Die prägenden Ereignisse unserer Zeit sind der Zusammenbruch der Sowjetunion, 9/11, die Auslagerung von Arbeitsplätzen und die finanzielle Deregulierung. Diese Ereignisse bilden die Grundlage unserer außenpolitischen Probleme und unserer wirtschaftlichen Probleme.


Kommentar: Dr. Łobaczewski erklärt in seinem Buch Politische Ponerologie ausführlich, wie Psychopathen ein System kreieren, das gegen normale Menschen gerichtet ist. Diese andere Spezies betrachtet unsere Gefühle der Empathie und der Gerechtigkeit und des Gewissens, die sie selber nicht besitzen, als etwas höchst Seltsames, das bekämpft und ausgerottet werden muss:
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© SOTTPolitische Ponerologie: Eine Wissenschaft über das Wesen des Bösen und ihre Anwendung für politische Zwecke

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Die Vereinigten Staaten hatten seit jeher eine hohe Meinung von sich, aber mit dem Kollaps der Sowjets erreichte die Selbstzufriedenheit ungeahnte Höhen. Wir wurden das außergewöhnliche Volk, das unentbehrliche Volk, die Nation, die von der Geschichte auserkoren wurde, als Hegemon über die Welt zu herrschen. Diese neokonservative Doktrin entbindet die US-Regierung von der Verpflichtung, sich an Völkerrecht zu halten, und erlaubt es Washington, souveräne Staaten unter Druck zu setzen, während man die Welt nach seinem Ebenbild neu formt.


Nach dem Kollaps der Sowjets fiel Washington ein einzigartiger Status als einzige Weltmacht zu. Um diesen Status zu schützen, verfasste Paul Wolfowitz 1992 die sogenannte Wolfowitz-Doktrin. Sie ist die Grundlage für Washingtons Außenpolitik und besagt:
»Unser erstes Ziel ist es, das Erstarken eines neuen Rivalen zu verhindern − sei es auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder andernorts −, der eine Bedrohung in der Größenordnung darstellt, wie es die ehemalige Sowjetunion war. Diese zentrale Überlegung liegt der neuen regionalen Verteidigungsstrategie zugrunde und erfordert es, dass wir jede feindselige Macht daran hindern, eine Region zu dominieren, deren Ressourcen unter konsolidierter Kontrolle für globale Macht ausreichen würden.«
Im März dieses Jahres dehnte das Council on Foreign Relations die Doktrin auf China aus. Washington ist nun entschlossen, den Aufstieg von zwei großen Atommächten zu verhindern. Diese Entschlossenheit ist der Grund für die Krise, die Washington in der Ukraine herbeigeführt hat und die ihr dazu dient, antirussische Propaganda zu betreiben. China muss sich nun mit Amerikas »Hinwendung zu Asien« auseinandersetzen und mit dem Bau neuer Marine- und Luftwaffenstützpunkte, durch die Washington seine Kontrolle über das Südchinesische Meer absichern will - eine Region, die mittlerweile als von nationalem Interesse für Amerika bezeichnet wird.

9/11 diente dazu, den Krieg der Neokonservativen um Hegemonie im Nahen Osten zu beginnen. Gleichzeitig dienten die Anschläge dazu, das eigene Land in einen Polizeistaat zu verwandeln. Innenpolitisch werden die Bürgerrechte beschnitten, gleichzeitig befanden sich die USA praktisch das gesamte bisherige 21. Jahrhundert außenpolitisch im Krieg - diese Feldzüge haben uns nach Berechnungen von Joseph Stiglitz und Linda Bilmes mindestens 6000 Milliarden Dollar gekostet.

Diese Kriege sind sehr schlecht verlaufen. Sie haben in einer für die Energieproduktion wichtigen Region Regierungen destabilisiert. Darüber hinaus haben diese Kriege die Zahl der »Terroristen« immens vervielfacht, dabei lautete doch der offizielle Grund für die Kriege, die Terrorismusgefahr einzudämmen.


So wie der Kollaps der Sowjetunion die amerikanische Hegemonie anstieß, so führte er auch zu einer stärkeren Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Der Zusammenbruch der Sowjetunion bewegte China und Indien dazu, ihre gewaltigen und zu wenig genutzten Arbeitsmärkte amerikanischem Kapital zu öffnen. US-Unternehmen verlegten Arbeitsplätze in der Herstellung, der Industrie und handelbaren professionellen Dienstleistungen, etwa der Softwareentwicklung, ins Ausland. Wer zögerte, den bedrängten große Einzelhändler und dem drohte die Wall Street an, feindliche Übernahmen zu finanzieren.

