Schon wieder ein vereitelter Terroranschlag. Gewehrteile, Munition, eine Übungsgranate und eine Rohrbombe fanden Ermittler vergangene Woche im hessischen Oberursel. Vom "Terror in Oberusel" berichteten Medien weltweit. Wieder nur knapp an der Katastrophe vorbei. Muslime. Islamisten mitten unter uns.
terror nußdorf
Viele andere "Terror"-Fälle aus Deutschland schafften es in den letzten Monaten hingegen nicht auf die Titelseiten. Dabei fanden Ermittler teils weitaus größere Mengen an Waffen und Sprengstoff, wurden Anschläge sogar schon ausgeführt. Nur Muslime fanden sie nicht.

"Jugendgang bei Anschlagsvorbereitung gestoppt"

Diese Schlagzeile gab es nicht, als Polizisten im März 2014 in einem Bochumer Waldstück eine 20 Zentimeter lange Rohrbombe entdeckten. Zuvor hatten Passanten eine Explosion gehört und Rauch aus dem Wald aufsteigen sehen. "Das waren vermutlich ereignisorientierte Jugendliche, die etwas ausprobieren wollten", erklärte Polizeisprecher Marco Bischoff den Fall stattdessen.

Muslimische ereignisorientierte Jugendliche waren es offenbar nicht, denn der Fall tauchte später nicht mehr in der Presse auf.

"Panikrocker sorgt für Panik am Flughafen"

Zu welchem Gott Udo Lindenberg betet, ist zumindest mir nicht bekannt. Und auch nicht, dass der Sänger vorhatte, ein Flugzeug zu entführen. Den passenden Vorfall, ihm dies zu unterstellen, gäbe es allerdings: Schließlich entdeckten Sicherheitsbeamte des Hamburger Flughafens im November 2014 einen scharfen Revolver im Gepäck des Sängers.

Ein SEK-Einsatz, Sperrung des Flughafens und die Panik blieb aus. Es blieb bei einer Vorladung zur Kripo.

"Neues Solingen? Feiger Anschlag auf Mehrfamilienhaus"

Auch diese Überschrift gab es nicht, als in Halberstadt Unbekannte im April 2014 einen Sprengsatz in einem Mehrfamilienhaus zündeten und mehrere Türen und Fenster zerstörten. Obwohl vor dem Haus ein weiterer nicht explodierter Sprengsatz gefunden wurde, wollte die Polizei damals nicht von einem Anschlag sprechen.

Ob das etwas damit zu tun hat, dass in der Stadt in Sachsen-Anhalt mehr Nazis als Migranten leben, ging aus den wenigen Presseberichten nicht hervor.

"Rechtsterrorist sitzt im Gemeinderat"

Das tut er zwar tatsächlich, die Überschrift gab es dennoch nicht. Waffen und Munition wurden im Februar dieses Jahres auf einem Schrottplatz in Mecklenburg-Vorpommern gefunden. In dem kleinen Ort Löcknitz sicherte die Polizei ein Karabiner-Gewehr sowie Übungshandgranaten und Übungsmunition.

Außerdem wurden 33 NPD-Schulhof-CDs auf dem Gelände gefunden, auf dem die Polizei bereits einmal ein Rechtsrock-Konzert aufgelöst hatte. Der Inhaber Frank Dreblow sitzt für die NPD in der Gemeindevertretung.

Trotzdem "ist allerdings noch völlig offen" ob dieser etwas mit den Waffen zu tun hat, berichteten Lokalmedien damals. Ob es genauso offen wäre, wenn der Schrottplatzbesitzer Konkakte zu Islamisten statt zur NPD gehabt hätte?

"Gigantischer Waffenschieberring ausgehoben"

Auch diesen gigantischen Waffenschieberring gab es tatsächlich. Auf die Titelseiten schaffte er es allerdings nicht: 130 Gewehre, (Maschinen-)Pistolen, Revolver und 20.000 Schuss Munition fanden Ermittler im Januar 2014 in Mainz und Wiesbaden.

Über die sechs mutmaßlichen Waffenhändler wurde lediglich bekannt, dass es sich um Hessen im Alter zwischen 36 und 80 Jahre handelt. Ernste Konsequenzen scheinen sie nicht befürchten zu müssen: Die Polizei prüft, ob ein Teil der Waffen wieder an sie zurückgeben werden müssen, schließlich hätten sie nur 92 der 130 Waffen illegal besessen.

Ob sie das auch prüfen würde, wenn die sechs einen Migrationshintergrund hätten?

"Rentner-Terror über Nußdorf"

Eine ganze Terroranschläge hätten aus Nußdorf ausgehen können, die Überschrift gab es dennoch nie. 3,5 Tonnen TNT fand ein Gartenbesitzer im oberbayerischen Nußdorf im September 2014 unter seinem Rasen. Die Polizei verhaftete daraufhin den 75-jährigen Nachbarn. Der Sprengstoff wird heute fast ausschließlich im Militär genutzt und dient zur Herstellung von Granaten, Bomben und Minen.

Glück für den Mann: Er scheint deutscher Christ oder Atheist gewesen zu sein, auf die Titelseite der BILD musste er nicht.

"Wollte er das Land in den Bürgerkrieg stürzen?"

Vielleicht. Spekuliert wurde allerdings nicht darüber. Dabei hätte das, was Zollfahnder im Februar 2014 in einem Keller in Rheinland-Pfalz fanden, wohl für einen kleinen Kieg ausgereicht: 200 Kilogramm Artillerie- und Flugabwehrgranaten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg fanden die Ermittler.

Zudem dutzende Gewehre und anderes Waffenzubehör. Der 51-jährige nicht-muslimische Besitzer kam sicherheitshalber erst einmal auf freien Fuß.

"Neonazi hätte NSU in den Schatten gestellt"

Zumindest das Material dazu hätte er gehabt, doch auf die Titelseiten schaffte es auch dieser Fall nicht. Im April 2014 wurde einem Mann vor dem Hamburger Landgericht der Prozess gemacht, bei dem man 3,4 Tonnen (!) Sprengstoffe und Waffen gefunden hatte.

Gericht und Medien gaben sich offenbar mit der Erklärung zufrieden, dass der Mann - dessen Konfessionszugehörigkeit nicht bekannt ist - den Sprengstoff als illegale Silvesterböller verkaufen wollte. Wie dazu der Fund einer Handgranate, mehrerer Pistolen, eines Revolvers, einer Pumpgun und tausender Schuss Munition passt, geht aus den wenigen Presseberichten nicht hervor.

Auch eine politische Motivation wurde - obwohl der Mann gern bei dem Nazi-Label Thor Steinar einkaufen ging - nicht diskutiert.