Kommentar: Heutzutage kann es ganz schnell gehen. Es kann innerhalb von nur wenigen Monaten passieren, dass man von guten Lebensumständen in Hartz 4 rutscht oder gar in die Obdachlosigkeit. Man wird von seinem Arbeitgeber gekündigt, findet dann in der Arbeitslosenzeit keine Arbeit, weil man zu alt ist, zu teuer, zu spezialisiert, Arbeitsplätze wie der eigene ins Ausland verlagert werden, oder man die Kenntnisse nicht hat, welche augenblicklich nachgefragt werden. Nach ein paar Monaten wird man als Langzeitarbeitsloser abgeurteilt und hat noch weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt. In einer solchen Situation brauchen nur noch psychische Probleme dazuzukommen oder Probleme mit der Familie oder ein Darlehen ist abzubezahlen. Da können einem die Probleme sehr schnell über den Kopf wachsen.

Es kann auch passieren, dass man zwar ein Leben lang gearbeitet hat aber die eigene Rente doch hinten und vorne nicht zum Leben reicht.

Oder man ist Alleinerziehend und wird vom ehemaligen Partner nicht unterstützt.

Jeder von ins kann in eine Situation kommen, in der man Hilfen wie einen Wohlfühlmorgen in Anspruch nehmen muss. Jeder von uns sollte dankbar sein, dass es Mitmenschen gibt, die den Ärmsten der Armen unter die Arme greifen.


Ein frischer Haarschnitt, Frühstück, Mittagessen und sogar eine Massage - darüber freuen sich rund 200 Hilfsbedürftige am Sonnabend beim dritten Bremer Wohlfühlmorgen für Obdachlose.

Wohlfühlmorgen Bremen
© dpa
Lange Schlangen vor den Klassenräumen der St.-Johannis-Schule im Schnoor. Die einen warten auf einen neuen Haarschnitt, andere wollen sich oder ihr Haustier ärztlich durchchecken lassen oder bei einer Shiatsu Massage entspannen. All das sind Dinge, die sich die Wartenden sonst nicht leisten können, denn sie sind hilfsbedürftig und haben teilweise nicht einmal ein Dach über dem Kopf.

Die kostenlosen Angebote sind Teil des Bremer Wohlfühlmorgens für Obdachlose, den ein Aktionsbündnis aus Malteser Hilfsdienst, dem Caritasverband Bremen, der St.-Johannis-Schule und dem Atlantic Grand Hotel in diesem Jahr bereits zum dritten Mal veranstaltet.


Kommentar:
Gesundheitsgefährdende Lebensumstände

Laut Schätzungen haben rund 300.000 Menschen keine eigene Wohnung in Deutschland, etwa 25.000 leben auf der Straße. Von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe wird ein weiterer Anstieg der Wohnungslosenzahlen auf 380.000 Menschen bis zum Jahr 2016 prognostiziert. Besonders dramatisch ist, dass sich gerade die Menschen, die auf der Straße leben und damit unter enorm gesundheitsgefährdenden Bedingungen, in der Regel keinen Arztbesuch und medizinische Hilfe leisten können. (ad)

Rund 200 Hilfsbedürftige kamen zu dem Termin, um es sich einmal richtig gut gehen zu lassen. So auch Ursel Loewe. Die 69-jährige Seniorin lebt von einer sehr kleinen Rente, die oftmals nicht ausreiche. „Ich bin so froh, dass es Veranstaltungen wie diese gibt“, sagt sie. Frisch frisiert und gestärkt mit einem ausgiebigen Frühstück, nutzte die Rentnerin auch noch die Chance, im Zahnarztmobil der Caritas ihre Zahnprothese checken zu lassen. „Das sieht alles super aus“, stellt Zahnärztin Dorothea Winkler nach einem kurzen Blick fachmännisch fest. Ein paar Tipps zur richtigen Pflege der Zähne und Loewe kann beruhigt nach Hause gehen. „Viele Wohnungslose haben Zahnschmerzen, trauen sich aber nicht zum Arzt, da sie nicht versichert sind“, so Winkler. „Dass ich hier die Möglichkeit habe, den Menschen trotzdem zu helfen, macht mich sehr froh.“

Knapp 60 Helfer unterstützen den Wohlfühlmorgen mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Darunter 30 Schüler der St.-Johannis-Schule, die den Gästen das Frühstück an die Tische bringen oder Wartenummern an den Stationen verteilen, damit auch alles gerecht zugeht und jeder drankommt. „Ich habe schon im vergangenen Jahr mitgeholfen“, erzählt die 14-jährige Elisabeth Eller. „Mir macht das großen Spaß, und Berührungsängste hatte ich nie. Obdachlose sind schließlich auch ganz normale und nette Menschen.“

Die pensionierte Chirurgin Gabriele Steinbach ist für die meisten Wohnungslosen keine Unbekannte. Seit rund vier Jahren ist sie einmal wöchentlich auf der Straße unterwegs, um zu gucken, wo sie helfen kann. Am Sonnabend nahm sie zum zweiten Mal am Wohlfühlmorgen teil. „Blutdruckmessen, Abhorchen oder Verbände machen, dass sind die häufigsten Anliegen“, erzählt sie. „Manchmal hilft es aber schon, Fragen zu beantworten und ein paar Gesundheitstipps zu geben.“

Die private Shiatsu-Praktikerin Brigitte Woiczik und ihre Kolleginnen sind in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. „Es ist schön zu sehen, wie glücklich und dankbar alle nach der Massage sind“, sagt sie.

Neben den zahlreichen Angeboten, genießen viele der Gäste auch einfach nur das gemütliche Beisammensein. „Ich bin vor allem hier, weil man viele alte Bekannte trifft, mit denen man beim frühstücken reden kann“, sagt Bodo Trittin und fügt mit einem Lachen hinzu. „Die Haare schneide ich mir aber erst kürzer, wenn es draußen wieder wärmer wird.“