Das hatte zur Folge, dass die amerikanische Mittelschicht schrumpfte und Leitern der Aufstiegsmobilität wegfielen. Amerikanisches BIP und amerikanische Steuereinnahmen wanderten zusammen mit den Arbeitsplätzen nach China und Indien ab. Das mittlere reale Haushaltseinkommen amerikanischer Familien hörte erst zu wachsen auf, dann schrumpfte es. Die Einkommen fielen und fehlten somit als Konjunkturmotor, deshalb verlagerte sich Alan Greenspan auf eine Ausweitung der Verbraucherkredite, aber diese Methode zieht nicht mehr. Momentan gibt es nichts, was die Konjunktur vorantreibt.

Was die ausgelagerten Arbeitsplätze an Waren und Dienstleistungen produzieren, gelangt als Import zurück in die USA und verschlechtert damit die Handelsbilanz. Ausländer nutzen ihre Handelsüberschüsse dafür, amerikanische Anleihen, Wertpapiere, Unternehmen und Immobilien zu erstehen. Das hat zur Folge, dass Zinsen, Dividenden, Kapitalgewinne und Pachteinnahmen weg von Amerikanern zu Ausländern umgeleitet werden. Dadurch verschlechtert sich die Leistungsbilanz.

Um angesichts von großen Leistungsbilanzdefiziten und der Geldschöpfung zur Stützung der »Too big to fail«-Banken den Wechselkurs des Dollars zu schützen, ließ Washington die Zentralbanken in Japan und Europa Geld in rauen Mengen drucken. Dass gleichzeitig Yen und Euro gedrucktwerden, gleicht das Drucken von Dollar aus und kommt somit dem Wechselkurs des Dollars zugute.

In der zweiten Regierungszeit Clintons wurde der Glass-Steagal-Act, der die Handelsbanken von den Investmentbanken getrennt hatte, endgültig aufgehoben, aber das Gesetz war bereits zuvor zahnlos gemacht worden. Das Gesetz wurde aufgehoben, der außerbörsliche Handel mit Derivaten wurde nicht reguliert, Positionslimits für Spekulanten wurden aufgehoben und die Nichtanwendung von Kartellgesetzen löste eine gewaltige Anhäufung von Macht in der Finanzbranche aus. All dies führte keineswegs zu einer himmlischen freien Marktwirtschaft, sondern in eine schwere und anhaltende Finanzkrise. Die großen Mengen an Liquidität, die im Zuge dieser Krise erschaffen wurden, haben auf dem Aktienmarkt und dem Anleihenmarkt zu Blasen geführt.

Implikationen, Konsequenzen, Lösungen

Als Russland die Regierung Obama an dem geplanten Einmarsch in Syrien und der beabsichtigten Bombardierung Syriens hinderte, wurde den Neokonservativen plötzlich etwas klar: Während sie zehn Jahre lang mit ihren Kriegen in Nahost und Afrika beschäftigt waren, hatte Putin Russlands Wirtschaft und Militär zu neuer Blüte geführt.

Damit war das erste Ziel der Wolfowitz-Doktrin verletzt, nämlich zu verhindern, dass ein neuer Rivale auftaucht. Auf einmal war da Russland und sagte »Nein« zu den USA. Das britische Parlament schloss sich an und stimmte dagegen, dass bei einem Einmarsch der USA in Syrien auch britische Truppen zum Einsatz kommen. Der Status als einzige Weltmacht wackelte.

Die Aufmerksamkeit der Neokonservativen wandte sich daraufhin ab vom Nahen Osten und hin zu Russland. In den vorangegangenen zehn Jahren hatten die USA fünf Milliarden Dollar dafür in die Hand genommen, in der Ukraine aufstrebende Politiker und Nichtregierungsorganisationen zu finanzieren, die man für Demonstrationen auf die Straße schicken konnte.

Als der ukrainische Präsident eine Kosten-Nutzen-Analyse für das geplante Assoziationsabkommen seines Landes mit der EU erstellen ließ, war das Ergebnis: Es lohnt sich nicht. Also lehnte er den Vertrag ab. Daraufhin schickte Washington die NGOs auf die Straße. Die Neonazis brachten noch Gewalt mit und die nicht auf Gewaltakte eingestellte Regierung brach in sich zusammen. Victoria Nuland und Geoffrey Pyatt wählten die neue ukrainische Regierung aus und installierten in der Ukraine eine Vasallenregierung.

