Der Vorstandschef von Total SA, Europas drittgrößtem Öl-Konzern, ist beim Start eines Business-Jets am Moskauer Vnukovo-Flughafen ums Leben gekommen. Die Maschine mit vier Insassen, die alle bei dem Unfall starben, sollte nach Paris fliegen. Sie streifte nur wenige Minuten vor Mitternacht Moskauer Zeit auf der Startbahn bei Nebel und Schneefall ein Räumfahrzeug, hob zwar noch ab, stürzte dann aber zu Boden.


Auf den ersten Blick handelt es sich um einen Unfall.

Doch wegen der Seltenheit solcher Unfälle - und weil der Total-Chef Christophe de Margerie wegen seiner brisanten Positionen sowie dem Engagement seines Hauses an politischen Brennpunkten im Irak, Iran und Myanmar viele Gegner hat - vor allem in den USA − könnte die anlaufende Untersuchung des Unglücks ebenso einen Anschlag offenlegen.

De Margerie war einst der erste Boss eines großen Öl-Unternehmens, der von Peak Oil sprach und damit in der Industrie großen Unmut auf sich zog. Jetzt wird er als ein führender europäischer Topmanager trotz der Sanktionen gegen Russland in Moskau gesehen.

Kurz nach der heftig umstrittenen Geldstrafe der US-Behörden gegen Frankreichs führende Bank BNP Paribas in Höhe von knapp neun Milliarden Dollar im Sommer dieses Jahres, attackierte de Margerie außerdem den US Dollar.

»Niemand kann daran gehindert werden, für Öl in Euro zu zahlen«, wetterte de Margerie bei der Cercles des Economistes-Konferenz in Aix-en-Provence, »eine Raffinerie kann an jedem beliebigen Tag in Euro bezahlen«. Der Chef von Total hatte mit den USA aber auch ohne seine viel beachtete Dollar-Attacke großen Ärger.

Im vergangenen Jahr warf die US-Börsenaufsicht SEC dem europäischen Energiekonzern vor, gegen die Iran-Sanktionen verstoßen zu haben. Total, so die Anschuldigung, soll 60 Millionen Dollar an iranische Mittelsmänner gezahlt haben, um an Aufträge im Iran heranzukommen.

Laut der SEC soll Total dabei 150 Millionen Dollar Gewinn gemacht haben. Betrügerische Beratungsverträge sollen zur Tarnung der korrupten Geschäfte vereinbart worden sein. Total zahlte später über 398 Millionen Dollar für einen Vergleich mit der SEC.

Das alles ist zumindest Stoff genug, um sich über die Hintergründe des Absturzes einige Fragen zu stellen.

Der Total-Chef hatte zudem jede Menge Ärger rund um seine Investments in Südostasien und Zentralasien. Der französische Multi sah sich zum Beispiel mit Vorwürfen konfrontiert, er habe am Yadana-Vorkommen in Myanmar Zwangsarbeiter eingesetzt.

Die Vorwürfe wurden auch in Berichten der ILO und des US-Arbeitsministeriums wiedergegeben, obwohl Total ihnen stets heftig widersprach. Total nahm seine Geschäfte in dem Land 1992 auf, die Förderung in Yadana startete im Jahr 2000.