Studenten sind politisch engagiert, eher links und tolerant? Nicht unbedingt, wie nach SPIEGEL-Informationen eine neue Regierungsstudie zeigt. Demnach wollen sie vor allem eines: "Sich schöne Dinge leisten können."
Bild
© Corbis
Ernüchterndes Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Studie der Bundesregierung: Deutsche Studenten sind demnach eine konservative Gruppe, der finanzielle Sicherheit wichtiger ist als politisches Engagement. "Die Ergebnisse zeichnen das Bild einer stark ichbezogenen Studentengeneration. Berufliches Vorankommen sowie materielle Werte sind für sie sehr wichtig", heißt es in der Studie von TNS Infratest, die vergangenes Jahr im Auftrag des Bundespresseamts erstellt wurde. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)

"Sich schöne Dinge leisten können" steht für die Studenten zum Beispiel weit oben auf der Agenda. In einer ähnlichen Studie im Jahr 1995 fanden dies nur 31 Prozent wichtig, heute sind es 73 Prozent der Befragten. Dagegen hat das politische Interesse der Studenten im Vergleich zu früheren Untersuchungen nachgelassen. Lediglich 45 Prozent interessieren sich laut Infratest stark oder sehr stark für Politik.

Studenten sind seltener politisch links

Auch das Engagement in Parteien oder politischen Studentengruppen hat nochmals nachgelassen. Die Grünen werden zudem von den Infratest-Forschern als die "großen Verlierer" ausgemacht. In den Neunzigerjahren standen sie mit großem Abstand auf Platz eins der beliebtesten Parteien. Heute liegen sie etwa gleichauf mit Union und Sozialdemokraten. Für die Forscher ist klar, dass das Klischee von einer "politisch eher links zu verortenden" Studentenschaft nicht mehr pauschal zutrifft.

Darauf deutet auch hin, dass die Studenten bei Zuwanderungsfragen "nicht frei von Vorbehalten sind", wie die Forscher feststellen. "Jeweils rund die Hälfte findet, dass die Zahl der Zuwanderer die Integrationskraft der Gesellschaft überfordert und dass Deutschland in Zukunft nicht mehr Fachkräfte aus dem Ausland braucht."

Walter Grünzweig, Professor für amerikanische Literatur und Kultur an der Technischen Universität Dortmund und Träger des Ars-Legendi-Preises für exzellente Lehre, macht für die Entwicklungen auch die Politik verantwortlich. Der einzige Zweck, den Hochschulen seit der Bologna-Reform noch zu erfüllen hätten, sei es, "Schmalspur-Absolventen" für den Arbeitsmarkt zu produzieren. "Wir erziehen eine unpolitische, antiintellektuelle Generation", warnt Grünzweig, der bei den aktuellen Studenten von einer Generation "unter extremem Druck" spricht.