In Europa bröckelt die von den USA erzwungene Front gegen Russland. Immer öfter werden die erst kürzlich verschärften Sanktionen infrage gestellt. Zuerst hatten Außenminister Steinmeier und Vizekanzler Gabriel vor einer Übertreibung gewarnt. Über die ruhigen Tage meldeten sich jetzt die EU-»Außenministerin« Federica Mogherini und Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer zu Wort. Während Russlands Wirtschaft kollabiert, wird den ersten Politikern klar, wie unsinnig es ist, ein Land, das zu Europa gehört und auf der eurasischen Achse zwischen Peking und Berlin liegt, zum Gegner in einem neuen Kalten Krieg zu stempeln und wirtschaftlich zu isolieren.
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»Auf der einen Seite sollten wir unsere Unterstützung für die Ukraine verstärken« , sagte Mogherini in dem Zeitungsinterview, »auf der anderen Seite sollten wir ein direktes Gespräch mit Moskau über unsere Beziehungen beginnen.«
Federica Mogherini, die die EU in außen- und sicherheitspolitischen Belangen vertritt, hat in einem Interview mit der italienischen Zeitung La Repubblica den Ukraine-Konflikt als einen von drei identifiziert, die Europa am meisten Sorge bereiten. Sie fordert einen direkten Dialog mit Moskau.

Die westlichen Mächte, so Mogherini, wollten ihre konfrontative Vorgehensweise in dem Konflikt beenden. Gleichzeitig bestritt die Politikerin jedoch, dass die EU mit Blick auf die Krise eine andere Position einnehme als die USA.
»Auf der einen Seite sollten wir unsere Unterstützung für die Ukraine verstärken«, sagte Mogherini in dem Zeitungsinterview, »auf der anderen Seite sollten wir ein direktes Gespräch mit Moskau über unsere Beziehungen beginnen.«

Kommentar: Die "Unterstützung" der Ukraine nach dem durch USA/NATO organisierten Putsch im Februar 2014 bestand bisher darin, Waffen und Militärausrüstung heimlich in die Ukraine zu schleusen, finanzielle "Hilfe" zur Unterstützung der ukrainischen Patrioten neo-nazistischen Brigaden zu schicken und die eigenen Leute an die Schlüsselpositionen der ukrainischen Regierung zu platzieren. Moskau rief zum Dialog mit EU/Ukraine von Anfang an auf und ... wurde meistens ignoriert.


Die Situation sei für Russland »sehr schwierig« geworden. Dass die EU eine weiche Position habe, sei nicht wahr, die jüngsten Zahlen belegten, dass der Handel zwischen Russland und Europa zurückgehe, während der Warenaustausch zwischen Russland und den USA wachse.

Ebenfalls kritisch hat sich jetzt Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer geäußert. Er warnte in einem Interview mit dem Wirtschaftsblatt vor weiteren Russland-Sanktionen, die er als »unklug und schädlich« bezeichnete. Fischer im Original-Ton laut seiner Webseite:
»Die Meinung, man könne und solle die Sanktionen so lange verschärfen, bis Russland so geschwächt ist, dass man alle politischen Ziele durchsetzen kann, halte ich für falsch und obendrein für schädlich. Denn eine schwere Krise in Russland oder ein wirtschaftlicher Kollaps würden insgesamt mehr Probleme schaffen, als dadurch gelöst werden können. Die Türen zwischen Europa und Russland müssen offen bleiben. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet.«
Die EU, so Fischer, habe die Attraktivität des Freihandelsabkommens, das die Ukraine zur Wahl zwischen Europa und Russland gezwungen habe, überschätzt. Auch in Deutschland kam vor wenigen Tagen eine Diskussion über den Sinn der Sanktionen gegen Russland in Gang. Kritische Stimmen waren aus der SPD und aus der Wirtschaft zu hören.

Zuerst Außenminister Steinmeier, dann Vizekanzler Gabriel warnten vor einer Verschärfung der Konfrontation mit Russland durch weitere Sanktionen. Gabriel bezeichnete Forderungen nach einer Verschärfung der Sanktionen als »falsch«. Laut Gabriel darf es nicht darum gehen, »Russland auf die Knie zu zwingen«.

Steinmeier lehnte in einem Spiegel-Interview ein »weiteres Drehen an der Sanktionsschraube« ab und bezweifelte, dass es im Interesse Deutschlands sei, wenn die politische Lage in Russland »völlig außer Kontrolle« gerät.

Deutliche Worte hatte auch der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann gefunden. Er sehe angesichts der Probleme in Russland »überhaupt keinen Grund zum Jubel« und wisse nicht, »warum wir uns freuen sollten, wenn die russische Wirtschaft zusammenbricht«.

Schon Mitte Dezember hatte Frankreichs Präsident Hollande laut über eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland nachgedacht. Er war der erste Staats- bzw. Regierungschef in der EU, der sich so äußerte. Auf dem Weg zum EU-Gipfel in Brüssel sagte Hollande: »Wenn Russland die verlangten Signale sendet, gibt es keinen Grund für neue Sanktionen, im Gegenteil, die EU könnte über eine De-Eskalation nachdenken.«