappte das brennende Holz zusammen, nach weiteren 75 Minuten war nichts mehr zu sehen.

hexenhemd
© dpaEin uraltes Hexen-Hemd aus Veringenstadt. Unschuldige Frauen mussten nach der Verurteilung solche Hemden anziehen. Anna Kramerin wurde 1680 gnadenhalber enthauptet, nicht verbrannt, weshalb dieses Hemd erhalten blieb.
Mit diesem Experiment hat Mergenthaler, Leiter des Knauf-Museums im unterfränkischen Iphofen, bewiesen, dass Hinrichtungen, wie sie Filme wie "Der Herr der Ringe" oder "Der Name der Rose" bieten, an der Wirklichkeit vorbeigingen. Was in den Hollywoodfilmen zu sehen ist, sei ein Grillen gewesen, sagt Mergenthaler. Die kompakte Bauart des Scheiterhaufens in Form eines "U" habe dagegen ein weitgehend geruchsfreies Verbrennen ermöglicht. Das gruselige Experiment ist Teil eines Ausstellungsprojekts, mit dem das Knauf-Museum den "Hexenwahn in Franken" illustrieren will. Und der hatte es in sich. Mindestens 25.000 vermeintliche Hexen und Zauberer sollen ihm zum Opfer gefallen sein. Die blutigen Verfolgungen wurden derart konsequent und brutal betrieben, dass ein Zeitgenosse ähnliche Maßnahmen im fernen Westfalen "Wirtzbuergisch werck" beschrieb.

Unerbittlicher Motor war die katholische Kirche. Dabei tat sich vor allem der Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1545-1617) hervor. Während er sich seinen gläubigen Schäflein als Wohltäter präsentierte - das von ihm gegründete Juliusspital, ein Krankenhaus mit Weingut, trägt bis heute seinen Namen - , ließ er öffentlich verbreiten, dass er "das Ungeziffer gentzlich außrotten wil". Dafür seien "allbereit ... starke Brände gethan" worden. Hunderte Frauen, Männer und Kinder starben in Massenexekutionen auf den Scheiterhaufen. Um Holz zu sparen, wurden sogar Verbrennungsöfen gebaut - Krematorien.

Der oberfränkische Bezirksheimatpfleger Günter Dippold spricht in seinem Katalogbeitrag mit Blick auf das Hochstift Bamberg von einer regelrechten "Ausrottungspolitik".


Kommentar: Erinnert "Ausrottungspolitik" nicht ein wenig an die derzeitige Ausrottung der Palästinenser durch die Israelis?


Was das für die Verdächtigen bedeutete, lässt sich an eisernen Folterwerkzeugen mit abstrus-verharmlosenden Namen wie "Mundbirne" und "gespickter Hase" oder dem Modell eines Scheiterhaufens erahnen. Der Irrsinn wird vor allem in den Geschichten von 18 Opfern deutlich, deren Prozessakten zu sehen sind und deren Fälle in Audio-Installationen erzählt werden. Darunter ist Hans Zink, ein Zehnjähriger aus der Grafschaft Wertheim, der sich selbst der Zauberei bezichtigte. Er gab an, einen Gürtel zu besitzen, der ihn in einen Hasen verwandeln könne. Mit anderen Kindern wurde er eingesperrt und beobachtet. Die Akte ist erhalten, ein zwei Daumen dickes Bündel Papier mit gestochen scharfer Schrift - auch der schmale Gürtel ist in der Ausstellung zu sehen. Was aus dem Jungen wurde, ist unklar.

Weil Hexerei als besonders verderbliches Verbrechen galt, entwickelte die Verfolgung sich zu einem wahren Teufelskreis. Den Verdächtigen wurden Verteidiger verweigert, Folterknechte zwangen sie zu Geständnissen und brachten sie dazu, vermeintliche Komplizen zu nennen.


Kommentar: Erinnert das nicht ein wenig an die kürzlichen Handlungen der USA in fremden Nationen wie z.B. im Irak-Krieg? Obama selbst hat Folter zugegeben.


Birgit Geißler, Leiterin des Dokumentationszentrums Zeiler Hexenturm, spricht von einem "Schneeballsystem". "Es war ein Phänomen, das in ganz Europa zu verfolgen war. Es gibt nicht die eine Ursache, sondern eine Anhäufung von Ereignissen." Dieser Argumentation folgen auch die Macher der Iphofener Ausstellung: Verbreiteter Aberglaube, Gegenreformation, schwere Epidemien und desaströse Wetterphänomene aufgrund der sogenannten Kleinen Eiszeit gaben den Hintergrund für den Hexenwahn.


Kommentar: Erinnert das nicht ein wenig an die heutigen Epidemien wie z.B. Ebola? Und das immer häufiger auftretende extreme Wetter?


Die Hexen hätten die Ernte verdorben, und Gott lasse es zu, weil er erzürnt sei, dass die Obrigkeit nicht entschieden gegen die Teufelsbündner vorgehe, sagt der damalige Bamberger Generalvikar und Weihbischof Friedrich Förner.


Kommentar: Wenn große Unglücke über die Menschheit hereinbrechen, werden von den Eliten immer Sündenböcke gesucht, obwohl die Eliten selbst, durch ihren alleinigen Einfluss auf die Bewegungen der Menschheit, die größte Verantwortung tragen. Durch diese Taktik versuchen sie zu vermeiden, dass die Menschen ihnen die Schuld geben, und sie von ihren leitenden Positionen für immer entfernen. Leider hat die Menschheit immer noch nicht gelernt, dass gewissenlose Anführer (sprich: Psychopathie) unweigerlich den Zorn von Mutter Natur heraufbeschwören. Denn Destruktivität und Zerstörung, ausgehend von den Menschen, wird immer das gleiche aus dem Kosmos anziehen.


Der Historiker Hans-Wolfgang Bergerhausen: "Armut, Hunger und Krankheit bedrohten auch bisher relativ gesicherte Bevölkerungsschichten. Vor diesem Hintergrund bekamen Hexenjagden eine Ventilfunktion für zutiefst verunsicherte Menschen." "Man sucht praktisch einen Sündenbock", so Mergenthaler. Im Ausstellungskatalog ist von mindestens 3000 Opfern in Franken die Rede - auch in lutherischen Herrschaftsgebieten wie dem Markgrafentum Ansbach kam es zu Hexenprozessen. Erst der Einmarsch der Schweden im Dreißigjährigen Krieg beendete die großen Verfolgungswellen, wobei es in Würzburg noch 1749 zu einem letzten Hexenprozess mit Todesurteil kam.

Allerdings sind noch nicht alle Fälle aufgearbeitet. Mergenthaler erzählt, manche Akten im Würzburger Staatsarchiv habe er mit der Rasierklinge geöffnet - sie waren seit Jahrhunderten nicht mehr gelesen worden. Für Iphofen, bislang ein weißer Fleck auf der Verfolgungskarte, fand das Team prompt mehrere Fälle. "Das muss noch ein wesentlich allgemeineres Phänomen gewesen sein, als wir uns in unseren schlimmsten Fantasien ausmalen konnten", sagt Zentrumsleiterin Geißler mit Blick auf aktuelle Forschungen.