Washington hatte gehofft, den Staatsstreich dafür nutzen zu können, Russland aus seinem Marinestützpunkt am Schwarzen Meer zu vertreiben, dem einzigen Warmwasserhafen Russlands. Doch die Krim, die jahrhundertelang ein Teil Russlands gewesen war, stimmte für eine Rückkehr zu Russland. Washington reagierte frustriert, überwand aber seine Enttäuschung und stellte die Selbstbestimmung der Krim als russische Invasion und Besetzung hin. Mit dieser Propaganda kappte Washington Europas wirtschaftliche und politische Verbindungen zu Russland. Europa wurde gedrängt, Russland mit Sanktionen zu belegen.

Diese Sanktionen hatten negative Folgen für Europa. Zusätzlich bereitet den Europäern Washingtons zunehmende Kriegslust Sorgen. Von einem Konflikt mit Russland hat Europa nichts zu gewinnen, vielmehr fürchtet man, mit hinein in den Krieg gezogen zu werden. Hinweise sprechen dafür, dass einige europäische Regierungen darüber nachdenken, eine von Washington unabhängige Außenpolitik zu verfolgen.

Die bösartige antirussische Propaganda und die Verteufelung Putins haben dazu geführt, dass der Westen das Vertrauen in Russland verloren hat. Der NATO-Oberkommandierende Breedlove fordert mehr Geld, mehr Truppen, mehr Stützpunkte entlang der russischen Grenze. Die Lage ist brisant. In einer direkt an die Adresse Moskaus gerichteten militärischen Herausforderung versucht Washington, die beiden ehemaligen russischen Provinzen Ukraine und Georgien in die NATO zu integrieren.

In wirtschaftlicher Hinsicht stellt es für die gesamte Welt ein Problem dar, dass der US-Dollar als Leitwährung fungiert. Sanktionen und andere Ausprägungen des amerikanischen Finanzimperialismus verleiten Nationen, und zwar auch sehr große, dazu, das System der Rechnungsbegleichung in Dollar zu verlassen. Mehr und mehr ausländischer Handel erfolgt ohne Beteiligung des US-Dollar, was die Nachfrage nach dem Dollar fallen lässt. Doch als Ergebnis der Quantitativen Lockerung wurde das Angebot deutlich erweitert. Wegen der ins Ausland verlagerten Fertigung und der Abhängigkeit Amerikas von Importen würde ein Wertverlust des Dollars im Land eine Inflation auslösen, den Lebensstandard der Amerikaner weiter drücken und die manipulierten Märkte für Aktien, Anleihen und Edelmetalle gefährden.

Der wahre Grund für die Politik der Quantitativen Lockerung ist der, dass die Bankbilanzen gestützt werden sollen. Offiziell dagegen heißt es, die Wirtschaft solle stimuliert werden und die Erholung der Konjunktur am Laufen gehalten werden. Das einzige Indiz einer Erholung ist das reale BIP, aber auch diese Kennzahl wird nur deshalb als positiv ausgewiesen, weil der Deflationierungsfaktor zu niedrig angesetzt ist.

Die Beweislage spricht deutlich dafür, dass sich die Wirtschaft nicht erholt hat. Im ersten Quartal fiel das BIP negativ aus, im zweiten wird das Ergebnis voraussichtlich ähnlich sein. Die zweite Etappe des langen Abschwungs könnte somit im Sommer beginnen.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich die aktuell mit 23 Prozent sehr hohe Arbeitslosigkeit von früheren Phasen hoher Arbeitslosigkeit unterscheidet. Im 20. Jahrhundert reagierte die Federal Reserve in der Nachkriegszeit auf Inflation, indem sie die Wirtschaft abkühlte. Dadurch gingen die Umsätze zurück, die Lagerbestände schwollen an, es kam zu Entlassungen. Mit steigender Arbeitslosigkeit änderte die Fed den Kurs und mehr und mehr Arbeitnehmer fanden wieder eine Anstellung. Doch heute gibt es diese Arbeitsplätze nicht mehr: Sie wurden ins Ausland verlagert. Die Fabriken sind weg. Es gibt keine Arbeitsplätze mehr, an die man Arbeitnehmer zurückrufen könnte.

Damit sich die Wirtschaft erholt, muss der Offshoring-Trend umgekehrt werden, die Arbeitsplätze müssen zurück in die USA geholt werden. Erreicht werden könnte das, indem man die Besteuerung der Firmen ändert. Der Steuersatz für Unternehmensgewinne könnte davon abhängig gemacht werden, an welchem geographischen Punkt ein Unternehmen Mehrwert auf die in den USA vermarkteten Produkte hinzufügt. Werden die Waren und Dienstleistungen im Ausland produziert, wäre der Steuersatz hoch. Werden die Waren und Dienstleistungen im Inland produziert, wäre der Steuersatz gering. Die Steuersätze könnten so angepasst werden, dass sie die geringeren Kosten der Auslandsproduktion wettmachen.

Angesichts der Lobbymacht transnationaler Unternehmen und der Wall Street ist eine derartige Reform unwahrscheinlich. Insofern komme ich zu der Schlussfolgerung, dass sich die US-Wirtschaft weiter rückläufig entwickeln wird.

Der Größenwahn und die Arroganz, mit der sich Amerika für »außergewöhnlich und unverzichtbar« hält und in Anspruch nimmt, Hegemon anderer Länder zu sein, bedeuten auf außenpolitischer Ebene, dass sich die Welt für einen Krieg wappnet. Weder Russland noch China werden einen Vasallenstatus akzeptieren, wie ihn Großbritannien, Deutschland, Frankreich und der Rest Europas sowie Kanada, Japan und Australien hingenommen haben. Die Wolfowitz-Doktrin macht deutlich, welcher Preis für Weltfrieden zu bezahlen ist: Die Welt hat Washingtons Vorherrschaft zu akzeptieren.

Sofern also nicht der Dollar und mit ihm die Macht der USA kollabieren oder Europa den Mut aufbringt, den Bruch mit Washington zu vollziehen, eine eigene Außenpolitik zu betreiben und sich von der NATO zu verabschieden, wird unsere Zukunft vermutlich einen Atomkrieg bereithalten.

Mit seiner Aggression und seiner eklatanten Propaganda hat Washington Russland und China zu der Einschätzung bewegt, dass die USA auf Krieg aus sind. Diese Erkenntnis hat die beiden Länder in ein strategisches Bündnis getrieben. Russlands Feierlichkeiten am 9. Mai, als des Siegs über Hitler gedacht wurde, waren ein historischer Wendepunkt. Der Westen hat die Feier boykottiert, stattdessen waren die Chinesen anwesend. Erstmals marschierten chinesische Soldaten in der Parade gemeinsam mit russischen Soldaten und Chinas Präsident saß neben dem russischen Präsidenten.

Der Bericht von The Saker über die Feiern in Moskau ist sehr interessant. Das gilt insbesondere für die Tabelle, in der aufgeführt ist, wie viele Opfer der Zweite Weltkrieg gefordert hat. Ein Vergleich von Russlands Verlusten mit den kombinierten Verlusten von USA, Großbritannien und Frankreich machen ganz deutlich, dass es Russland war, das Hitler besiegt hat. Im Orwell’schen Westen fehlt in den jüngsten Revisionen der Geschichtsschreibung der Aspekt, dass die Rote Armee die Wehrmacht zerstört hat. Passend dazu spricht Obama zum 70. Jahrestag der Kapitulation Deutschlands nur von amerikanischen Streitkräften. Putin dagegen brachte auch »gegenüber den Völkern von Großbritannien, Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika« Dankbarkeit zum Ausdruck dafür, »wie sie zu dem Sieg beigetragen haben«.

Seit Jahren erklärt der russische Präsident öffentlich, dass der Westen Russland nicht zuhört. Washington und seine europäischen Vasallenstaaten plus Kanada, Australien und Japan hören nicht, wenn Russland erklärt: »Bedrängt uns nicht so sehr, wir sind nicht euer Feind. Wir wollen euer Partner sein.«

Die Jahre verstrichen und Washington hat nicht zugehört. Russland und China ist endlich klar geworden, welche Wahl sie haben: Vasallentum oder Krieg. Würde es irgendwelche intelligenten und qualifizierten Leute im Nationalen Sicherheitsrat, im US-Außenministerium oder im Pentagon geben, wäre Washington gewarnt worden, wohin die Neocon-Politik mit ihrem Säen von Zwietracht führt. Doch in der Regierung haust einzig der Größenwahn der Neocons, weshalb Washington den Fehler beging, der für die Menschheit fatale Fehler haben könnte.